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„pogromähnliche Transporte“<br />
179* KLEPPER, Jochen, 1903–1942 (Freitod). E.Br.m.U. „Euer Jochen“. O.O. (Ostfront,<br />
Feldpostnummer 28320) 18.VII.1941. 2 S. gr.-4o , eng beschrieben. Minimale Läsuren.<br />
(1.200.—)<br />
Aus dem Feld an seine Ehefrau Johanna geb. Gerstel, vier Wochen nach Beginn des Krieges gegen die<br />
Sowjetunion.<br />
„... Jetzt ist ein Teil von uns schon wieder unterwegs; wir sitzen mit gepackten Sachen da, und ich<br />
fahre mit einigen anderen mit einem Auto nach ... Wenn es, wie jetzt, in Tagen der Rast möglich war,<br />
wieder einmal alle Sachen in Ordnung zu bringen, liebt man ja eigentlich die Veränderung mehr als<br />
die Beharrung. Denn was sollte uns halten. Man will nur vorwärts, weil hinter dem Vorwärts schließlich<br />
und endlich einmal die Heimkehr steht.<br />
Die neue Sprache ist sehr schwer zu erlernen. Aber in diesen hier noch anders besiedelten Gebieten<br />
habe ich sie auch noch nicht gebraucht. Es ist ja jetzt auch ganz anders als in meiner Quartiermacherzeit<br />
...<br />
Alexander, der noch eine Weile auch im neuen Lande mit uns ging, erzählte mir, daß pogromähnliche<br />
Transporte mit Erschießungen und Mißhandlungen in unserer Nähe stattgefunden hätten ...“<br />
Im Folgenden entwirft er einen detaillierten Plan zu der ihm übertragenen Dokumentation des Feldzugs<br />
unter dem Gesichtspunkt des Nachschubs und schließt mit volkskundlichen Eindrücken: „In<br />
diesen Dörfern ist das Zentrum jedes Hauses der Ofen: Schlafstätte, Feuerstelle, Sitzplatz. Naive,<br />
reizvollste Volkskunst. Unerschöpfliche Phantasie der Formen und Bemalung. Ich lasse photographieren.<br />
Von höchster Theaterwirksamkeit. Starker Ausdruck des Psychischen.“<br />
Klepper war im Dezember 1940 zur Wehrmacht eingezogen worden; schon im Oktober 1941 wurde er<br />
als wehrunwürdig – wegen seiner Ehe mit einer Jüdin – entlassen. Als im Dezember 1942 die Deportation<br />
seiner Frau und seiner jüngeren Stieftochter unmittelbar bevorstand, nahm sich Klepper<br />
gemeinsam mit seiner Familie das Leben.<br />
Beiliegend ein Gedichttyposkript („Der verlorene Sohn“) mit eigenh. Motto („Dieser mein Sohn war<br />
tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. / Die Bibel“); 1 S.<br />
folio.<br />
Autographen dieses bedeutenden geistlichen Lyrikers sind im Handel von größter Seltenheit.<br />
„im Café Landtmann“<br />
180* KRAUS, Karl, 1874–1936. E. Postkarte m.U. „K.K.“ (Wien), zwischen November 1900<br />
und Oktober 1902. Leicht fleckig und gebräunt; Knickspuren. (250.—)<br />
72<br />
I. <strong>Literatur</strong><br />
An den Schriftsteller Emil Robert Blazincic in Wien.<br />
„... ich war seinerzeit gegen 3 /410 Uhr im Café Landtmann, traf Sie aber nicht ... Ich hatte in der letzten<br />
Zeit so übermäßig viel zu thun, daß ich an die Festsetzung einer Zusammenkunft nicht denken<br />
konnte. Die Sache, in der Sie mit mir sprechen wollen, scheint indes eine sehr wichtige und die Unterredung<br />
nicht länger aufschiebbar. Wollen Sie also die Freundlichkeit haben, mich heute 1 /29 – 9 Uhr<br />
I. Elisabethstr. 4 (früher Maximilianstr. 13) zu besuchen? ...“<br />
Im November 1900 hatte Kraus die elterliche Wohnung in der Maximilianstraße verlassen und seine<br />
erste eigene Wohnung in der Elisabethstraße bezogen.