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Vechtaer fachdidaktische Forschungen und Berichte, Heft 16.

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Diese Logik strukturiert <strong>und</strong> arrangiert mit relativer Stabilität<br />

die alltägliche Lebensführung. Dölling bezeichnet diesen<br />

Zusammenhang mit dem Begriff „Selbstverständlichkeiten“ <strong>und</strong><br />

versteht darunter solche Wertorientierungen <strong>und</strong><br />

Handlungsmuster, die ein individuelles Resultat der DDR-<br />

Sozialisation sind <strong>und</strong> die Alltagspraxis regeln“ (vgl. Dölling<br />

1998, S. 151).<br />

Zu den von ihr in den jeweiligen Biographien von Ost-Frauen<br />

herausgef<strong>und</strong>enen bedeutsamen Selbstverständlichkeiten zählt<br />

Dölling<br />

• die ganztägige qualifizierte Erwerbsarbeit,<br />

• die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie (Pendeln zwischen<br />

Berufs- <strong>und</strong> Hausarbeit),<br />

• das Gefühl der Wir-Gemeinschaft,<br />

• die tendenziell gleichberechtigte Partnerschaft,<br />

• die Minimierung der „Ernährerrolle“ des Mannes.<br />

Die tendenzielle Egalität beruhte nach Dölling auf der<br />

Selbstverständlichkeit der Berufstätigkeit beider Partner <strong>und</strong><br />

den daraus resultierenden selbstverständlichen Tätigkeiten der<br />

Männer wie Betreuung kranker Kinder, Bringen/ Abholen zu/<br />

von den Kindereinrichtungen. Erwerbsarbeit 7 galt für beide<br />

Geschlechter als selbstverständlich <strong>und</strong> gesellschaftlich<br />

notwendig. Das Negativbild „Hausfrau“ war sehr verbreitet <strong>und</strong><br />

hat sich nachhaltig ins Bewusstsein vieler Generationen<br />

eingeprägt (vgl. Dölling 1998, S. 153-160).<br />

Auch die unhinterfragte selbstverständliche koedukative<br />

Einheitsschule, die alle Eltern <strong>und</strong> Großeltern der heutigen<br />

Kindergeneration besucht hatten, prägte durchaus die<br />

subjektiven Gleichheitstheorien <strong>und</strong> damit das<br />

Erziehungsverhalten der Väter <strong>und</strong> Mütter. Dabei darf nicht<br />

übersehen werden, dass durch die fehlende Thematisierung <strong>und</strong><br />

Problematisierung der gesellschaftlichen<br />

Geschlechterverhältnisse der Blick auf das „real existierende“<br />

7 Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin-West betrug der Anteil,<br />

den berufstätige Frauen in der DDR zum Familieneinkommen leisteten, 41 % <strong>und</strong> lag damit weit höher<br />

im Vergleich zu den Verhältnissen in der BRD, wo der Anteil, den Frauen erwirtschafteten, 18 % betrug<br />

(Radke 1991, S. 4). Frauen fühlten sich nicht mehr als „Zuverdiener“. Trotzdem darf nicht übersehen<br />

werden, dass das in vielen Fällen eine außerordentliche psychische <strong>und</strong> physische Belastung der Frauen<br />

bedeutete, da vor allem sie doppelt <strong>und</strong> dreifach belastet waren durch die in vielen Familien immer noch<br />

dominierenden patriarchalen Strukturen. Die veröffentlichten <strong>Forschungen</strong> über Frauen verklärten das<br />

Bild eher, als dass sie aufklärten (vgl. Hempel 1997a). Diese „Aufklärungsarbeit“ wurde durch die<br />

Künstler, Schriftsteller <strong>und</strong> Filmemacher geleistet.<br />

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