17/13672 - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 11 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong><br />
Die Automobilindustrie wird sicher einen dämpfenden<br />
Effekt auf den Pkw-Absatz durch die neuen Mobilitätskonzepte<br />
verspüren. Sie kann aber auch eine aktive Rolle<br />
beim Aufbau der Mobilitätskonzepte übernehmen und so<br />
den Umsatzausfall durch Einnahmen aus der Bereitstellung<br />
von Mobilitätsdienstleistungen kompensieren. Zudem<br />
bieten diese Systeme eine Plattform für alternative<br />
Antriebe und Praxistests neuer Entwicklungen der Hersteller.<br />
Die Rollen der OEM sind hier vielfältig. Zum einen<br />
können sowohl klassische als auch flexible Carsharingsysteme<br />
aufgebaut werden. Dies gilt für einzelne<br />
Regionen in Deutschland, aber auch für Europa, Nordamerika<br />
und ausgewählte Länder im asiatischen Raum.<br />
Zum anderen könnten weiter gehende Funktionen als Integrator<br />
der neuen Mobilitätskonzepte übernommen werden,<br />
da die Automobilindustrie über die größten Forschungsbudgets<br />
in der deutschen Wirtschaft verfügt.<br />
Aus Kundensicht sollte für die neuen Mobilitätskonzepte<br />
eine standardisierte Schnittstelle aufgebaut werden, über<br />
die sich ÖPNV, Mitfahrgelegenheiten, Car- und Bikesharingsysteme<br />
beauskunften, buchen und nutzen lassen.<br />
Neben dieser Schnittstelle ist die verpflichtende Bereitstellung<br />
der Verbindungsdaten durch die Verkehrsunternehmen<br />
notwendig. Diese Ausbaustufe der vernetzten<br />
Mobilität kann vermutlich erst nach 2020 erreicht werden.<br />
Ihre Realisierung erfordert aber sicher einen früheren<br />
Einstieg in den Markt. Zur Realisierung der vernetzten<br />
Mobilität ist Technologie-Know-how im Bereich<br />
Vernetzung großer Datenbanken, Echtzeitdatenverarbeitung<br />
und Kommunikation mit sehr großen Nutzergruppen<br />
erforderlich. Neben der Automobilindustrie und anderen<br />
Verkehrskonzernen wie der DB AG könnte die Rolle als<br />
Integrator der vernetzten Mobilität auch durch führende<br />
Technologiekonzerne mit Fokus IT wie Siemens, IBM<br />
oder SAP angestrebt werden oder aber durch Konzerne<br />
aus dem Bereich der Internet- und Social-Media-Technologien<br />
wie Google, Apple oder Facebook.<br />
Handlungsoptionen<br />
Die Handlungsoptionen, die sich aus dieser Studie ableiten<br />
lassen, können anhand des jeweiligen Adressaten in<br />
drei Kategorien gegliedert werden: marktstrategische,<br />
technologiestrategische und regulatorische. Erstere richten<br />
sich an das strategische Management in der Automobilindustrie,<br />
die folgenden an deren Entwicklungsstrategie<br />
und die letztgenannten an den Gesetzgeber.<br />
Folgende vier marktstrategische Prämissen können aus<br />
den Analysen und Ergebnissen des vorliegenden Berichts<br />
abgeleitet werden:<br />
– Die Sicherung des globalen Premiummarkts ist für Erhalt<br />
und Wachstum der deutschen Automobilindustrie<br />
ein zentrales Ziel. Premiumangebote ermöglichen<br />
hohe Wertschöpfung und sichern den Erhalt der Technologieführerschaft.<br />
Der Premiummarkt dürfte global<br />
gesehen einer der stabilsten Märkte in den beiden<br />
nächsten Dekaden sein.<br />
– Aus- und Aufbau einer starken Positionierung in den<br />
Wachstumsmärkten, insbesondere in China und Brasilien<br />
bzw. in etwas abgeschwächter Priorisierung in<br />
weiteren Ländern Südamerikas und in Mexiko.<br />
– Eine kontinuierliche Marktbeobachtung des indischen<br />
Automobilmarkts ist erforderlich, um in der Lage zu<br />
sein, bei sich bietender Marktchance entsprechende<br />
Markteintrittsstrategien für Indien zu entwickeln, zu<br />
testen und umzusetzen.<br />
– Wertewandel und Effizienzüberlegungen machen die<br />
Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte wahrscheinlich.<br />
Die OEM sollten hier Geschäftsmodelle entwickeln<br />
und testen, um von diesem Markt als Mobilitätsdienstleister<br />
profitieren zu können. Damit würden sie<br />
sinkende Pkw-Absatzzahlen durch den Aufbau eines<br />
zweiten Standbeins kompensieren können.<br />
Auch wenn zukünftig generell von einer Diversifizierung<br />
der Antriebskonzepte ausgegangen wird, lassen sich auf<br />
Grundlage der vorliegenden Studie drei zentrale technologiestrategische<br />
Herausforderungen ableiten:<br />
– Entwicklung und Umsetzung von Technologien des<br />
Leichtbaus werden unerlässlich sein, sowohl aus<br />
Gründen der allgemeinen Energieeinsparung (Energie-<br />
und Klimaeffizienz) bei allen Fahrzeugtypen als<br />
auch aus Sicht der Elektromobilität mit ihrer auf absehbare<br />
Zeit noch beschränkten Energiespeicherkapazität.<br />
– Aufgrund des hohen Wertschöpfungsanteils der Batterie<br />
in der Elektromobilität scheint es dringend angeraten<br />
zu sein, eine eigene Produktion aufzubauen, zumindest<br />
für die Lithiumbatterien der 2. Generation<br />
(Li-Ionen) sowie zukünftige Systeme (z. B. Li-S, Li-<br />
Luft). Damit könnten Wertschöpfungsverluste durch<br />
den Wegfall des Verbrennungsmotors und seiner Nebenaggregate<br />
kompensiert werden.<br />
– Die Markteinführung der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie<br />
sollte durch aussichtsreich positionierte<br />
OEM vorangetrieben werden, um zu vermeiden,<br />
dass ein schneller – und nicht gänzlich auszuschließender<br />
– Durchbruch bei der Batterietechnologie die<br />
Einführung der FCEV komplett unmöglich macht, da<br />
dadurch die Reichweitenproblematik bei E-Mobilen<br />
bereits gelöst würde und FCEV nicht mehr den Einstieg<br />
in ihre Lernkurve schaffen könnten.<br />
Drei zentrale regulatorische Optionen als unterstützende<br />
Begleitung der anstehenden Veränderungen in der Automobilindustrie<br />
lassen sich aus den vorstehend beschriebenen<br />
Strategien ableiten:<br />
– Der Aufbau einer eigenen Produktion von Hochleistungsbatterien<br />
in Deutschland sollte durch eine adäquate<br />
Forschungsförderung unterstützt werden, insbesondere<br />
im Bereich der Grundlagenforschung für<br />
Lithiumbatterien der 2. Generation (d. h. Li-Ionen,<br />
Li-S, Li-Luft).