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I. Literatur - J.A. Stargardt

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I. <strong>Literatur</strong><br />

173 KASCHNITZ, Marie Luise Freifrau von, geb. von Holzing-Berstett, 1901–1974. E. Schriftstück<br />

m.U. Frankfurt a.M. 16.I. o.J. 1 S. gr.-8o . Kleiner Faltenriß. (120.—)<br />

„Die geheimnisvollen Laute, die man zu hören bekommt wenn man eine Strecke weit in einem mit<br />

einer Funkanlage ausgestatteten Taxi fährt, helle Pieptöne, kurze, lange, kurze, manchmal auch<br />

Worte, deren Bedeutung man nicht versteht …“<br />

174 KASSNER, Rudolf, 1873–1959. E.Br.m.U. Genf 6.VII.1946. 1 S. folio. Gelocht. Kleine<br />

Randschäden (Ausriß), etwas unfrisch. (180.—)<br />

An einen Herrn, der sich bei ihm nach Hans C a r o s s a erkundigt hatte.<br />

„... Ich kenne Carossa persönlich nicht; als mir aber durch die Schriftthumkammer Berlin das Publicieren<br />

von Büchern, Schreiben von Zeitungsartikeln bei Strafe verboten wurde und Carossa davon<br />

hörte, hat er mir sofort seine Intervention bei der genannten Kammer angetragen und ist nur davon<br />

abgestanden, da ich ihn dringend bat, es nicht zu thun. Desgleichen bat er mich, auch sonst seine<br />

Hilfe in Anspruch zu nehmen, sollte ich einer solchen im Kampf gegen die Behörden von damals<br />

benöthigen. Ich glaube auch, dass ich es ihm verdanke, wenn ich nicht aus meiner Wohnung heraus<br />

musste ...“<br />

Beiliegend eine e. Postkarte m.U. Kassners (Sierre 1932).<br />

Der imaginäre Großvater<br />

175* KELLER, Gottfried, 1819–1890. E.Br.m.U. Zürich 15.XI.1873. 4 S. gr.-8o . Stellenweise<br />

schwach gebräunt. Mit frankiertem Umschlag. (4.000.—)<br />

Humorvoller Brief an die Schauspielerin Henriette Eller, die er zusammen mit ihrer Tochter Marie<br />

im Sommer des Jahres am Mondsee im Salzkammergut kennengelernt hatte. Kellers Freundin Marie<br />

Exner (seit 1874 Ehefrau des Chirurgen Anton von Frisch), die ebenfalls zu der vergnügten Gesellschaft<br />

am Mondsee gehört hatte, veranlaßte die mit diesem Brief beginnende Korrespondenz.<br />

„... Fräulein Exner ist so gut gewesen, mir Nachricht aus Wien zu geben und hat mich hiebei aufgestiftet,<br />

auch einmal an Sie zu schreiben. Wenn ich Ihnen damit lästig falle, so halten Sie sich an die<br />

schlimme Urheberin des Attentats. Ich habe auch Ihnen für erfahrene Freundlichkeit angelegentlich<br />

& herzlich zu danken und bitte auch die Fräulein Marie, meine siegreiche Rivalin im Kegelschieben,<br />

bestens zu grüßen. Ich habe die schöne schwarze Geldbörse, die sie mir geschenkt, sorglich aufbewahrt;<br />

das undeutliche Lorbeerkränzchen entspricht immer köstlicher der Undeutlichkeit meiner<br />

Renommée, kurz alles ist in bester Ordnung. Aber wie geht es Ihnen? ... Was mich betrifft, so habe<br />

ich mich reichlich mit guten Flanellsachen versehen, auch ein paar dicke Pelzhausstiefel machen lassen<br />

und huste und geifere bis jetzt nur mäßig. Ein schönes schweres Schwein ist geschlachtet, auch<br />

ein hinlängliches Sauerkraut eingethan, so daß ich auf Weihnachten die Schaar meiner Enkelkinder<br />

muthig erwarten kann.“ – Bekanntlich war Gottfried Keller nie verheiratet.<br />

„Ist so das Leibliche nach Umständen leidlich bestellt, so fehlt es auch dem moralischen Dasein, nach<br />

Maßgabe der Jahre und unwürdigen Verdienstes, nicht an mancherlei aufmunternder Förderung. Es<br />

ist mir die Präsidentschaft des Schutzaufsichtsvereins für entlassene Sträflinge übertragen worden;<br />

ferner habe ich das Quästorat des Vereins gegen Thierquälerei übernommen, fürchte aber, ich werde<br />

die Kosten selbst tragen müssen bei der Nachlässigkeit der Mitglieder; und doch sollte gerade dieser<br />

Verein seine Wirksamkeit nicht aufgeben namentlich im Hinblick auf das um sich greifende unverantwortliche<br />

Schinden wehrloser Esel. Aber nicht nur Vorsteher, sondern auch Gegenstand der Thätigkeit<br />

rühmlicher Vereine bin ich geworden. Nachdem ich der Gesellschaft für Belohnung alter treuer<br />

Dienstboten den sel. Hinschied meiner Herrschaft, der Leidenschaft, angezeigt, bin ich für 54jährige<br />

treue Knechtesdienste mit einer silbernen Tabatière prämirt worden, mit welcher ich mich jetzt in<br />

die Beschaulichkeit zurückziehe. Ich habe auch bereits ein gutes Schnupftabakrecept, welches ich<br />

Ihnen mittheile: zwei Drittheile Macuba, ein Drittel rapé double fin de Versailles und drei frische<br />

Cacaobohnen (aber nicht mehr!) dazwischen gelegt, ich sag’ Ihnen! Den Tabakvorrath conservirt<br />

man jetzt nicht mehr in alten Bierkrügen, sondern in hermetischen englischen Theebüchsen und man<br />

stellt diese am besten in einem kühlen Zimmer hinter das Fenster, ja nicht in den Keller. Statt der<br />

Cacaobohnen können Sie auch ein bischen Vanille nehmen als Dame, aber mit höchster Vorsicht ...“<br />

Der von Keller noch nach Mannheim adressierte Brief wurde nach München weitergeleitet. – Helbling<br />

Band 2 Nr. 249 (Schreibweise und Zeichensetzung modernisiert; kleine Lesefehler gehen wohl auf<br />

Baechtold zurück). – Siehe die Abbildung auf Seite 71.<br />

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