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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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unilineare Deszendenz mit und ohne Exogamievorschriften transformieren ein Person-Exemplar-<br />

oder ein Gruppe-Exemplar-Verhältnis in ein Person-Spezies- und ein Gruppe-Spezies-<br />

Verhältnis; d.h. man kann von jeder der von Levi-Strauss aufgestellten Alternativen der Abbildung<br />

des Mensch-Tierverhältnisses zu jeder anderen gelangen, und zwar in Korrespondenz<br />

mit der Geltung oder Nichtgeltung der unilinearen Vererbung und häufig auch der Exogamievorschriften<br />

bezüglich der verehrten Tiere, zu denen Personen und Gruppen eine Beziehung<br />

unterhalten.<br />

Darüberhinaus scheint auch die ägyptische Religion noch Indizien zu liefern für jene von Ankermann<br />

beobachtete Regel über die Korrelation abnehmender totemistischer Funktion und<br />

Bedeutung mit der Zunahme der religiösen Funktion der entsprechenden Objekte.<br />

Sicher erscheint die Ableitung des Tierkultes der Ägypter aus dem <strong>Totemismus</strong> unter historischem<br />

Gesichtspunkt problematisch, und nicht weniger problematisch ist auch der Hinweis auf<br />

eine ähnlich geartete Transformation in den griechischen Mysterienkulten von Eleusis und<br />

Samothrake, die im Zeichen der Seelenvögel: Storch, Reiher und Kranich oder Schwan, Gans<br />

und Ente standen. Aber da es uns hier nur darum geht, auf die Möglichkeit der Transformation<br />

jener Beziehungen zwischen dem verehrten Tier und den verehrenden Gruppen zu den als totemistisch<br />

definierten Beziehungen hinzuweisen, dürfte das Gedankenexperiment legitim sein.<br />

Der Storch (/ ) war eines der Totems der (Eumolpiden), welche<br />

bis zum Schluß die Priesterschaft zu Eleusis stellten und ihr Kultgeheimnis auch nach seiner<br />

ökumenischen Verallgemeinerung aus der Perspektive ihres clanspezifischen Seelenvogelglaubens<br />

vermittelten. Der Volksname der Pelasger bezieht sich also direkt auf das Totemtier,<br />

den Storch, wie der Name auf den Gesang des Schwans (eines der anderen Totems).<br />

Die Mysteriengründerin der kabirischen Mysterien, die große Muttergöttin also, heißt nach einer<br />

Version des Pausanias , über deren Namen Kerenyi schreibt: "Pelarge ist die Femininform<br />

zu >Pelargosder StorchStorchfrau< ist nicht weniger altertümlich und weist neben der aufgezählten<br />

kurzbeinigen Gruppe auf eine langbeinige hin. Storch, Reiher und Kranich gehören ebenso zusammen<br />

wie Schwan, Gans und Ente, und sie werden auf den Darstellungen der Vasenbilder<br />

selten durch genaue Zeichnung voneinander unterschieden." 49 Meistens nur durch die Länge<br />

der Beine. Diese Vögel, deren Beziehung zum Wasser und zur Weiblichkeit deutlich hervorgehoben<br />

wird, um ihre Zugehörigkeit zu den beiden Reichen oder Elementen des Wassers und<br />

der Luft zu betonen, die ihre vermittelnde Funktion zwischen diesen Sphären anzeigt, gelten<br />

wie die römische Taubengöttin Juno auch als Seelenvögel, wie das die entsprechenden<br />

Verwandlungsmythen (z.B. Ovid, Met. XI, 90- 97) bezeugen oder die Wahl der Taube als das<br />

altorientalische Symbol der Luft und des heiligen Geistes in der christlichen Theologie. Die<br />

48 K.Kerenyi, Mysterien der Kabiren, Eranos, XI, 1945, S.41<br />

49 K.Kerenyi, ibid, S.46-7<br />

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