Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien
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Die Anerkennung und Übernahme dieser Institutionen erzwingt aber auch eine Verinnerlichung<br />
der Weltanschauung, die sie stützen, und tatsächlich auch ähnlich widersprüchlich zur geistigen<br />
Kultur der Bambuti stehen, wie die erwähnten sozialen Institutionen.<br />
Vereinzelt verbindet der Bambuti mit dem Totem den Glauben an seine Abstammung vom<br />
Totemtier, der in deutlichem Widerspruch zu den anthropogenetischen Mythen über die<br />
Schöpfung und speziell die Schöpfung des Menschen steht, die Schebesta und Trilles aufgenommen<br />
haben. Häufiger und mit der Bambuti-Weltanschauung besser übereinstimmend<br />
wurde das Verhältnis zum Totem mit einem traumatischen Erlebnis eines Bambuti-Ahnen mit<br />
dem entsprechenden Totemtier begründet. "Vor Zeiten tötete einer der Ihrigen (des Atasipa-<br />
Clans/H.S.) ihr jetziges Totemtier oder aß davon, wodurch er krank wurde oder gar starb. Man<br />
brachte beides in ursächlichen Zusammenhang, erklärte das Tier als Bruder und ging ihm von<br />
nun an aus dem Wege. Die Atatsipa wechseln sofort ihr Lager, wenn sich darin ihre Totemschlange<br />
zeigt, ebenso die Aforaka, wenn sie nur Spuren des Schimpansen antreffen." 144<br />
In dieser Erklärung fällt ein Widerspruch unmittelbar ins Auge: Obwohl das Tier Übel verursacht,<br />
weshalb man ihm auch aus dem Wege geht, nennt man es Bruder. Diese Meidung des<br />
Bruders, die in diesem Kontext obligatorisch ist, steht in auffallendem Gegensatz zu dem fraternalen<br />
Verhältnis in der sozialen Bambutiwirklichkeit, so daß sich der Schluß auf einen Euphemismus<br />
förmlich aufdrängt, der eigentlich das Gegenteil dessen anzeigt, was er aussagt.<br />
Dies wird mit der Auskunft eines Kivu-Pygmäen deutlich: "Der Dorfälteste der West-Kivu-<br />
Batwa von Shove meinte Schumacher gegenüber, daß mit dem Totem früher jemandem ein<br />
Unglück zugestoßen sei. Der Glaube an eine Verwandtschaft mit dem Clantier wurde von<br />
diesem Manne abgelehnt: >Wie kann ein ausgesprochener Feind Familienangehöriger<br />
sein?