Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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Urmenschen der Kabirenmythe werden dagegen als Zwerge dargestellt, die gegen die Kraniche<br />
kämpfen, wie auch Homer es berichtet, aber auch als Schlangen, Frösche oder Fische, die<br />
außerdem auch noch als urmännliche Wesen aufgefaßt werden.<br />
Wir finden hier im alten Griechenland also jene duale Unterscheidung wieder, die Rivers aus<br />
Melanesien berichtet hat, nämlich zwischen vogelartigen und aquatischen Tieren, welche auf<br />
den Shortlands als tua und als tete die Hälftentotems zusammenfaßt und gegenüberstellt.<br />
Eumolpiden<br />
Hälfte I<br />
Sterbliche<br />
ihr Gefolge, Kinder, ihre Geliebten<br />
männlich<br />
Frosch, Fisch<br />
Schlange, Zwerg<br />
Erde, Wasser<br />
lokal<br />
Körper<br />
Hälfte II<br />
Unsterbliche<br />
große Mütter<br />
weiblich<br />
Schwan, Gans, Ente<br />
Storch,Reiher, Kranich<br />
Wasser, Luft<br />
universal<br />
Seele<br />
Vielleicht lag diesem Kultgeheimnis,<br />
dessen Weihen lange überdauert haben,<br />
und bei denen auch die altertümlichsten<br />
Geheimkultgeräte, Rhomboi (,<br />
die Schwirrhölzer, noch eingesetzt wurden,<br />
ein entsprechendes "totemistisches"<br />
Konzept zugrunde, nämlich die<br />
Verbindung eines Seelenvogeltotems<br />
(mütterlicherseits übertragen) mit einem<br />
Körpertotem (väterlicherseits), welches<br />
das Individualtotem des Kindes komplementär zur Erbregel des Gruppentotems festlegt, denn<br />
diese Mysterien waren ursprünglich das Geheimnis eines Geschlechts, das Geheimnis der Patrilinie<br />
der Eumolpiden. Andere Geschlechter wie die Branchiden und Teliden sind ebenfalls als<br />
Eigentümer später berühmt gewordener Mysterien zu nennen.<br />
Kerenyi deutet die religiösen Aspekte des Mythos von dem Kampf der Kraniche gegen die<br />
Pygmäen dementsprechend: "Es ist etwas Wildes und Groteskes, das auch tödlich sein kann,<br />
wie eben die Kampflust und Gier der Pygmäen, die die erlegten schönen Vögel fressen. Solchen<br />
Wesen gegenüber kommt das Himmlische im Wesen der Sumpfvögel um so mehr zum<br />
Ausdruck. Die Wasservögel der Kabirion-Vasen erwecken in uns überhaupt nicht den Gedanken<br />
an den trägen Stoff, an eine niedrige Sphäre, die durch das Männliche erst überwunden<br />
wird, sondern im Gegenteil: das Zwerghafte und Erdhafte, roh und wild Männliche dürfte da<br />
erst durch eine geflügelte Weiblichkeit in höhere Regionen erhoben werden." 50 Berücksichtigt<br />
man aber neben den Zwergen auch die aquatischen Komplementäre: Schlange, Reptil, Frosch,<br />
welche von den Wasservögeln aus dem Urmeer gefischt und dann verspeist werden, um<br />
schließlich als Seelen übertragen werden zu können, dann wäre Kerenyis Darstellung dementsprechend<br />
zu relativieren. (Das Schema der mythologischen Gleichnisse: siehe Tabelle nebenan).<br />
Diese Mythe vom Kampf der Pygmäen gegen die Kraniche, die übrigens auch in China bekannt<br />
ist, stellt eine Sondergleichung heraus, die mit dem Männlichen psychologisch die Begierde, die<br />
Ungezügeltheit und die egoistische Triebhaftigkeit, also das principium individuationis (d.h. soziologisch:<br />
das Prinzip der Differenzierung der patrilinearen Abstammungsgruppen) gleichsetzt,<br />
und damit die Schwierigkeiten und Hindernisse hervorhebt, die das irdische Leben bei<br />
seinen Wiedergeburtsbemühungen begleiten (soziologisch: die Exogamieregeln, die beobachtet<br />
werden müssen, damit die Komplemetäre zusammenkommen).<br />
Positiv wird die Regel, unter der das Prinzip des Lebens als Reproduktion des Lebendigen<br />
agiert, dargestellt, während es soziologisch auf die Differenzierung und den exklusiven Abschluß<br />
der Abstammungsgruppen hinweist, so daß die Integration nur durch die richtige Heirat<br />
hergestellt werden kann, woran die nach der Heirat den Kindern vermittelten mütterlichen<br />
Totems (Storch, Reiher, Kranich, Schwan, Gans, Ente) alle Mitglieder der Patrigruppen erinnern.<br />
Sie definieren die Gruppe der Gattinnenauswahl. Andererseits reflektiert er eine durchaus<br />
bekannte Konzeptionsauffassung in Verbindung mit dem Seelenvogelglauben, daß nämlich die<br />
Konzeption erst dann erfüllt wird, wenn der entsprechende Vogel gefangen und verspeist wird.<br />
Diese Gleichung ist vielsagend: Essen= legitimer (ehelicher) Geschlechtsverkehr. Das<br />
50 K.Kereny, ibid, S. 49-50<br />
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