17/13672 - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong> – 84 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
Die Kundenattraktivität der unterschiedlichen Segmente<br />
variiert dabei stark, wie in Tabelle IV.8 zu sehen ist. So<br />
repräsentieren die drei Segmente Kleinwagen, Kompaktklasse<br />
und Mittelklasse zusammen über 50 Prozent der<br />
Neuzulassungen im März 2012. Ein weiteres dominantes<br />
Segment waren Geländewagen und SUV mit 14,3 Prozent<br />
aller Neuzulassungen in Deutschland. Die restlichen<br />
Segmente lagen deutlich unter 10 Prozent. Besonders auffällig<br />
ist, dass die Volkswagen AG gleich in sechs Segmenten<br />
das Modell mit den meisten Neuzulassungen<br />
produziert. Jedoch finden sich auch bei diesem Massenproduzenten<br />
weniger erfolgreiche Modelle im Portfolio<br />
wieder. Im letzten Quartal 2011 wurden insgesamt lediglich<br />
4 595 Fahrzeuge des Typs VW Sharan, 3 481 VW<br />
up! und 2 848 VW Touareg zugelassen. Die Zulassungszahlen<br />
der Modelle Eos, Phaeton oder New Beetle waren<br />
indes so gering, dass diese nicht in die Auflistung der<br />
100 meist zugelassenen Pkw-Modelle aufgenommen wurden<br />
(www.kfz-auskunft.de/kfz/zulassungszahlen_2011_<br />
4.html [14.04.2012]).<br />
Die steigende Komplexität bei der Entwicklung und Produktion<br />
und die immer kleiner werdenden Seriengrößen<br />
je Modell führen zu einem überproportionalen Anstieg<br />
der Kosten. Als Mittel, um solch eine Varianz an Varianten<br />
und Produktionsmengen beherrschbar zu machen,<br />
verwenden Automobilhersteller sogenannte Plattformen<br />
oder Baukästen. Diese werden dazu genutzt, Grundbausteine<br />
verschiedener Modelle zu standardisieren und somit<br />
die Produkt- und Modellvielfalt sowie letztendlich die<br />
Produktionskosten zu reduzierten (Wannenwetsch 2005).<br />
2.1.2 Plattformstrategien als Stellhebel zur<br />
Realisierung der Modellvielfalt<br />
Eine Plattformstrategie basiert auf dem Baukastenprinzip<br />
und kann als Gleichteilkonzept, das modellreihenübergreifend<br />
die Verwendung gleicher Komponenten und Module<br />
vorsieht, verstanden werden (TCW 1999). Eine allgemeingültige<br />
Definition für die Plattformstrategie<br />
existiert jedoch nicht. So wird sie etwa wie folgt definiert:<br />
„Die Plattform stellt eine Einheit dar, die keinen Einfluss<br />
auf die Außenhaut des Fahrzeugs hat, d. h. ein Chassis<br />
inklusive der inneren Radhäuser. Sie besteht aus verschiedenen<br />
Funktionsgruppen (z. B. Aggregat, Schaltung,<br />
Bremsanlagen). Möglichst viele Fahrzeuge auf einer<br />
Plattform zu bauen (Plattformstrategie) wirkt sich zeitund<br />
kostenoptimierend aus.“ (TCW 1999) Typische Bestandteile<br />
einer Plattform sind das Lenksystem, Vorderund<br />
Hinterachse, Antrieb, Bremssystem, eine definierte<br />
Lage und Anschlussstellen für den Antriebsstrang sowie<br />
der Fahrzeugboden. Dabei bildet die der Plattform übergeordnete<br />
Fahrzeugarchitektur die Grundstruktur des<br />
Fahrzeugs, wodurch eine spätere modell- bzw. markenspezifische<br />
Unterscheidung ermöglicht wird (Frost &<br />
Sullivan 2012a; Wannenwetsch 2005). In Abbildung<br />
IV.13 sind die einzelnen Bausteine einer Plattformstrategie<br />
verdeutlicht.<br />
Abbildung IV.13<br />
Bausteine der Plattformstrategie<br />
Eigene Darstellung in Anlehnung an Frost & Sullivan 2012a<br />
Eine Plattformstrategie bietet die Möglichkeit, über den<br />
kompletten Fahrzeuglebenszyklus hinweg Vorteile durch<br />
die Verwendung von Gleichteilen zu generieren. Im Entwicklungsstadium<br />
etwa kann schnell auf die Dynamik des<br />
Marktes reagiert und somit zusätzliche Kosten für Forschung<br />
und Entwicklung eingespart werden. Bei der Materialbeschaffung<br />
ergeben sich Synergien durch eine reduzierte<br />
Komplexität aufgrund einer geringeren Anzahl<br />
von Teilen, die getestet und zugelassen werden müssen.<br />
Zudem können positive Skaleneffekte realisiert werden.<br />
Skaleneffekte beschreiben Effizienzvorteile im Sinne einer<br />
Stückkostensenkung durch größere Produktionsmengen<br />
(Schoppe 1998). 12<br />
Die geringe Vielfalt an Komponenten macht sich auch bei<br />
der Herstellung des Fahrzeugs bemerkbar, da die Logistik<br />
der Teile vereinfacht wird und somit der vorhandene Lagerraum<br />
besser ausgenutzt werden kann. Des Weiteren ist<br />
die Einarbeitung der Mitarbeiter durch den hohen Grad an<br />
Standardisierung weniger zeit- und kostenintensiv. Im After-Sales-Bereich<br />
letztlich wird die Verfügbarkeit von Ersatzteilen<br />
erhöht, da weniger unterschiedliche Teile auf<br />
Lager gehalten werden müssen. Neben den genannten<br />
Faktoren existieren noch weitere Vorteile, die sich aus der<br />
Plattformstrategie ergeben und in ihrer Gesamtheit, trotz<br />
steigender Variantenvielfalt und Komplexität, dennoch<br />
eine wirtschaftliche Produktion von Fahrzeugen ermöglichen<br />
(Frost & Sullivan 2012a; Wannenwetsch 2005).<br />
12 Skaleneffekte können nach Schoppe (1998) in statische und dynamische<br />
unterschieden werden. Der statische Skaleneffekt beruht auf einer<br />
Fixkostendegression durch die Zusammenlegung von gleichartigen<br />
Herstellungsprozessen. Die Zentralisierung führt zu einer<br />
Erhöhung der Ausbringung, während die Fixkostenbelastung pro<br />
Stück sinkt, da die sich auf konstantem Niveau befindlichen nichtdisponiblen<br />
Kosten auf eine steigende Ausbringung verteilt werden.<br />
Aber auch disponible Kosten können durch steigende Ausbringung<br />
gesenkt werden, etwa indem durch höhere Stückzahl eine Automatisierung<br />
(z. B. Industrieroboter) wirtschaftlich wird oder Arbeitsprozesse<br />
in einfache Tätigkeiten mit hohen Repetierhäufigkeiten zerlegt<br />
werden. Der dynamische Degressionseffekt entsteht insbesondere<br />
dann, wenn die Arbeitsprozesse im Zeitverlauf und im Zuge einer<br />
steigenden Ausbringungsmenge aufgrund von Lernfortschritten und<br />
des Aufbaus von Erfahrungswissen effizienter abgewickelt werden<br />
können.