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I. <strong>Literatur</strong><br />
„... das ‘überhaupt’ in ihrer Frage ... ermutigt mich, schlechthin Hermann H esse zuzustimmen,<br />
der 1946 schrieb:<br />
So gut einem ein Nobelpreis auf den Kopf fallen kann, so gut kann einem auch ein Dachziegel auf den<br />
Kopf fallen; letzteres kommt sogar öfter vor.<br />
Denn offenbar meint er, es habe ihn zufällig erwischt und könne unvorhersehbar jeden treffen, der<br />
sich aufhält in den Strassen der Wissenschaften, der Politik oder der <strong>Literatur</strong>. Dieser Anschein des<br />
Zufalls wird noch bekräftigt durch die Namen jener, die dem schwedischen König nicht gegenüber<br />
getreten sind, James Joyce zum Beispiel. Was die Mass-Stäbe und Verdienste angeht, so muss wohl<br />
ein jedes Mitglied der Jury sich quälen um einen Kompromiss zwischen den eigenen Ansprüchen an<br />
<strong>Literatur</strong> und dem ‘Ausgezeichnetsten in idealistischer Richtung’ im Verständnis von 1895 ...“<br />
Der <strong>Literatur</strong>-Nobelpreis 1977 ging an den spanischen Lyriker Vicente Aleixandre.<br />
„Zwei Religionen sollte man haben“<br />
169 JÜNGER, Ernst, 1895–1998. 1 e.Br.m.U. (auf der Rückseite einer Portraitphotographie)<br />
und 3 Br.m.U. Wilflingen 6.IV.1960 bis 15.VI.1985. 4 S. folio und 4o . Ein Brief schwach<br />
gebräunt. (800.—)<br />
An den Theologen Helmut Thielicke (in Hamburg).<br />
6.IV.1960. „... Dank für Ihr Trostbüchlein. Es ist für mich ... zugleich eine Bestätigung. Ich komme<br />
aus Singapur zurück, gedachte dort auch unseres unvergessenen Werner Traber, der uns damals<br />
diese schöne Reise spendete ...“<br />
27.I.1962. „... Banines Bekehrung scheint zu halten.“ (Die mit Jünger befreundete, aus Aserbaidschan<br />
stammende französische Schriftstellerin Umm-El-Banine Assadulajew war zum Katholizismus konvertiert.)<br />
„Ich überlege, ob ich dafür nicht zum Islam übertreten soll. Zwei Religionen sollte man haben –<br />
eine, die durch strenge Gesetzesbefolgung gutes Gewissen und physisches Wohlbehagen schafft, und<br />
eine andere, die dem metaphysischen Menschen volle Freiheit im Modus und in der Rangordnung der<br />
Annäherung läßt, wie die fernöstlichen Universallehren. Aber dieses Zweite schafft man sich selbst.<br />
Das Nebeneinander von Qualitäten, das Sie an ‘Strahlungen’ schockiert hat, gehört zu unserer<br />
Welt, ihrer Optik, ihrem Stil. Es kommt ein atomarer Durchschuß in die Kontradiktionen; der Papst<br />
erscheint zwischen zwei Bildern der Wochenschau. Auch ich begrüße, daß es mit Nebel wieder gut<br />
geht. Die Entfremdung lag ja weniger an mir als daran, daß er sich für mich zu stark passioniert<br />
hatte. Das bringt immer Gefahr ...“ (Nach der Veröffentlichung von „Heliopolis“ 1949 war es zu einem<br />
anhaltenden Zerwürfnis mit Gerhard Nebel gekommen.)<br />
„Herzlichen Dank auch für ‘Wie die Welt begann’ ... Besonders begrüße ich Ihre Mahnung, nicht in<br />
den Atombrand zu starren ...“<br />
2.I.1983. Nach der Entgegennahme des Frankfurter Goethepreises mit dem Dank dafür, „daß Sie im<br />
Rückblick auf die Paulskirche als Zensor gewirkt haben. Mir war entgangen, daß dort die Hochprominenz<br />
fehlte, hätte mich nicht die Kritik darauf aufmerksam gemacht. Im überfüllten Saal hatten<br />
sich Freunde versammelt – das ist mir wichtiger als das Protokoll ...“<br />
15.VI.1985. „... Herzlichen Dank für den Beleg Ihrer Kritik anläßlich des sogenannten Gedenktages<br />
der Kapitulation. Der mich betreffende Angriff war mir nicht bekannt; ich höre die politischen Sendungen<br />
nicht, habe auch anderes zu tun. Leider nimmt die Arbeit immer noch zu – ich hatte mir das Alter<br />
behaglicher vorgestellt ...“ – Auf der Rückseite einer Portraitphotographie, die Jünger vor seinem Haus<br />
in Wilflingen zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten François Mitterand zeigt.<br />
Beiliegend ein Typoskriptdurchschlag mit Aufzeichnungen von General Hans Speidel über Ernst<br />
Jünger in Paris und dessen Friedensschrift (2.IX.1946, 22 ⁄3 S. folio).<br />
„das ist ein weites Feld“<br />
170* — Br.m.U. und e. Korrekturen. Wilflingen 3.II.1974. 11 ⁄4 S. gr.-4o .Luftpostpapier. Mit<br />
Umschlag. (400.—)<br />
Inhaltsreicher Brief an den Philologen Ernst Günther Riemschneider am Keuka College, New York,<br />
der über den Schriftsteller Jochen Klepper arbeitete.<br />
„... Ja, es stimmt, daß der Roman Jochen Kleppers“ („Der Vater. Roman des Soldatenkönigs“, 1937) „in<br />
der Wehrmacht viel gelesen wurde; ich erinnere mich an Gespräche, die darüber innerhalb des Pariser<br />
Stabes geführt wurden. Vom tragischen Schicksal des Autors erfuhr ich erst lange nach dem Krieg.<br />
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