17/13672 - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong> – 132 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
einigen Wachstumsmärkten wie China. Als Synthese aus<br />
den analytischen Kapiteln der globalen Marktstruktur und<br />
der zukünftigen Diversifizierungsoptionen mit den quantitativen<br />
Kapiteln der Marktprognose und Wertschöpfungsbilanzen<br />
ergeben sich die folgenden Schlussfolgerungen<br />
zu den einzelnen Herausforderungen der<br />
Automobilindustrie.<br />
Effiziente Fahrzeuge<br />
Die deutsche Automobilindustrie besitzt einen Vorsprung<br />
bei der Entwicklung hocheffizienter Verbrennungsmotoren,<br />
wobei der Fokus in den letzten Jahren eher auf die<br />
Verbesserung von Benzin- als auf Dieselmotoren gerichtet<br />
wurde, da bei Ersteren noch größere Effizienzpotenziale<br />
zu realisieren sind. Die deutsche Automobilindustrie<br />
ist auch hinsichtlich anderer wichtiger Technologien zur<br />
Entwicklung effizienter Kraftfahrzeuge wie Leichtbau<br />
und Aerodynamik gut aufgestellt. Der Rückstand bei Hybridantrieben,<br />
insbesondere gegenüber den japanischen<br />
Herstellern Toyota und Honda, scheint aufholbar oder ist<br />
in einigen Pkw-Segmenten bereits kompensiert, wie die<br />
Angebote der deutschen Hersteller in den Segmenten der<br />
Ober- und oberen Mittelklasse zeigen. Damit besetzt die<br />
deutsche Automobilindustrie eine Führungsposition hinsichtlich<br />
der weiteren Verbesserung der Effizienz von<br />
Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Insofern verwundert<br />
die reservierte Haltung von Teilen der deutschen Automobilindustrie<br />
gegenüber den von der europäischen<br />
Kommission vorgeschlagenen Effizienzzielen für die<br />
Zeithorizonte 2020 und 2030.<br />
Alternative Antriebe<br />
Als alternative Antriebe werden in diesem Bericht alle<br />
Varianten der hybriden Antriebe bestehend aus Verbrennungsmotor<br />
und Elektromotor mit externer Lademöglichkeit<br />
(PHEV, hier inklusive REV) sowie rein batterieelektrisch<br />
betriebene Fahrzeuge (BEV) und Fahrzeuge mit<br />
Brennstoffzellen als Energielieferant (FCEV) verstanden.<br />
Biokraftstoffe inklusive Biogas und Windgas 14 können in,<br />
teilweise leicht modifizierten, Verbrennungsmotoren genutzt<br />
werden und sind daher in die vorhergehende Diskussion<br />
bzgl. effizienter Verbrennungsmotoren einzuordnen.<br />
Bei den alternativen Antrieben im Bereich der<br />
PHEV und BEV verfolgen die deutschen Hersteller eine<br />
Second-Mover-Strategie, während Hersteller wie Renault/Nissan<br />
bei den BEV sowie General Motors/Opel und<br />
Toyota bei den PHEV eine First-Mover-Strategie gewählt<br />
haben. Angesichts der Marktrisiken insbesondere der<br />
BEV hinsichtlich heute noch mangelnder Akzeptanz und<br />
hoher Batteriekosten sowie Batterielebensdauerrisiken<br />
scheint dies eine zielführende und nachvollziehbare Strategie<br />
zu sein. Die deutschen Hersteller unterschätzen aber<br />
auch nicht die Chancen dieser Technologien und streben<br />
mit Schwerpunkt 2013 die Markteinführung eigener BEV<br />
14 Windgas bezeichnet einen gasförmigen Energieträger, welcher aus<br />
(überschüssiger) Windenergie, Wasser und ggf. CO 2 hergestellt wurde.<br />
Erzeugte Gase sind Wasserstoff, Methan oder auch Gasgemische.<br />
und PHEV an. Ein Vorteil dieses Ansatzes gegenüber den<br />
ausländischen Wettbewerbern mit First-Mover-Strategie<br />
könnte auch darin liegen, dass nicht nur existierende<br />
Fahrzeugkonzepte mit einem neuen Antrieb ausgestattet<br />
werden, sondern das Fahrzeuge unter den besonderen<br />
Rahmenbedingungen der Elektromobilität neu konzipiert<br />
und entwickelt werden (z. B. Leichtbau, Stadt- und Regionalfahrzeug),<br />
sodass insgesamt ein überzeugenderes<br />
Gesamtangebot eines BEV oder PHEV entsteht.<br />
Die entscheidende Frage bei diesen Varianten der Elektromobilität<br />
(BEV, PHEV) lautet: Soll die deutsche Automobilindustrie<br />
eine eigene Batterieproduktion zukünftiger<br />
Hochleistungsbatterien (z. B. Li-Ionen der 2. Generation,<br />
Li-S, Li-Luft) anstreben? Nach heutigem Verständnis<br />
(bzw. heutiger Erkenntnis) sollte diese Frage bejaht werden,<br />
da ein großer Teil der Wertschöpfung zukünftiger<br />
BEV und PHEV auf diese Batterien entfallen wird, und<br />
so der Wegfall der Wertschöpfung aus den technologisch<br />
avancierten Verbrennungsmotoren kompensiert werden<br />
kann. Technologisch dürfte die deutsche Automobilindustrie<br />
in Zusammenarbeit mit der sehr gut positionierten<br />
deutschen Materialforschung dazu in der Lage sein. Als<br />
ein Risiko dieser Strategie könnte angesehen werden,<br />
dass ein deutlich schnelleres Absinken der Batteriepreise<br />
als in allen Studien und Szenarien der Batterieentwicklung<br />
erwartet diesen Aufwand zunichtemachen würde.<br />
Im Bereich der Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) stellt<br />
sich die Ausgangssituation anders dar. Hier strebt eine<br />
Gruppe von Herstellern die First-Mover-Position an, zu<br />
der auch der Daimler-Konzern gehört. Die in der Initiative<br />
H2-Mobility mit Unternehmen aus der Produktionskette<br />
von Wasserstoff zusammengeschlossenen Pkw-Hersteller<br />
haben ein Konzept zum parallelen Aufbau der H2-<br />
Betankungsinfrastruktur und der Fahrzeugproduktion entwickelt.<br />
Die First-Mover-Position ist durch drei Faktoren<br />
zu begründen und – insbesondere aus Sicht des Daimler-<br />
Konzerns – auch positiv zu beurteilen: Erstens verfügt der<br />
Daimler-Konzern durch die lange Entwicklungs- und<br />
Testphase von FCEV über einen Wissensvorsprung vor<br />
anderen OEM, der auch durch die Patentstatistiken zu<br />
Brennstoffzellen dokumentiert ist. Zweitens eignen sich<br />
die vom Daimler-Konzern besonders adressierten Segmente<br />
der Oberklasse und oberen Mittelklasse für den<br />
Aufbau einer Technologieführerschaft, da die notwendigen<br />
Preisaufschläge in diesen Segmenten realisierbar und<br />
nach heutigem Stand der Technik die geforderten Reichweiten<br />
ohne Nutzung fossiler Kraftstoffe nur mit einer<br />
Brennstoffzelle erreichbar sind. Drittens besteht auch ein<br />
Risiko, dass mit forcierter Einführung von BEV und<br />
PHEV die Batterietechnologien und damit verbundene<br />
Geschäftsmodelle so starke Kostenreduktionspotenziale<br />
erzielen, dass die Brennstoffzelle aus dem Markt gedrängt<br />
wird, bevor überhaupt die ersten Fahrzeuge kommerziell<br />
auf den Markt gebracht wurden. Dieser letzte<br />
Punkt dürfte eine wichtige Motivation für H2-Mobility<br />
sein, die Markteinführung von FCEV in ausgewählten<br />
Zielmärkten für das Jahr 2015 anzukündigen.