Jahresbericht 2015_final_2_web
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ten an öffentlichen Flächen in zunehmendem Umfang auf<br />
Anlieger zu übertragen. Dieser Versuchung erlagen im Berichtszeitraum<br />
auch zwei Thüringer Gemeinden: Durch eine<br />
entsprechende Bestimmung in ihrer Straßenreinigungssatzung<br />
bezogen sie kommunale Grünflächen, die sich vor<br />
den jeweiligen Anliegergrundstücken zwischen Gehweg<br />
und Straße befanden, kurzerhand in den von den Anliegern<br />
zu reinigenden Bereich mit ein und legten den Anwohnern<br />
entsprechende Mäh- und Grünschnittarbeiten<br />
auf. Hiergegen wandten sich mehrere Anlieger und baten<br />
den Bürgerbeauftragten um Hilfe.<br />
Dieser klärte die Rechtslage: Satzungsgebung gehört zwar<br />
unzweifelhaft zum Bereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie<br />
und die Kommunen besitzen im Rahmen<br />
der ihnen zukommenden Satzungsautonomie bei der inhaltlichen<br />
Gestaltung ihrer Satzungen einen großen Einschätzungs-,<br />
Wertungs- und Gestaltungsspielraum. Satzungsgebung<br />
stellt jedoch materiell Verwaltungstätigkeit<br />
dar und ist deshalb allen Bindungen der Verwaltung i. S. d.<br />
Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz (GG) unterworfen. Aus<br />
dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich insoweit auch, dass<br />
Satzungen den Erfordernissen der Rechtsrichtigkeit genügen<br />
müssen.<br />
Sowohl die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung<br />
als auch die juristische Fachliteratur gehen in der gegebenen<br />
Konstellation jedoch übereinstimmend davon aus,<br />
dass sich die Ermächtigung in den Straßengesetzen der<br />
Länder zur Übertragung der Reinigungspflicht auf die Anlieger<br />
nur auf Reinigungsarbeiten bezieht. Reinigung bedeutet<br />
aber die Beseitigung von nicht auf eine Straße/einen<br />
Gehweg gehörenden Stoffen. Mäh- oder Grünschnittarbeiten<br />
auf straßennahen kommunalen Flächen<br />
sind demgegenüber Pflegearbeiten. Diese dürfen nicht<br />
auf die Anlieger übertragen werden, sondern müssen von<br />
der Gemeinde selbst erledigt werden!<br />
Mit der dargelegten Argumentation wandte sich der Bürgerbeauftragte<br />
daher an beide Gemeinden und regte<br />
dringend entsprechende Satzungsänderungen an. Auf<br />
Grund dieser Intervention änderte eine der beiden Gemeinden<br />
bereits ihre Straßenreinigungssatzung. Die Anwohner,<br />
die sich an den Bürgerbeauftragten gewandt<br />
hatten, waren froh, nun nicht mehr auch noch den gemeindlichen<br />
Rasen mit mähen zu müssen.<br />
Die Entscheidungsfindung in der zweiten betroffenen Gemeinde<br />
war zum Ende des Berichtsjahres zwar noch nicht<br />
abgeschlossen. Aber der Bürgerbeauftragte hofft auch in<br />
diesem Fall auf eine rechtskonforme Lösung!<br />
74