Digitale Mehrwerte _Hrsg. Lars M. Heitmueller_26092015
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<strong>Digitale</strong>r Medienkonsum<br />
Bieten personalisierte redaktionelle Inhalte den<br />
ersehnten Mehrwert, um der Informationsflut Herr<br />
zu werden?<br />
Sieben Uhr morgens. Wecker klingelt. Nein, falsch. Ich muss<br />
mich korrigieren, denn das Smartphone ertönt und reißt mich<br />
aus meinen Träumen. Aufstehen ist angesagt, doch das hat<br />
vorerst noch Zeit. Ich habe auf dem Smartphone fünfzehn ungelesene<br />
Nachrichten, die gelesen und beantwortet werden<br />
wollen. Meine Freundin Katrin schreibt mir aus dem Urlaub<br />
ihren Reisebericht. Witzig. Nicole und Daniel haben mir jeweils<br />
einen Link zu einem Artikel gesandt, der mich interessieren<br />
könnte. Na, die sind aber lang, denk ich mir, die müssen<br />
noch warten bis ich sie lesen kann, aber ich bedanke mich<br />
schonmal. Na und wo ich schon dabei bin, check ich noch<br />
schnell Facebook, Instagram, Snapchat, Flipboard und den<br />
Maileingang. Mensch, ist viel passiert, während ich schlief.<br />
Verdammt, gleich viertel vor Acht. Wie konnte die Zeit nur so<br />
schnell vergehen. Ich muss mich beeilen!<br />
So ergeht es mir nahezu jeden Morgen. Und sobald ich das<br />
Haus verlassen habe und mit der Bahn zur Uni fahre, lese ich<br />
die Newsletter, die mich in Kürze über die wichtigsten Themen<br />
des Tages informieren und dann lese ich den einen Artikel<br />
von Daniel. Interessiert mich nicht, die Zeit hätte ich mir auch<br />
sparen können. Später in der Vorlesung kann ich mich kaum<br />
auf den Dozenten konzentrieren, denn die Inhalte auf meinem<br />
Smartphone sind spannender. Sorry.<br />
Die Informationsflut, eine moderne Herausforderung<br />
Ja, ich bin Digital Native und dank meines Mobilephones fast<br />
ständig online. Mein kleiner digitaler Assistent versorgt mich<br />
24/7 mit Informationen über alles mögliche. Und ich liebe es.<br />
Doch muss ich auch zugegeben, dass es zu einer Sucht geworden<br />
ist. Oftmals habe ich das Gefühl den vielen neuen<br />
Informationen kaum Herr werden zu können. Ich kann einfach<br />
nicht alles lesen. Daher speichere ich mir viele Artikel in meiner<br />
Evernote App ab, mit der Hoffnung sie später zu lesen.<br />
Was ich zugegeben eher seltener tue. Am besten ist es, die<br />
Informationen direkt zu lesen. Aber man muss sie ja auch<br />
noch verarbeiten, weiter verwerten usw. Das kann mir schon<br />
mal zu viel werden.<br />
Ähnlich wie mir, geht es vielen. Das Internet, insbesondere<br />
durch den schnellen mobilen Zugang, macht es uns möglich,<br />
rundum die Uhr Informationen zu konsumieren. Seit gut zwanzig<br />
Jahren steht das Web auf dem Gaspedal der Veränderung<br />
und das Mediennutzungsverhalten ändert sich immer<br />
rasanter. Informationsproduzenten, wie z.B. die Verlagswelt,<br />
steht Kopf: Denn bislang erfolgreiche Zeitschriftentitel verlieren<br />
ihre Print-Leser und schreiben rote Zahlen, wie z.B. die<br />
Bravo, Brigitte, Geo uvm., dagegen erfreuen sich neue, vor<br />
allem digitale und verlagsunabhängige Formate wie Edition F,<br />
Niiu, Journelles, Der Postillion, Flipboard und Snapchat uvm.<br />
über eine wachsende Leser- und Userschaft. Die Medienwelt<br />
wandelt sich so rasant, dass die Medienhäuser kaum mehr<br />
hinterherkommen.<br />
Bei der Betrachtung des Marktes der digitalen Medienangebote<br />
zeigt sich, dass das Interesse daran, zukunftsträchtige<br />
verlegerische Geschäftsmodelle im Internet zu etablieren,<br />
sehr groß ist. Besonders der Markt der digitalen Nachrichtenformate<br />
ist stark umkämpft. Um in diesem weiten und<br />
undurchsichtigen Nachrichtendschungel neben den vielen<br />
weiteren Informationen, die täglich auf Nutzer wie mich digital<br />
einströmen, nicht unter zu gehen, sind die Verlage gezwungen,<br />
auf innovativen Wegen die Aufmerksamkeit ihrer überforderten<br />
Leser zu gewinnen.<br />
Medientrend: Personalisierung und Individualisierung<br />
von digitalen Inhalten<br />
Ist das die Lösung?<br />
Ein zentrales Thema und großer Medientrend innerhalb dieser<br />
Entwicklungen stellt die Personalisierung und Individualisierung<br />
von digitalen Inhalten dar (vgl. Rähm, 2012, S. 20<br />
ff). Neben vielen weiteren Vorteilen, bietet sich damit für die<br />
Verlage die optimale Möglichkeit an, ohne großen Aufwand<br />
jedem Nutzer nur diejenigen Inhalte auszuliefern, die für ihn<br />
relevant sind (z.B. mithilfe der Content-Targeting Technologie)<br />
und so können die Verlage sogar ganze Plattformen an<br />
den individuellen Bedürfnissen ihrer Nutzer ausrichten (vgl.<br />
Rähm, 2012, S. 20 ff.; Greve et al., 2011, S. 8 ff.; Wirtz, 2013,<br />
S. 737 ff.). Inzwischen gibt es auch diverse Beispiele für personalisierte<br />
und individualisierbare Medienangebote aus den<br />
Bereichen Musik, Radio, Fernsehen oder Presse. Sie heißen<br />
z.B. Spotify, Flipboard oder Niiu und begeistern mich sehr.<br />
Diese Angebote machen den personalisierbaren und individualisierbaren<br />
Content zum USP ihres Geschäftsmodells und<br />
kommen damit meiner Nachfrage, mir Informationen auf Basis<br />
meiner Interessen zu liefern, nach.<br />
Grundsätzlich sind hierbei vor allem zwei verschiedene Ansätze<br />
zu beobachten: Zum einen gibt es Online-Content-<br />
Anbieter, die dem Nutzer individualisierbare und personalisierbare<br />
Gestaltungsoptionen anbieten, so dass dieser den<br />
bereitgestellten Content nach Interessen und Vorlieben aktiv<br />
und selbstbestimmt verwalten und anwenden kann. Und zum<br />
anderen gibt es Online-Content-Anbieter, die für den Nutzer<br />
individualisierbare und personalisierbare Maßnahmen auf<br />
Basis seines Nutzungsverhaltens und seiner Interessen vornehmen<br />
und daraufhin entsprechend auf die jeweilige Person<br />
abgestimmte Inhalte bereitstellen, ohne dass dieser das<br />
wahrnehmen bzw. darauf Einfluss nehmen kann. Die Facebook<br />
Timeline und die Startseiten sämtlicher Nachrichtenseiten<br />
von Medienunternehmen wie Axel Springer, Handelsblatt,<br />
Huffington Post und Yahoo! zählen beispielsweise zum letzteren<br />
Ansatz.<br />
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