Digitale Mehrwerte _Hrsg. Lars M. Heitmueller_26092015
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dem Lebensalter sinkt, erhofft sich der Bezirk, dass die App<br />
zumindest einige Betroffene dazu bringen kann, frühzeitig Hilfe<br />
in Anspruch zu nehmen.<br />
Um die finanzielle Zweckmäßigkeit der App für die Allgemeinheit<br />
zu belegen, verweisen die Hersteller auf Zahlen des<br />
Nationalen Zentrums frühe Hilfen (NZFH), denen zufolge ein<br />
einzelner Mensch mit problematischer Entwicklung im Laufe<br />
seines Lebens mehr als eine Million Euro an Sozialkosten verursachen<br />
kann.<br />
Dieser Summe stehen Kosten von nur 34.000 Euro entgegen,<br />
falls schon kurz nach der Geburt oder sogar während der<br />
Schwangerschaft Sozialarbeiter und Pädagogen unterstützend<br />
eingreifen.<br />
Welche Nachteile könnte die Digitalisierung haben?<br />
Der Datenschutz muss stets gewahrt bleiben. Dieses sensible<br />
Thema ist nicht zu unterschätzen, sowohl aus Gründen<br />
der Kriminalitätsprävention (Schutz vor Phishing) als auch<br />
des Persönlichkeitsschutzes der Anwenderinnen und Anwender.<br />
Es darf etwa nicht passieren, dass vertrauliche Daten einer<br />
Behörde auf einem Server im Ausland landen, sollte beispielsweise<br />
via Facebook miteinander kommuniziert werden.<br />
Auch ist seitens der Verwaltung stets an diejenigen Bürgerinnen<br />
und Bürger zu denken, die mit den technischen Möglichkeiten<br />
unserer Zeit weniger gut vertraut sind. Die öffentliche<br />
Verwaltung muss für alle Menschen gleich gut ansprechbar<br />
sein. „Digital Natives“ dürfen andere nicht abhängen, digitale<br />
Anwendungen wie Apps sind daher stets als Ergänzung des<br />
bestehenden Angebotes, nicht jedoch als eine Form von Ersatz<br />
zu sehen.<br />
Wie hoch würden Sie den Grad der Digitalisierung einschätzen?<br />
Dabei stellt sich immer vorab die Frage: Verglichen womit?<br />
Ziel muss es aus meiner Sicht stets sein, mit den aktuellen<br />
technischen Entwicklungen und damit den Bedürfnissen der<br />
Bürgerinnen und Bürger als Kunden Schritt zu halten. Dass<br />
die Verwaltung insgesamt auf dem richtigen Weg ist, zeigt<br />
beispielsweise die Entwicklung der „115 App“.<br />
Hat Digitalisierung für beide Seiten (Verwaltung/Behörde<br />
und Bürger) Vorteile und <strong>Mehrwerte</strong> und wenn ja, welche?<br />
Ja. Die Kommunikation wird schneller und die Anwender<br />
landen zielsicher beim richtigen Ansprechpartner. So wird<br />
die einheitliche Behördenrufnummer 115, neben der elektronischen<br />
Steuererklärung Elster, das bekannteste E-Government-Angebot,<br />
tauglich für das Smartphone gemacht.<br />
Neben den genannten Vorteilen im Ablauf der Verwaltung gilt<br />
es nach außen, für Bürgerinnen und Bürger auch auf neuen<br />
Wegen erreichbar zu sein. Wie einst eine Homepage und die<br />
Erreichbarkeit einer Behörde per E-Mail ein Novum darstellte,<br />
öffnet sich Verwaltung in unserer Zeit digitalen Anwendungen<br />
für Smartphones. Es geht neben den effizienteren Arbeitsabläufen<br />
im Inneren der Verwaltung also auch um die bessere<br />
Ansprechbarkeit nach außen.<br />
In den USA und Großbritannien sind seit Jahren staatliche<br />
Plattformen online, auf denen staatliche Daten veröffentlicht<br />
werden. Welche Bedeutung messen Sie Open<br />
Data bei?<br />
Die Umsetzung der Open Data-Charta der G8 wurde zusammen<br />
mit dem Programm „<strong>Digitale</strong> Verwaltung 2020“ im<br />
vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der <strong>Digitale</strong>n Agenda<br />
2014-2017 auf den Weg gebracht. Ich sehe darin ein klares<br />
Signal in Richtung offene Daten.<br />
Welche Daten sollten aus Ihrer Sicht geöffnet werden?<br />
Die Bandbreite der von den Bundesministerien im Zusammenhang<br />
mit „Open Data“ zur Verfügung gestellten Datensätze<br />
reichen von der Polizeilichen Kriminalstatistik über Daten<br />
der Entwicklungszusammenarbeit und Sozialbudgets bis zu<br />
Daten der Deutschen <strong>Digitale</strong>n Bibliothek und dem gesamten<br />
Inhalt des Datenportals des Bundesministeriums für Bildung<br />
und Forschung. Eine entsprechende Bereitstellung von Datensätzen<br />
auf Landesebene könnte ein nächster Schritt sein.<br />
Schulen und Forschungsinstitute sind auf Facebook und<br />
Co. präsent. Wäre es nicht nötig, eine vergleichbare digitale<br />
Infrastruktur in öffentlichen Händen oder z. B. stiftungsbasiert<br />
zu ermöglichen bzw. zu fördern?<br />
Eine Kommunikation via Facebook als „Visitenkarte“, die<br />
auf die offizielle Homepage einer Behörde verweist, ist ein<br />
denkbarer Weg. So macht es beispielsweise das Bundeskanzleramt.<br />
Ein miteinander in Kontakt treten via Facebook<br />
zwischen Bürgern und Verwaltung in der Form, dass dort<br />
auch direkt per Chat miteinander kommuniziert wird, ist aus<br />
Datenschutzgründen nicht sinnvoll, weil Facebook alle ausgetauschten<br />
Nachrichten speichert. Ihre Korrespondenz, zum<br />
Beispiel (hypothetisch) mit der zuständigen Behörde für Ihren<br />
Führerschein, würde folglich auf einem Server in einem anderen<br />
Land gespeichert werden und Sie haben wenig Einfluss<br />
darauf, was damit passiert.<br />
Fragen zu Veränderungen im Berufsalltag<br />
Was hat sich für Sie persönlich durch die Einführung der<br />
Digitalisierung im Arbeitsalltag verbessert?<br />
Die Kommunikation ist einfacher und schneller geworden.<br />
Der Austausch via E-Mail, Gruppenablage oder digitalem Terminkalender<br />
ist eine große Hilfe und beschleunigt das Arbeiten<br />
enorm.<br />
Hatten oder haben Sie mit der Einführung und zunehmenden<br />
Digitalisierung Zweifel gegenüber diesen Verfahren?<br />
Nein. Für Kolleginnen und Kollegen meiner Generation<br />
ist das Arbeiten mit digitalen Methoden technisch gesehen<br />
nichts anderes als die private Kommunikation. Anders verhält<br />
es sich hingegen oft bei älteren Kolleginnen und Kollegen, die<br />
privat derartige Möglichkeiten nicht nutzen und daher oft eine<br />
längere Einarbeitung brauchen.<br />
Denken Sie, dass die weitere Digitalisierung zusätzliche<br />
Chancen bietet und wenn ja, welche?<br />
Ja. Das Ausweiten der öffentlichen Angebote auf Apps, die<br />
via Smartphone genutzt werden, wird Bürgerinnen und Bürgern<br />
und der Verwaltung vieles leichter machen.<br />
Welche Gründe sprechen gegen eine weitere Digitalisierung?<br />
Grundsätzlich spricht nichts dagegen. Es ist jedoch stets an<br />
den Datenschutz zu denken, damit eine Kommunikation zwischen<br />
Bürgerinnen und Bürgern sowie offiziellen Stellen von<br />
Kriminellen nicht abgefischt werden kann und die Lust an der<br />
neuen Technik nicht im Frust über die Preisgabe persönlicher<br />
Daten und Inhalte mündet.<br />
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