NEUBAU UND SANIERUNGDie Waldsiedlung Zehlendorf trägt ihren Namen nicht ohne Grund: Zahlreiche Kiefern geben <strong>de</strong>r Wohnanlage ihr GeprägeWohnen <strong>im</strong> <strong>Denkmal</strong>Generationenwechsel in <strong>de</strong>r Waldsiedlung:Das <strong>Taut</strong>-<strong>Denkmal</strong> lockt Familien anZu <strong>de</strong>n sechs Berliner Siedlungen <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne auf <strong>de</strong>r UNESCO-Welterbeliste gehört sie nicht. Trotz<strong>de</strong>merfreut sich die vom berühmten Architekten Bruno <strong>Taut</strong> geplante Waldsiedlung Zehlendorf großerBeliebtheit. Auch die Deutsche Wohnen AG als Eigentümerin ist stolz auf ihr Schmuckstück – und saniert es<strong>de</strong>rzeit so, dass sich das Äußere <strong>de</strong>r Siedlung wie<strong>de</strong>r seinem Originalzustand annähert.Christian Hunzikerfreier ImmobilienjournalistBerlinMan sieht es <strong>de</strong>r Erdgeschosswohnung in <strong>de</strong>r Riemeisterstraßein Berlin-Zehlendorf an, dass sie seitJahrzehnten nicht mehr gründlich saniert wor<strong>de</strong>nist. Die beste Zeit <strong>de</strong>r Tapeten liegt lange zurück,das Bad dürfte aus <strong>de</strong>n siebziger Jahren stammen,und am liebsten wür<strong>de</strong> man sofort sämtliche Fensteraufreißen. Und doch ist nicht zu übersehen,welche Wohnqualität die rund 70 m 2 große Dreiz<strong>im</strong>merwohnungeigentlich bietet: effizienterGrundriss, Balkon, ruhige Lage in <strong>de</strong>r Nähe einesU-Bahnhofs – mehr kann man vom Wohnen in <strong>de</strong>rStadt kaum erwarten. Hinzu kommt die Tradition<strong>de</strong>r Wohnanlage, zu <strong>de</strong>r die Einheit in <strong>de</strong>r Riemeisterstraßegehört. Die Waldsiedlung Zehlendorfwur<strong>de</strong> zwischen 1926 und 1932 nach Plänen vonBruno <strong>Taut</strong>, Otto Rudolf Salvisberg und HugoHäring errichtet. Über 1.900 Einheiten – etwa1.100 Geschosswohnungen und 800 Reihenhäuser– entstan<strong>de</strong>n damals <strong>im</strong> Umfeld <strong>de</strong>s U-BahnhofsOnkel Toms Hütte. Die <strong>de</strong>nkmalgeschützteSiedlung heißt <strong>de</strong>shalb auch Onkel-Tom-Siedlungo<strong>de</strong>r (bezogen auf <strong>de</strong>n nördlichen Teil mit <strong>de</strong>n Reihenhäusern)Papageiensiedlung. Dieser Begriff22 <strong>12</strong> | <strong>2013</strong>
Quelle: Deutsche Wohnen AG, Foto: Anja Steinmannleitet sich von <strong>de</strong>n auffälligen Farben her, die <strong>Taut</strong>für die von ihm entworfenen Gebäu<strong>de</strong> wählte. DieRekonstruktion <strong>de</strong>r ursprünglichen Farbigkeit isteine <strong>de</strong>r Aufgaben, die sich die Deutsche WohnenAG <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeit laufen<strong>de</strong>n Sanierungvorgenommen hat. Dabei frischt sie nicht nur dieFassa<strong>de</strong>n auf, son<strong>de</strong>rn auch die Treppenhäuser. Eines<strong>de</strong>r neu gestalteten Treppenhäuser führt EikePetersen vor, die als Architektin bei <strong>de</strong>r DeutscheWohnen AG die Sanierung <strong>de</strong>r Siedlung betreut: Inzarten Blautönen erstrahlt das Treppenhaus, dasvorher einen „Kunststoffputz in schäbigem Grau“(Petersen) aufwies.Begehrt bei FamilienPetersen kennt die Siedlung nicht nur als Architektin,son<strong>de</strong>rn auch als Bewohnerin – seit 13Jahren wohnt sie nämlich in <strong>de</strong>r Waldsiedlung.Und sie ist ganz begeistert von <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>rmittlerweile über 80 Jahre alten Wohnungen:„Die Grundrisse sind opt<strong>im</strong>iert und die Räumemin<strong>de</strong>stens 2,70 m hoch, und alle Wohnungensind hell.“ Zu<strong>de</strong>m schätzt sie, dass viele Detailsin <strong>de</strong>n Wohnungen erhalten geblieben sind. „Ineinigen Wohnungen gibt es sogar noch die originalenEinbauküchen von Bruno <strong>Taut</strong>“, sagt Petersen.„Überhaupt hatten die Wohnungen damals einetolle Ausstattung.“Diese Qualitäten wer<strong>de</strong>n auch heute noch geschätzt.„Leerstand gibt es in <strong>de</strong>r Waldsiedlungso gut wie nicht“, stellt Julian Pinnig von <strong>de</strong>r Unternehmenskommunikation<strong>de</strong>r Deutsche WohnenAG fest. Nach<strong>de</strong>m lange vor allem ältere Menschenin <strong>de</strong>r Siedlung gewohnt haben, zieht es mittlerweileauch viele jüngere Familien nach Zehlendorf.„Es fin<strong>de</strong>t gera<strong>de</strong> ein Generationenwechsel statt“,konstatiert Eike Petersen.Das hat die für die Eigentümergesellschaft erfreulicheFolge, dass sie die Miete in <strong>de</strong>r Waldsiedlungkräftig steigern kann. Die Durchschnittsmietebeziffert Julian Pinnig auf 6,95 €/m 2 ; die Neuvertragsmietehingegen liegt um über ein Viertelhöher und beträgt 8,83 €/m 2 – wobei zu berücksichtigenist, dass die zur Vermietung stehen<strong>de</strong>nWohnungen <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Sanierungauf einen höheren Standard gebracht wer<strong>de</strong>n.Insgesamt gehören <strong>de</strong>r Deutsche Wohnen AG in<strong>de</strong>r Waldsiedlung 789 Geschosswohnungen. DieReihenhäuser nördlich <strong>de</strong>r U-Bahn-Trasse wur<strong>de</strong>nschon vor vielen Jahren einzeln an Eigennutzerverkauft.Neue Anfor<strong>de</strong>rungenDie Ansprüche <strong>de</strong>r neuen Bewohner stellen <strong>de</strong>nVermieter allerdings auch vor neue Aufgaben.Denn die ursprünglichen Grundrisse <strong>de</strong>r Wohnungenentsprechen nur sehr bedingt <strong>de</strong>n Ansprüchenheutiger Familien. <strong>Taut</strong>, Salvisberg undHäring planten <strong>im</strong> Wesentlichen Zweieinhalbz<strong>im</strong>merwohnungenmit rund 55 m 2 und Dreiz<strong>im</strong>merwohnungenmit rund 70 m 2 . Um auch Familienmit mehr Platzbedarf ein Angebot unterbreitenzu können, legt die Deutsche Wohnen AG jetzt in<strong>de</strong>r Riemeisterstraße übereinan<strong>de</strong>rliegen<strong>de</strong> Dreiz<strong>im</strong>merwohnungenzu Maisonette-Einheiten mitdann rund 140 m 2 Wohnfläche zusammen – mitgroßem Erfolg: „Die Nachfrage durch Familien istenorm“, sagt Petersen.Eine weitere Herausfor<strong>de</strong>rung stellt <strong>de</strong>r Umgangmit <strong>de</strong>n Gewerbeflächen dar. Auch hier fin<strong>de</strong>nsich kreative Lösungen. In <strong>de</strong>r Riemeisterstraßebeispielsweise sticht eine Einheit ins Auge, auf <strong>de</strong>rin Großbuchstaben <strong>de</strong>r Schriftzug „Frisierkunst“steht. Sie ist wie<strong>de</strong>r vermietet, erzählt Eike Petersen– aber nicht etwa an einen Friseur, son<strong>de</strong>rnan einen Architekten, <strong>de</strong>r ganz begeistert ist vomSchriftzug. Eine an<strong>de</strong>re Gewerbeeinheit wird jetztvon einer zweisprachigen Kin<strong>de</strong>rtagesstätte genutzt.Keine Wärmedämmung möglichInsgesamt investiert die Deutsche Wohnenzwischen 2011 und <strong>2013</strong> knapp 9 Mio. € in dieSanierung <strong>de</strong>r Waldsiedlung; dies entspricht<strong>12</strong> | <strong>2013</strong>23