17/13672 - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong> – 24 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
größten Wirkung auf die Automobilindustrie etabliert<br />
(Verordnung 443/2009, EK 2009). Bis 2015 soll der<br />
Durchschnittswert der CO 2 -Emissionen der europäischen<br />
Neuwagenflotte auf 130 g CO 2 /km abgesenkt werden,<br />
wobei eine Reihe von Sonderregelungen gilt. Beispielsweise<br />
werden durch die besondere Behandlung von Pkw<br />
mit Emissionen niedriger als 50 g CO 2 /km Anreize gesetzt,<br />
neue Antriebsenergien – wie z. B. Elektrofahrzeuge<br />
– bis 2015 in den Markt zu bringen. Für 2020 soll der<br />
Durchschnittswert der Neuwagenflotte auf 95 g CO 2 /km<br />
sinken, unter Aufhebung aller Sonderregelungen. Dieser<br />
Vorschlag der Europäischen Kommission befindet sich<br />
noch in der Gesetzgebungsphase. Es werden aber parallel<br />
schon Vorschläge für weitere Absenkungen bis 2025 bzw.<br />
2030 erarbeitet. Ähnliche Regulierungen sind verabschiedet<br />
für leichte Nutzfahrzeuge bzw. in Vorbereitung für<br />
schwere Lkw.<br />
Die EU verfolgt mit diesen Regulierungen zwei zentrale<br />
strategische Ziele: Zum einen soll der Beitrag des Verkehrs<br />
zum Klimaschutz gesichert werden, zum anderen<br />
bedeuten Effizienzstandards einen großen Beitrag zur Sicherung<br />
der Energieversorgungssicherheit, da die Setzung<br />
eines CO 2 -Standards für fossil betriebene Pkw<br />
gleichbedeutend ist mit der Setzung eines Energieeffizienzstandards.<br />
Verbesserte Energieeffizienz verringert<br />
die Ölimporte und damit die Abhängigkeit von wenigen,<br />
zum Teil krisenanfälligen Öllieferländern sowie auch die<br />
Verwundbarkeit durch stark steigende und sehr volatile,<br />
zukünftige Ölpreise.<br />
Auf nationaler Ebene gehören zu den wichtigsten strategischen<br />
Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie<br />
das Energiekonzept der Bundesregierung, die Bundesverkehrswegeplanung,<br />
die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie<br />
sowie die Zielsetzungen zur Elektromobilität. Daneben<br />
sind die steuerlichen Rahmenbedingungen von<br />
zentraler Bedeutung (z. B. Mineralölsteuer, Dienstwagenbesteuerung,<br />
Kfz-Steuer). Im September 2010 wurde das<br />
Energiekonzept des Bundesministeriums für Wirtschaft<br />
und Technologie (BMWi) und des Bundesministeriums<br />
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)<br />
vorgelegt (BMWi/BMU 2010). Aufbauend auf den Leitlinien<br />
des Koalitionsvertrags von 2009 und den bereits ergriffenen<br />
Initiativen des „Meseberger Integrierten Energie-<br />
und Klimaprogramms“ (IEKP) von 2007 wurde ein<br />
Strategievorschlag zur Entwicklung des Energiesystems<br />
für die nächsten vier Dekaden vorgelegt. Der Verkehrssektor<br />
wurde als einer der Energieverbrauchssektoren in<br />
das Konzept einbezogen. Die entscheidende Rahmensetzung<br />
des Energiekonzepts für den Verkehrsbereich formuliert<br />
ein Reduktionsziel für den Endenergieverbrauch<br />
von 10 Prozent bis 2020 gegenüber 2005 und von<br />
40 Prozent für den Zeithorizont 2050.<br />
Die Erarbeitung des nächsten Bundesverkehrswegeplans<br />
(BVWP) läuft seit 2011 und soll bis 2015 abgeschlossen<br />
werden (letzter Plan von 2003). Im Rahmen dieses neuen<br />
Plans wird eine neue Verkehrsprognose für das Zieljahr<br />
2030 sowie ein Plan für die Verkehrsinfrastruktur in<br />
Deutschland erstellt und bewertet. Anzumerken ist hier,<br />
dass die aktuellen Verkehrsprognosen inklusive der<br />
BVWP von 2003 deutlich über den aktuelleren Prognosen<br />
des Energiekonzepts liegen. Das Energiekonzept wurde<br />
hinterlegt durch eine Szenariostudie, bei der die Verkehrsleistung<br />
im Jahre 2030 bei 876 Mrd. tkm liegt (Prognos/EWI/GWS<br />
2010), während die an die BVWP angelehnte<br />
Verflechtungsprognose bis 2025 bereits eine<br />
Verkehrsleistung von 936,5 Mrd. tkm erwartete (ITP/<br />
BVU 2007). Zwei Unterschiede sind hier bedeutsam: Das<br />
Energiekonzept berücksichtigt zum einen die Folgen der<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009, die zu einem<br />
deutlichen Einbruch der Verkehrsnachfrage geführt<br />
hat, und zum anderen werden deutlich niedrigere BIP-<br />
Wachstumsraten erwartet, die sich durch die mittel- und<br />
langfristigen Folgen der Krise erklären lassen, aber auch<br />
durch weitere Effekte substanziiert sind, wie die zukünftige<br />
Abnahme der Bevölkerung und insbesondere der Erwerbspersonen.<br />
Es kann also erwartet werden, dass die<br />
zurzeit erarbeiteten Verkehrsprognosen eher im Bereich<br />
der niedrigen Szenarien des Energiekonzepts als im Bereich<br />
der hohen Szenarien der BVWP von 2003 bzw. der<br />
Verflechtungsprognose liegen werden. Neben Planung<br />
und Verkehrsprognose der BVWP rückt die zukünftige<br />
Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zunehmend in den<br />
Mittelpunkt. Bereits die Projekte der letzten BVWP waren<br />
unterfinanziert. Das zeigt die Notwendigkeit, die Finanzierung<br />
neu zu gestalten. Insbesondere die Nutzerfinanzierung<br />
durch Bemautung wird hier diskutiert.<br />
Die Erarbeitung einer Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie<br />
(MKS) ist ebenfalls Bestandteil des Koalitionsvertrags<br />
und wurde im Frühjahr 2012 unter Führung des Bundesministeriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung begonnen.<br />
Ziel ist es, den Ausstieg aus fossilen Energien<br />
und den Einstieg in alternative Energien und Antriebstechnologien<br />
zu gestalten, sodass die Einsparziele des<br />
Energiekonzepts erreicht werden. Die MKS bringt in einem<br />
partizipativen Prozess die Akteure zusammen, um<br />
eine abgestimmte Strategie zu erarbeiten. Neben den<br />
Festlegungen der BVWP für die Verkehrsnetze wird die<br />
MKS mindestens für die nächste Dekade die wichtigsten<br />
Weichen für die Entwicklung der fahrzeugseitigen Technologien<br />
und den Aufbau der notwendigen Energieinfrastrukturen<br />
stellen. Offen ist, wie stark neue Mobilitätskonzepte<br />
als Bestandteil der MKS diskutiert und definiert<br />
werden.<br />
Ein Drittel bis etwas mehr als die Hälfte aller neu verkauften<br />
Pkw in Deutschland wird als Dienst- bzw. Firmenwagen<br />
beschafft. In den Segmenten der Oberklasse,<br />
der oberen Mittelklasse und der Sportwagen liegt der Anteil<br />
an Dienst- bzw. Firmenwagen sogar bei über<br />
90 Prozent. Damit stellt die steuerliche Behandlung von<br />
Dienstwagen unter den nationalen Rahmenbedingungen<br />
einen sehr wichtigen Einflussfaktor auf die deutsche Automobilindustrie<br />
dar.