5.5 Hormesis 64 Von fast allen Nahrungsmitteln 59 , Mineralstoffen, Spurenelementen 60 und Medikamenten ist bekannt, dass geringe Dosen eine positive, grosse Dosen eine schädliche Wirkung auf den Organismus haben können. Dieses Verhalten beschreibt man mit der Hormesis. Dieser dosisabhängige „Umkehreffekt“ ist nicht nur bei synthetischen Medikamenten, sondern auch bei Medizinalpflanzen 61 (Phytopharmaka) gut bekannt 62 z.B. Baldrian (Valerianin, a-Methylpyrrylketon), Broccoli (Sulforaphane), Herbstzeitlose (Colchicin), Fingerhut (Digitalis), Kamille (Chamazulen), Johanniskraut (Flavonoide), Knoblauch (Allicin, Allium), Mistel (Viscotoxine), Rotwein (Resveratrol), Weidenrinde (Salicylsäure). Sogar bei krebserzeugenden Stoffen ist Hormesis nachgewiesen worden 63, 64 . Die Dosis-Wirkungs-Kurve, welche einen „Umkehreffekt“ zeigt, also nicht monoton ist, nennt man Hormesis. Damit ist es möglich die Wirkung von Colchicin aus der Herbstzeitlose gegen Gicht und die Wirkung bei höheren Konzentrationen als Gift in einer Darstellung zu zeigen. Schaden-Nutzen . 1 0.5 0 -0.5 -1 Hormesis 0 0.30 0.60 0.90 1.20 1.50 log (Dosis) Abbildung 53: Dosis-Wirkungs-Kurve von Colchicin. Positive y-Werte stellen die pharmakologische Wirkung gegen Gicht (Nutzen), negative y-Werte die toxikologische Wirkung als Mitose-Hemmstoff (Schaden) dar. Bei relativ kleinen Konzentrationen ist ein Nutzen von Colchicin als Medikament vorhanden, bei grossen Konzentrationen tritt ein immer grösserer Schaden als Gift auf. 59 Hayes D.P., Nutritional hormesis, Eur J Clin Nutr, 61, August 2, 2006, pp.147-159 60 Calabrese E.J., Mattson M., Best in small doses, New Scientist, 9 August, 2008, pp.36-39 61 Hiller K.M., Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, Spektrum, Akademischer Verlag, Melzig – Heidelberg, CD-ROM, ISBN 3-8274-0414-2, 2000 62 Calabrese E.J., Baldwin L.A., Hormesis as a Biological Hypothesis, Environ Health Perspect,106 (Suppl 1),1998, pp.357-362 63 Kinoshita A., Wanibuchi H., Wei M., Fukusuma Sh., Hormesis in Carcinogenity of Non-Carcinogens, J Toxicol Pathol, 19, 2006, pp.11-122 64 Calabrese E.J., Staudenmayer J.W., Stanek E.J., Hoffmann G.R., Hormesis Outperforms Threshold Model in National Cancer Institute Antitumor Drug Screening Database, Toxicological Sciences, 94(2), 2006, pp.368–378 Chemie Bützer
5.6 Gefährlichste <strong>Effekte</strong> 65 Die gefährlichsten <strong>Effekte</strong> zeigen sich dadurch, dass keine oder fast keine Regeneration möglich ist, dass also irreversible Veränderungen auftreten. Diese lassen sich für den Menschen grob wie folgt einteilen: Abbildung 54 : Irreversible toxische <strong>Effekte</strong> Ort/Wirkung Hinweise Zentralnervensystem Praktisch keine Regeneration der Nervenzellen möglich Augenlinse Schädigung bei der Bildung der Linsenfasern führt zu irreversibler Trübung Missbildungen (teratogen) Keine Erholung möglich. Zelltod bei der Organogenese kann Entwicklungsstörungen geben. Mutagenese (mutagen) Erbgutveränderungen Carcinogenese (carcinogen) Somatische Mutationen Massnahme gegen: Aufnahme über die Lunge: Abzug Aufnahme über die Haut: Handschuhe Chemie Bützer