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Digitale Mehrwerte _Hrsg. Lars M. Heitmueller_26092015

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Neulich zu Weihnachten.<br />

Oder: Wie hört man im<br />

Jahr 2015 Musik?<br />

Es ist noch gar nicht so lange her, es war zu Weihnachten, da<br />

habe ich meine Oma besucht. Die ganze Familie hatte sich<br />

zum traditionellen Weihnachtsessen versammelt. Meine Oma<br />

hat wie immer für eine ganze Kompanie gekocht, es gab Gans<br />

mit Rotkohl und Klößen. Während wir gemütlich beisammen<br />

saßen, hat meine Großmutter von dem Weihnachtsgeschenk<br />

ihres Verehrers geschwärmt. Meine Neugier war natürlich sofort<br />

aktiviert und ich wollte sehen, was sie tolles bekommen<br />

hat.<br />

Ich dachte ganz klassisch, sicher ist eine Kette, Ohrringe<br />

oder ein hübscher Schal. Aber nein, weit gefehlt. Bei dem Geschenk<br />

handelt es sich um eine sogenannte Nostalgie Musikanlage<br />

mit Plattenspieler, Radio, CD-Player, Kassettendeck<br />

und USB-Anschluss. Aufnahmen von Platten, CDs und MCs<br />

auf USB sind auch möglich. Mein erster Gedanke war, wer<br />

bitte kauft sich heutzutage noch eine Musikanlage mit Plattenspieler<br />

und Kassettendeck?<br />

Dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los. Zu Hause habe<br />

ich das Gerät erst mal gegoogelt und war erschrocken, wie<br />

teuer so eine Anlage<br />

ist und habe mich<br />

noch mehr darüber<br />

gewundert, warum<br />

man sich solch eine<br />

Anlage kauft. Ich<br />

dachte, wir leben im<br />

digitalen Zeitalter und<br />

Musik wird heute vor<br />

allem gestreamt oder<br />

als digitale Version<br />

gekauft. Nach einer<br />

Woche hatte ich die<br />

Geschichte wieder<br />

vergessen und beschäftigte<br />

mich mit<br />

anderen Dingen.<br />

Doch Anfang 2015<br />

überraschte mich folgende Headline auf Spiegel Online:<br />

„Vinyl-Comeback: Schallplatten-Verkäufe in den USA steigen<br />

um 50 Prozent.“ Der Artikel berichtet vom gigantischen<br />

Comeback der Schallplatte. Vor allem in den USA, aber<br />

auch in Deutschland, stieg der Absatz rapide an. Die Zeiten,<br />

in denen man Vinyl für ausgestorben erklärte, sind vorbei.<br />

Der Trend lasse sich besonders gut am größten Musikmarkt<br />

der Welt, den USA, ablesen. 2014 wurden gut 9,2 Millionen<br />

Schallplatten verkauft, das bedeutet einen Anteil von sechs<br />

Prozent am Gesamtmarkt. Solche Wachstumstendenzen lassen<br />

sich auch in Deutschland beobachten. Gleichzeitig sinkt<br />

der Absatz von CDs und die Nutzung von Streaming-Diensten<br />

nimmt zu.<br />

Das Fazit: 2015 hört man Musik, wie man will. Ob digital via<br />

Streaming-Anbieter oder analog via Schallplatte. Und wie sehen<br />

mögliche Trends für die Zukunft aus?<br />

Die erste These: Die CD verliert ihre Rolle als wichtigster<br />

Tonträger für die Musikindustrie. Vielleicht stirbt sie völlig aus<br />

oder andere, neue Medien nehmen zunehmend ihre Position<br />

im Musikmarkt ein. Die zweite These: Auch der Musikdownload<br />

verliert an Bedeutung. Die Vermutung dahinter ist ganz<br />

simpel. Denn wenn die Netze immer schneller werden und<br />

immer mehr Musiktitel online sind, ist es nicht mehr sinnvoll<br />

diese auf ein Speichermedium herunterzuladen. Und die dritte<br />

und letzte These: Musik<br />

hört man im Abo. Die<br />

Zukunftsaussichten von<br />

werbefinanzierten Streaming-Diensten<br />

scheinen<br />

schlecht. Vielmehr<br />

wird es für den Musikfan<br />

geschnürte Gesamtpakete<br />

geben. Nach dem<br />

Motto: ich kaufe mir ein<br />

neues Smartphone und<br />

erhalte mit meinem monatlichen<br />

Tarif automatisch<br />

Zugang zu einem<br />

Streaming-Dienst.<br />

Übrigens morgen hat<br />

meine Oma Geburtstag. Ich schenke ihr eine Schallplatte.<br />

Kerstin Bogott<br />

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