17/13672 - Deutscher Bundestag
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Drucksache <strong>17</strong>/<strong>13672</strong> – 12 – <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – <strong>17</strong>. Wahlperiode<br />
– Deutsche Hersteller sind bei Effizienztechnologien im<br />
Bereich des Verbrennungsmotors und der Fahrzeugoptimierung<br />
z. B. durch Leichtbautechnologien gut aufgestellt.<br />
Entsprechend sollte die sogenannte CO 2 -Strategie<br />
der EU, die auch Bestandteil des deutschen „Meseberger<br />
Integrierten Energie- und Klimaschutzprogramms“ ist,<br />
mit der Setzung ambitionierter Zielwerte unterstützt werden.<br />
Hinzu kommt, dass diese Maßnahme am effektivsten<br />
zur Reduktion der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen)<br />
aus dem Verkehr beitragen kann.<br />
– Für die erfolgreiche Einführung neuer Mobilitätskonzepte<br />
mit dem Ziel einer vernetzten Mobilität im<br />
Sinne der Generierung von multimodalen Wegeketten<br />
aus einer Hand sollten Deutschland wie auch die deutschen<br />
Automobilhersteller eine Vorreiterrolle einnehmen.<br />
Dabei müssten bestehende Barrieren beseitigt<br />
werden. Dazu gehören Änderungen der Stellplatzordnung,<br />
die in fast allen Bundesländern heute auch in autofreien<br />
oder autoarmen Wohngebieten eine Mindestzahl<br />
an Parkplätzen pro (neuer) Wohneinheit fordert,<br />
welche aber bei der vernetzten Mobilität nicht gebraucht<br />
würden. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten,<br />
dezidierte Carsharingparkplätze zu schaffen, häufig<br />
eingeschränkt. Wichtiger ist aber die Öffnung des<br />
Marktes, sodass Kunden eines regionalen Mobilitätsdienstleisters<br />
auch die Dienste anderer Mobilitätsdienstleister<br />
in anderen Regionen in Anspruch nehmen<br />
können, ähnlich dem Roamingkonzept im Mobilfunkbereich.<br />
Dadurch entstünde zumindest ein national<br />
einheitlich nutzbares System. Idealerweise wird dieses<br />
System der vernetzten Mobilität auch auf die Nachbarländer<br />
und den europäischen Bereich ausgedehnt bzw.<br />
in andere Regionen transferiert, sodass die deutschen<br />
Vorreiterfirmen aus dieser Markterweiterung zusätzliche<br />
Wertschöpfung generieren könnten.<br />
I. Einleitung<br />
Die globale Automobilindustrie steht vor großen technologischen<br />
und strukturellen Umbrüchen. Neue Automobilmärkte<br />
gewinnen rasch an Bedeutung. So hat sich die<br />
Volksrepublik China zum weltgrößten Markt für neu zugelassene<br />
Personenkraftfahrzeuge entwickelt, während<br />
der Absatz auf etablierten Märkten der Triade (EU, USA,<br />
Japan) nur noch schwach wächst oder gar stagniert. Weltweite<br />
Überkapazitäten, ein zunehmend ausdifferenziertes<br />
Produktprogramm hin zu Nische-in-der-Nische-Modellen,<br />
das einhergeht mit immer kleiner werdenden<br />
Stückzahlen pro Modell, ebenso wie regional zunehmend<br />
unterschiedliche Produktanforderungen stellen die Automobilhersteller<br />
und -zulieferer vor große strategische Herausforderungen.<br />
Vor dem Hintergrund knapper werdender<br />
fossiler Brennstoffe gewinnen zudem alternative<br />
Antriebsquellen jenseits des klassischen Verbrennungsmotors<br />
an Bedeutung. Es lassen sich damit drei Trends<br />
identifizieren, die die Automobilmärkte schon heute, aber<br />
insbesondere in der Zukunft maßgeblich prägen werden<br />
(Frost & Sullivan 2012b; KPMG 2011; PwC 2010a):<br />
– Stagnation in den Triade-, Wachstum in den BRICS 2 -<br />
Märkten: Während auf den Triade-Märkten die Verkaufszahlen<br />
auf hohem Niveau stagnieren, wachsen<br />
die BRICS-Märkte stetig weiter. Insbesondere China,<br />
Indien und Brasilien erweisen sich als wachsende<br />
Volkswirtschaften mit einer dynamisch aufholenden<br />
Motorisierung. In China lag die durchschnittliche<br />
Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in<br />
den Jahren 2003 bis 2008 bei über 10 Prozent, in Brasilien<br />
bei über 4 Prozent.<br />
– Klimawandel und Endlichkeit fossiler Brennstoffe:<br />
Der kontinuierliche Anstieg der fossilen Energiepreise<br />
und die Umsetzung ambitionierter Ziele der Klimapolitik<br />
setzten neue Rahmenbedingungen im Verkehrssektor.<br />
Diese Entwicklungen treiben den technischen<br />
Fortschritt und führen zu einer Diversifizierung<br />
der Antriebskonzepte hin zu hocheffizienten Antrieben<br />
mit Verbrennungsmotoren aber auch zu Alternativen<br />
wie beispielsweise elektrisch angetriebene Fahrzeuge.<br />
– Geändertes Mobilitätsverhalten der Gesellschaft: Als<br />
dritter Trend lässt sich eine Änderung im Mobilitätsverhalten<br />
identifizieren, der seit geraumer Zeit in den<br />
jüngeren Generationen, insbesondere in Regionen mit<br />
hohem Wohlstandsniveau (Triade), Einzug hält. Diese<br />
Entwicklungen beschreibt den Weg weg vom „Besitz<br />
des Pkw“ und wird derzeit unter den Schlagworten<br />
„Nutzen statt besitzen“, „Multimodalität“ oder „Vernetzung“<br />
diskutiert. Die ersten Signale dieses beobachtbaren<br />
Wertewandels deuten darauf hin, dass<br />
neue vernetzte Mobilitätskonzepte zukünftig deutlich<br />
attraktiver werden.<br />
Die sich wandelnden Rahmenbedingungen lösen eine veränderte<br />
Innovations- und Marktdynamik aus, von der besonders<br />
auch die deutsche Automobilindustrie betroffen ist.<br />
Die deutsche Automobilindustrie stellt traditionell eine tragende<br />
Säule der deutschen Wirtschaft dar. Im Jahr 2011<br />
betrug der Umsatz der deutschen Automobilhersteller und<br />
-zulieferer (WZ 29) insgesamt 351 Mrd. Euro. In der Automobilindustrie<br />
sind derzeit rund 719 000 Menschen<br />
beschäftigt. Rechnet man auch Unternehmen dazu, die in<br />
anderen Branchen beheimatet sind, aber der Automobilindustrie<br />
zuliefern, so erhöhen sich die von der Automobilindustrie<br />
abhängigen Arbeitsplätze um den Faktor 2<br />
bis 2,5 (Kinkel/Zanker 2007). Knapp ein Drittel aller in<br />
Deutschland getätigten Aufwendungen für Forschung<br />
und Entwicklung wurde in der Automobilindustrie realisiert<br />
(Stifterverband 2012).<br />
Vor dem Hintergrund dieser gesamtwirtschaftlichen Bedeutung<br />
könnten die skizzierten Entwicklungen nicht nur<br />
unmittelbaren Einfluss auf die Automobilindustrie haben,<br />
sondern auch für die gesamte deutsche Volkswirtschaft<br />
von substanzieller Bedeutung sein.<br />
2 Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika.