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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Wildnis wird durch Vor- und Umsicht bestimmt).<br />

Die Medien der göttlichen Erscheinung fungieren als Indikatoren von Heil und Unheil, von<br />

Segen und Gefahr, ebenso wie als Schnittstellen zwischen dem Diesseits und dem Jenseits,<br />

weshalb der richtige Umgang des Menschen mit ihnen von seinserhaltender Bedeutung ist. Die<br />

bevorzugte Wahl der Ata der Atua aus der Tierwelt wird also begründet aus den Sphären des<br />

Seins, zu denen der Mensch im Verhältnis von Vertrautheit (domestizierte Sphäre) oder<br />

Überraschung (Wildnis) steht (Projektion der situativen Gefühle: Sicherheit durch Kontrolle<br />

und Unsicherheit oder Furcht angesichts von Unwägbarkeiten). Die Vor- und Umsicht in der<br />

Wildnis, entspricht der Einstellung der Achtung und Umsicht im Kultus, der gesteigerten<br />

Konzentration und Aufmerksamkeit, die erforderlich ist für die Begegnung mit den Göttlichen<br />

wie mit dem Wild, weshalb die Göttlichen sich den Polynesiern bevorzugt in der Wildnis<br />

(Wildtier) offenbaren. Positiver und negativer <strong>Totemismus</strong> reflektieren eine Differenz des<br />

Profanen und des Heiligen in den Gegensätzen: domestiziert- wild, respektive: innen- außen<br />

und eigen- fremd. Außerdem rekurriert Firth hier auf eine der drei Hypothesen von Frazer,<br />

nämlich seiner Erklärung des <strong>Totemismus</strong> aus der rituellen Arbeitsteilung, wie sie in den australischen<br />

Vermehrungsriten zum Ausdruck kommt und weist damit dann doch auf eine soziale<br />

Relation hin, welche speziell durch den Totemimus reflektiert wird, nämlich das Verhältnis der<br />

einzelnen, rituell differenzierten Gruppen in der größeren Einheit organischer Solidarität, das<br />

durch deren Arbeitsteilung begründet wird. Diese Dimension wird eben in jenen Kategorien<br />

reflektiert, welche auch Firth totemistisch nennt.<br />

Die Ata der Atua von Tikopia:<br />

Clans Kafika Tafua Taumako Fangarere<br />

Pflanzen Ufi (Yam) Niu (Kokosnuß) Kape (Taro) Mei (Brotfrucht)<br />

Vögel<br />

Säugetiere<br />

Keo (Reiher)<br />

Peka (Federmaus)<br />

Motuku (Reiher)<br />

Reptilien<br />

Fische<br />

Akiaki (Seelschlange)<br />

Tavaka (Bosun-Vogel)<br />

Kareva (Kuckuck)<br />

Sikotara (Kingfisher)<br />

Moko (Eidechse)<br />

Moko toro (Krokodil)<br />

Karamisi<br />

(rote Landkrabbe)<br />

Unga (Einsiedlerkrebs)<br />

Tai (Rochen)<br />

Riringo (Rochen)<br />

Feke (Tintenfisch)<br />

Toki (Venusmuschel<br />

Kiau (Aal)<br />

Sakusakurere (Aal)<br />

Tukutuku (Fisch)<br />

Panoko (Fisch)<br />

Unga (Einsiedlerkrebs)<br />

Marunga (Delphinart)<br />

Feke (Tintenfisch)<br />

Toki (Venusmuschel)<br />

Taringa (Meeresaal)<br />

Tuna (Aal)<br />

Farafara (Aal)<br />

nach R.Firth, Totemism in Polynesia, Oceania, I,4, 1931, S.384-6<br />

Rupe (Taube)<br />

Karae (Sumpfhuhn)<br />

Sivi (Sittich)<br />

Tukua (Schwertfisch)<br />

Rafua (Aal)<br />

Ono (Brackfisch)<br />

Ngatinia (gestreifter<br />

Aaal)<br />

Safuti (Aal)<br />

Die bevorzugte Epiphanie der Gottheit in einem Exemplar einer bestimmten Art oder Gattung<br />

stellt nicht nur eine Relation zwischen zwei Individuen (dem göttlichen und dem tierlichen) dar,<br />

sondern auch ein dauerhaftes Verhältnis der Gottheit zu einer bestimmten Spezies, aus der sie<br />

ihr Medium auswählt, und dieses Verhältnis zur Spezies begründet schließlich auch das Erb-<br />

Verhältnis der Gruppe zu dieser Spezies, die damit ihre tabubesetze Spezies ist. Die Assoziation<br />

zwischen der Gruppe und der Spezies wird institutionalisiert durch die unilineare Vererbung<br />

der Korrelation und Tabus, welche die Sozialisierung der Spezies und die Sozialisation<br />

des Verhältnisses zu ihr festschreibt. Die einzelnen Gruppen lassen sich also ohne Schwierigkeit<br />

nach den von ihnen bevorzugten Medien der Begegnung mit dem Übersinnlichen<br />

unterscheiden, während die anderen Gruppen an den Vorzügen und Offenbarungen dieser<br />

exklusiven Beziehungen zum Übersinnlichen auf dem Wege der Zwischenheirat partizipieren.<br />

Dieser Tatsache sozialer Differenzierung und Integration gegenüber erweist sich die Form ihrer<br />

religiösen Begründung und Vermittlung auf den ersten Blick als vorrangig, nämlich als ihr<br />

weltanschaulicher Grund. Durch die Form der Assoziation (Manifestation der Gottheit in der<br />

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