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I. <strong>Literatur</strong><br />
12.I.1948. Über seinen kürzlich erschienenen Roman „Doktor Faustus“. „... Ich weiss nicht<br />
was es ist mit diesem Buch, aber nie habe ich begieriger und gespannter auf das Echo eines Werkes<br />
gelauscht, und die Stimme eines Künstlers von Ihrem Feingefühl in aesthetischen und moralischen<br />
Dingen muss mir von beruhigender Wichtigkeit sein.<br />
Tatsächlich habe ich viel zu lauschen: die lesende Schweiz ist ganz aufgewühlt, und selbst hier schon<br />
hat das Werk einen eigentümlichen Ruf. Ich habe mit Früherem manche Wirkung hervorgebracht,<br />
aber zum ersten Mal geschieht es, dass ich Tränen sehe in den Augen meiner Leser. Es darf mich kaum<br />
wundern. Mir selbst ist dies Buch nahe gegangen und hat an mir gezehrt wie kein anderes ...“<br />
208* — Br.m.U. Flims 19.VII.1947. 11 /3 S. folio. Gelocht und etwas brüchig, Rand- und Faltenschäden.<br />
(500.—)<br />
An den Kaufmann Rudolf Fleischmann (in Prag).<br />
„... Ich habe in Zürich am PEN-Club Kongress teilgenommen und bei dieser Gelegenheit den Vortrag<br />
über N i e t z s c h e auf Deutsch gehalten, den ich englisch schon in Washington, New York und London<br />
hielt. Von hier gehen wir auf ein paar Wochen nach Holland und werden von dort die Rückreise<br />
nach Amerika auf einem holländischen Schiff antreten, England also für diesmal nicht mehr<br />
berühren.<br />
... Ich werde nie vergessen, dass Sie seinerzeit die Anregung zu meiner und meines Bruders Einbürgerung<br />
in der Tschechoslovakei gegeben haben und ebenso wenig unseren an freundlichsten Eindrücken<br />
so reichen Besuch in Prosec. Mit verschiedenen Persönlichkeiten Ihres Heimatlandes stehe<br />
ich immer in brieflichem Kontakt und hatte seinerzeit vom Präsidenten Benes einen höchst reizenden<br />
Brief gelegentlich meiner Einbürgerung in Amerika, wegen der ich ihm meine Erläuterungen<br />
gegeben hatte. Meine Tochter Erika befindet sich gerade jetzt in Prag und hat uns von einem äusserst<br />
interessanten Gespräch mit dem Präsidenten berichtet. Wenn der Welt auch nur das Mass von Frieden<br />
bleibt, das ihr jetzt gegönnt ist, so hoffen wir nächstes Jahr bestimmt wieder nach Europa zu<br />
kommen und dann den Besuch in Prag, der diesmal nicht möglich war, nachzuholen ...“<br />
209 — MANN, Katharina (Katia), geb. Pringsheim, seine Ehefrau, 1883–1980. 2 e.Br.m.U.<br />
und 1 Br.m.U. Kilchberg und Orinda, Kalif. 30.X. bzw. 20.XI.1954 und 8.VI.(?)1967. 1 S.<br />
folio und 2 S. gr.-8o . Auf Luftpostpapier. Mit 3 Umschlägen. (400.—)<br />
An die Zeichnerin Eva Herrmann („Gemme“), die sie u.a. bittet, sich um in Kalifornien anfallende<br />
Post zu kümmern. Katia Mann hatte beim Umzug nach Zürich deren Anschrift als Nachsendeadresse<br />
angegeben.<br />
Kilchberg 30.X.1954. „... Da wir über zwei Jahre fort sind und so gut wie nie Post aus Pacific Palisades<br />
bekamen, war ich der Meinung, dass nur ganz ausnahmsweise etwas für uns dorthin gelange,<br />
und die unautorisierte Angabe Deiner Adresse für Dich keinerlei Belastung bedeuten könne. Nun<br />
stellt sich heraus, dass ständig etwas kommt ...<br />
– Bei uns geht es immer gleichmässig leidlich, wie man es eben im hohen Alter verlangen kann. Zur<br />
Zeit sind wir ganz allein, da Eri in München einen Filmjob hat ... D e r ‘ H ochstapler’ scheint ein<br />
grosser Erfolg zu sein, was ja erfreulich ist, nur weiss man nicht, wie weit B e r mann uns um die<br />
Früchte bringt. Heute geht ein Exemplar an Dich ab ...“<br />
Orinda, 1967. Von einer Amerikareise. „... Ich bin seit sechs Tagen bei Bibis“ (ihr jüngster Sohn Michael<br />
und dessen Frau Gret), „von der guten Medi“ (ihre jüngste Tochter Elisabeth, Thomas Manns<br />
Lieblingskind) „auf beiden angenehmen Flügen betreut ... sie haben es ja wirklich wunderhübsch<br />
hier, und sie sind reizende Wirte ... Das ganze kühne Abenteuer liess sich dadurch ermöglichen, dass<br />
ich hierher von Medi beschützt fliegen konnte, und auf dem Rückflug von Gret, die ihren alten Vater<br />
besuchen will ...“<br />
Beiliegend ein Br.m.U. von Golo M ann (Claremont, wohl 1948, mit Umschlag); ebenfalls an Eva H.,<br />
eine Verabredung betreffend, sowie ein Telegramm (Zürich 1958) von ihm an dieselbe.<br />
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