17/13672 - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong> – 94 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
Die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den klassischen<br />
und flexiblen Systemen liegen darin, dass die flexiblen<br />
Anbieter nicht stationsbasiert organisiert sind und<br />
stattdessen die Fahrzeuge überall innerhalb eines festgelegten<br />
(Stadt-)Gebiets abgestellt werden können. Dem Vorteil<br />
der klassischen Systeme, eine große Bandbreite an Fahrzeugtypen<br />
bereitzustellen, steht der Nachteil des Mangels<br />
an Flexibilität bei der Buchung gegenüber. Station, Abhol-<br />
und Rückgabezeit müssen bei der Buchung festgelegt<br />
werden. Diese Nachteile versuchen die flexiblen<br />
Systeme auszugleichen. Spontannutzung ohne zeitliche<br />
Begrenzung („open end“) und freie Wahl des Abstellortes<br />
(„one way“) sind die Kernelemente des Geschäftsmodells<br />
„car2go“ von Daimler und „DriveNow“ von BMW/Sixt.<br />
Der Erfolg von „car2go“ als Pionier in diesem Feld erstreckt<br />
sich sowohl auf Deutschland als auch auf Nordamerika<br />
und das europäische Ausland. Dabei haben sich typische<br />
Flottengrößen von 300 bis teilweise 1 200 Fahrzeugen<br />
pro Stadt als ein attraktives Angebot erwiesen.<br />
Insgesamt erreichen die flexiblen Anbieter mittlerweile<br />
die Flottengrößen der erfolgreichen klassischen Anbieter,<br />
so unterhält „car2go“ eigenen Angaben zufolge weltweit<br />
etwa 5 000 Fahrzeuge (www.car2go.com/?selection=new<br />
[6.2.2013]). Auch „DriveNow“ treibt die Internationalisierung<br />
voran und eröffnete kürzlich in San Francisco den<br />
ersten Standort außerhalb Deutschlands. Es wird erwartet,<br />
dass das Wachstum der vergangenen Jahre anhält und die<br />
flexiblen Anbieter zukünftig eine deutlich gewichtigere<br />
Rolle spielen werden. Es ist aber nicht damit zu rechnen,<br />
dass sie die klassischen Systeme komplett verdrängen<br />
werden.<br />
Beide Systeme (klassisch und flexibel) sprechen unterschiedliche<br />
Mobilitätsbedürfnisse an. Die kleinen Stadtfahrzeuge<br />
und das Systemkonzept der flexiblen Anbieter<br />
eignen sich nur bedingt für längere Überland- oder Urlaubsfahrten.<br />
Die klassischen Systeme dagegen weisen<br />
Nachteile bei der Spontannutzung auf. Mit der Kombination<br />
aus „Quicar“ und „Quicar Plus“ bietet deshalb Volkswagen<br />
in Hannover die Kombination beider Systeme an:<br />
Spontannutzung für den Alltagsgebrauch mit Kleinwagen<br />
und das volle VW-Produktsortiment für längere Freizeitfahrten.<br />
Ein solches System schafft eine variantenreiche Alternative<br />
zum eigenen, festdefinierten Pkw, mit der Einschränkung<br />
Fahrten buchen zu müssen, aber der Freiheit<br />
von Versicherung, Reparaturen, Öl- und Reifenwechsel.<br />
Letzteres stellt einen Komfortvorsprung von Carsharing<br />
gegenüber dem privaten Pkw dar.<br />
Eine Variante der klassischen Carsharinganbieter stellt<br />
„Flinkster“ dar. Die durch DB Rent betriebene Flotte beschränkte<br />
sich zunächst auf Stationen in unmittelbarer<br />
Umgebung der Bahnhöfe als Ergänzung zum Bahnverkehr<br />
(letzte Meile). Die einzelne Stadt wurde nicht flächig<br />
abgedeckt, aber es existierte ein Angebot an Bahnhöfen<br />
in zahlreichen Städten. In den letzten Jahren wurde<br />
das stationsbasierte System jedoch zunehmend flächig in<br />
den einzelnen Städten ausgebaut, sodass „Flinkster“ mittlerweile<br />
in einigen Städten ein relativ dichtes Netz von<br />
Stationen unterhält und somit sich konzeptionell anderen<br />
klassischen Anbietern annähert. Die heute schon gegebene<br />
enge Verknüpfung mit dem Bahnverkehr (z. B.<br />
durch die Möglichkeit der gemeinsamen Buchung) unterscheidet<br />
„Flinkster“ dabei von anderen klassischen Anbietern.<br />
Zusammenfassend kann von einem deutlichen Attraktivitätsgewinn<br />
des Bausteins Carsharing gesprochen werden.<br />
Aus den Nischenlösungen der 1990er Jahre werden mittlerweile<br />
komfortable und attraktive Angebote für Kunden<br />
und Unternehmen. Hohe Flexibilität bei Nutzungsdauer,<br />
Fahrzeugwahl und Abstellort sind zentrale Kriterien, damit<br />
auch anspruchsvollen Nutzern die Möglichkeit gegeben<br />
wird, dauerhaft auf ihren privaten Pkw verzichten<br />
zu können. Die hohe Dynamik bei der Verbreitung von<br />
Carsharingangeboten und damit verbundenen Mobilitätsdienstleistungen<br />
bewirkt, dass auch die für diese Studie in<br />
den Jahren 2011 und bis Mitte 2012 sorgfältig erhobenen<br />
Zahlen schnell veralten und von der Realität überholt<br />
werden.<br />
3.1.2 Bikesharing<br />
Seit Anfang der 2000er Jahre nimmt die Beliebtheit von<br />
Fahrrädern im urbanen Bereich stetig zu. Neben aufwendig<br />
designten Citybikes im Retrolook steigert gerade bei<br />
Personen mit alters- oder krankheitsbedingten Einschränkungen<br />
die Unterstützung durch Elektromotoren die<br />
Attraktivität des Fahrrads deutlich. Die sogenannten<br />
Pedelecs werden zunehmend auch in Bikesharingflotten<br />
eingesetzt, wodurch sich die Akzeptanz für diesen Baustein<br />
der Mobilitätskonzepte auch in bergigen Städten<br />
deutlich erhöht. Der zunehmende Ausbau städtischer<br />
Radverkehrsnetze macht das Fortbewegen per Fahrrad<br />
deutlich sicherer und komfortabler. Ähnliche Entwicklungen<br />
sind sowohl im europäischen Ausland als auch in<br />
ausgewählten Städten in Nordamerika (Pucher et al. 2011)<br />
und Asien zu beobachten. Tabelle IV.10 listet große europäische<br />
Bikesharinganbieter auf. Besonders in Frankreich<br />
und Südeuropa haben sich mittlerweile umfangreiche<br />
System etabliert, obwohl diese Länder zuvor nicht als<br />
fahrradaffin in der täglichen Nutzung galten. Das in Europa<br />
derzeit größte System mit 20 000 Fahrrädern wurde<br />
in Paris implementiert.<br />
Die kostenlose Nutzung der ersten halben Stunde, die nahezu<br />
alle Systeme gemein haben, stimuliert zwar die Nachfrage,<br />
führt aber auch dazu, dass die Systeme entweder<br />
auf Zuschüsse der öffentlichen Hand angewiesen sind oder<br />
auf Quersubventionen aus Zweitnutzungen wie z. B. dem<br />
Verkauf von Werbefläche. Bei allen großen europäischen<br />
Systemen außerhalb Deutschlands ist die Ausleihe und<br />
Rückgabe der Räder nur an festen Stationen möglich. Mittlerweile<br />
werden auch zunehmend die Call-a-Bike-Systeme<br />
in Deutschland stationsbasiert betrieben (Stand 2012).<br />
Betriebswirtschaftlich ist das Bikesharing alleine nicht erfolgreich.<br />
Als Baustein innerhalb der Mobilitätskonzepte<br />
kommt ihm dennoch eine Bedeutung zu, da es den Erfolg<br />
von Carsharing und ÖPNV verstärken kann. Besonders<br />
kurze, innerstädtische Strecken oder solche mit Zubringerfunktion<br />
zu anderen Verkehrsmitteln bieten hohe Potenziale<br />
für Bikesharing. Umso wichtiger wird zukünftig<br />
die Vernetzung der Verkehrsmittel durch IKT, um möglichst<br />
kurzfristig auf andere Verkehrsmittel ausweichen<br />
zu können. Dabei werden Bikesharingnutzer häufig auch<br />
(potenzielle) ÖV- oder Carsharingnutzer sein.