Jahresbericht 2015_final_2_web
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echt). Ausländische Mitbürger dürfen eine Ehe in<br />
Deutschland aber grundsätzlich nur dann eingehen, wenn<br />
sie ein sog. Ehefähigkeitszeugnis, ausgestellt von ihrem<br />
Heimatstaat, vorlegen. In dem Ehefähigkeitszeugnis wird<br />
bescheinigt, dass der beabsichtigen Eheschließung nach<br />
den Gesetzen des Heimatstaates kein Ehehindernis entgegensteht.<br />
Da viele Staaten ein solches Zeugnis nicht<br />
ausstellen oder die Bescheinigungen nicht den gesetzlichen<br />
Anforderungen in Deutschland entsprechen, bedürfen<br />
Staatsangehörige dieser Staaten dann aber der „Befreiung<br />
von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses“<br />
(§ 1309 BGB 7 ). Für die Erteilung der Befreiung sind die Präsidenten<br />
der Oberlandesgerichte (OLG) zuständig. Die<br />
Schwierigkeit im hier vorliegenden Fall ergab sich nun daraus,<br />
dass dem Antrag zur Befreiung der Beibringung des<br />
Ehefähigkeitszeugnisses verschiedene Urkunden (z.B. Reisepass,<br />
Zivilregisterauszug usw.) im Original beigefügt werden<br />
müssen. Der Bürger aber, der seit geraumer Zeit als<br />
Flüchtling in Thüringen lebt, war hierzu jedoch nicht im<br />
Stande.<br />
Dem Bruder des Betroffenen war es zwar – teilweise unter<br />
erheblicher Gefahr für Leib und Leben - gelungen, einen<br />
Großteil der benötigten Unterlagen in dem von Bürgerkrieg<br />
zermürbten Heimatland zu besorgen, so dass diese<br />
im Original mit einer deutschen Übersetzung und von der<br />
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland legalisiert vorgelegt<br />
werden konnten. Für die Antragstellung beim OLG<br />
fehlte dem Bürger aber noch sein Reisepass. Diesen jedoch<br />
hatte er beim Stellen seines Asylantrages beim Bundesamt<br />
für Migration und Flüchtlinge abgeben müssen.<br />
Vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte<br />
der Bürger deshalb zwar eine beglaubigte Kopie seines<br />
Reisepasses erhalten, zwischenzeitlich war die Gültigkeitsdauer<br />
des Reisepasses aber abgelaufen. Aus diesem<br />
Grund wurde der Antrag auf Befreiung von der Beibringung<br />
des Ehefähigkeitszeugnisses durch das Thüringer<br />
OLG abgelehnt und dem Bürger eine Frist zur Beibringung<br />
eines gültigen Reisepasses eingeräumt.<br />
7<br />
§ 1309 Ehefähigkeitszeugnis für Ausländer<br />
(1) Wer hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung vorbehaltlich des Artikels 13 Abs. 2<br />
des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ausländischem Recht unterliegt, soll<br />
eine Ehe nicht eingehen, bevor er ein Zeugnis der inneren Behörde seines Heimatstaats darüber<br />
beigebracht hat, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis<br />
entgegensteht. Als Zeugnis der inneren Behörde gilt auch eine Bescheinigung, die von einer<br />
anderen Stelle nach Maßgabe eines mit dem Heimatstaat des Betroffenen geschlossenen<br />
Vertrags erteilt ist. Das Zeugnis verliert seine Kraft, wenn die Ehe nicht binnen sechs Monaten<br />
seit der Ausstellung geschlossen wird; ist in dem Zeugnis eine kürzere Geltungsdauer angegeben,<br />
ist diese maßgebend.<br />
(2) Von dem Erfordernis nach Absatz 1 Satz 1 kann der Präsident des Oberlandesgerichts, in<br />
dessen Bezirk das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet worden ist, seinen Sitz<br />
hat, Befreiung erteilen. Die Befreiung soll nur Staatenlosen mit gewöhnlichem Aufenthalt im<br />
Ausland und Angehörigen solcher Staaten erteilt werden, deren Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse<br />
im Sinne des Absatzes 1 ausstellen. In besonderen Fällen darf sie auch Angehörigen<br />
anderer Staaten erteilt werden. Die Befreiung gilt nur für die Dauer von sechs Monaten.<br />
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