17/13672 - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode – 85 – Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong><br />
Eine Weiterentwicklung der Plattformphilosophie stellt der<br />
Baukasten dar. Aufgrund der bisherigen und auch zukünftig<br />
weiterhin zunehmenden Komplexität stößt die herkömmliche<br />
Plattformstrategie nämlich an ihre Grenzen. Der Volkswagen-Konzern<br />
hat mit dem modularen Längsbaukasten<br />
und dem modularen Querbaukasten (MQB) ein Konzept<br />
eingeführt, um die konzernweite Modell- und Variantenvielfalt<br />
weiter zu standardisieren (Volkswagen AG 2012a). Das<br />
Konzept orientiert sich letztendlich an einem LEGO ® -Baukasten.<br />
Für den Endkunden nichtsichtbare Module und Baugruppen<br />
(insbesondere im Vorder- und Hinterwagen) sind<br />
innerhalb einer Baureihe baureihenübergreifend und im Fall<br />
des Volkswagen-Konzerns sogar markenübergreifend standardisiert.<br />
Diese standardisierten Module werden bei der<br />
Entwicklung eines neuen Modells in neuer Form rekombiniert<br />
mit der Folge, dass die Anzahl der verwendeten<br />
Gleichteile enorm ansteigt und in größerem Umfang wirtschaftliche<br />
Effekte in der Entwicklung und Herstellung realisiert<br />
werden können. Beispielsweise rechnet der VW-<br />
Konzern durch die Einführung des modularen Querbaukastens<br />
damit, dass Stückkosten sowie Einmalaufwendungen<br />
um jeweils 20 Prozent und die „engineered hours per vehicle“<br />
(der konstruktiv bedingte Arbeitsinhalt pro Fahrzeug)<br />
um 30 Prozent reduziert werden können (Volkswagen AG<br />
2011). Des Weiteren steigt die Flexibilität der Produktionslinien<br />
stark an, da unterschiedlichste Fahrzeuge, deren Module<br />
allerdings zum Großteil identisch sind, auf einer Linie<br />
gefertigt werden können.<br />
Eine Plattformstrategie ist geprägt von der jeweiligen Unternehmensstrategie<br />
und unterscheidet sich entsprechend<br />
von Hersteller zu Hersteller. Gemein ist jedoch allen der<br />
Grundgedanke, die Wirtschaftlichkeit ihrer Fahrzeugproduktion<br />
durch weitere Standardisierung zu erhöhen. In<br />
Abbildung IV.14 sind die Anzahl der verwendeten Plattformen<br />
zur Produktion der herstellerspezifischen Modelle<br />
für unterschiedliche Regionen in den Jahren 2010 und<br />
2020 dargestellt. Dabei wurden die Plattformen der in der<br />
jeweiligen Region beheimateten Hersteller aggregiert betrachtet.<br />
Des Weiteren ist die Anzahl der Plattformen vermerkt,<br />
die mehr als 1 Millionen Fahrzeuge pro Jahr fertigen<br />
können.<br />
Die japanischen OEM produzieren derzeit ihre Modelle auf<br />
60 unterschiedlichen Plattformen, von denen bereits fünf<br />
mehr als 1 Millionen Fahrzeuge produzieren können. Bis<br />
zum Jahr 2020 soll diese Anzahl weiter auf sieben Plattformen<br />
anwachsen, während die Gesamtanzahl lediglich um<br />
5 Prozent sinkt. Ein anderes Bild dagegen zeichnet sich bei<br />
den europäischen OEM ab. Dort soll sich die Gesamtanzahl<br />
der Plattformen von aktuell 50 bis zum Jahr 2020 auf<br />
27 nahezu halbieren. Eine solche Entwicklung ist jedoch<br />
nur möglich, wenn sich die Leistungsfähigkeit der zukünftigen<br />
Plattformen steigert. Dies ist in der entsprechenden<br />
Verdopplung der Millionenplattformen von drei auf sechs<br />
zu erkennen. Die Plattformkonsolidierung der nordamerikanischen<br />
OEM wird einen ähnlichen Verlauf nehmen, wobei<br />
die Millionenplattformen stark zunehmen, während die<br />
restlichen (nichtjapanischen) OEM ein etwas niedrigeres<br />
Standardisierungsniveau anstreben.<br />
Europäische OEM verfolgen also eine größere Konsolidierung<br />
ihrer Modelle auf eine geringe Anzahl an Plattformen.<br />
Als Konsequenz nimmt das Differenzierungspotenzial<br />
unter den einzelnen Modellen eher ab.<br />
Japanische OEM werden auch weiterhin mehrere Plattformen<br />
nutzen, um das Differenzierungspotenzial hoch zu<br />
halten. Bei den nordamerikanischen OEM verringert sich<br />
zwar ebenfalls stark die Anzahl der Plattformen, jedoch<br />
werden im Gegenzug Plattformen mit einem hohen Produktionsvolumen<br />
stark ausgebaut, weshalb man deren<br />
Strategie zwischen der der europäischen und japanischen<br />
OEM einordnen kann.<br />
Abbildung IV.14<br />
Veränderung der Plattformanzahl regionaler OEM<br />
Eigene Darstellung in Anlehnung an Frost & Sullivan 2012a