NEUE MOBILITÄT 16
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Energie- und Mobilitätswende im Kontext SmartGrid - BERLINER MODELL<br />
Im Fehlen einer benutzerfreundlichen allgemein zugänglichen<br />
Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge wird vielfach ein<br />
wesentliches Hindernis für den Markthochlauf der Elektromobilität<br />
erkannt. Das Land Berlin hat daraus Konsequenzen<br />
gezogen und am 09. Januar 2015 ein europaweites Vergabeverfahren<br />
zur Errichtung und zum Betrieb von Ladeeinrichtungen<br />
für Elektrofahrzeuge (veröffentlicht im Amtsblatt<br />
der EU 2012/S 206-339170) erfolgreich abgeschlossen.<br />
Zu Beginn des Verfahrens im Oktober 2012 betonte der damalige<br />
Senator für Stadtentwicklung und Umwelt und heutige<br />
Regierende Bürgermeister Michael Müller: »Die Bereitschaft<br />
des Landes Berlin, die Erweiterung und den Betrieb der Ladeinfrastruktur<br />
europaweit auszuschreiben ist ein Signal an<br />
die Industrie und die Flottenbetreiber in der Stadt, das Berlin<br />
seine Rolle als Leitmetropole in Europa für Elektroverkehr<br />
konsequent wahrnimmt. Berlin schafft somit die Voraussetzung<br />
für Carsharing-Unternehmen und andere gewerbliche<br />
Flottenbetreiber, Elektrofahrzeuge in ihren Flotten einzuführen<br />
und die Hauptstadt als Labor des Elektroverkehrs zu<br />
etablieren.«<br />
Aus einem Kreis von ursprünglich ungefähr 30 Bewerbern<br />
wurden sieben Bieter(-gemeinschaften) ausgewählt, mit denen<br />
das Land im Rahmen eines sogenannten wettbewerblichen<br />
Dialogs intensiv verhandelte, wie eine zukunftsfähige<br />
berlinweit einheitliche Ladeinfrastruktur aussehen könnte.<br />
Bei der Ausschreibung boten die Bieter in drei Losen auf die<br />
Errichtung und den Betrieb von bis 1.100 AC-Ladepunkten sowie<br />
weiteren bis zu 40 DC-Ladepunkten, die bei entsprechendem<br />
Bedarf unter dem Dach einer berlinweiten Ladeinfrastruktur<br />
errichtet werden und zu denen jeder Nutzer über eine<br />
betreiberübergreifend einsetzbare RFID-Karte Zugang erhält.<br />
Letztendlich setzte sich in allen drei Losen ein Bieterkonsortium<br />
bestehend aus der Alliander AG, der The New Motion<br />
GmbH und der Allego GmbH (sowie den entsprechenden<br />
niederländischen Konzernunternehmen) durch. Wesentliche<br />
Eckpunkte des in vielen Bereichen wegweisenden Berliner<br />
Modells sollen im Folgenden erläutert werden.<br />
Wie viele Ladeeinrichtungen können wo errichtet werden?<br />
Das Berliner Modell stellt bei der Errichtung und dem Betrieb<br />
nicht auf die Ladeeinrichtungen, sondern auf die jeweiligen<br />
Ladepunkte ab. Diese könne in zwei Phasen als AC- bzw. DC-<br />
Ladepunkte bspw. in Form »klassischer« Ladesäulen mit<br />
zwei Ladepunkten, als Wallboxen oder an Beleuchtungsanlagen<br />
errichtet werden:<br />
• In der ersten Phase, die am 30. September 20<strong>16</strong> endet,<br />
ist die obsiegende Bietergemeinschaft zur Errichtung von<br />
400 AC-Ladepunkten nach Maßgabe eines von der Senatsverwaltung<br />
und dem Deutschen Zentrum für Luft und<br />
Raumfahrt (DLR) definierten Standortkonzepts verpflichtet.<br />
Hinzukommen weitere 20 DC-Ladepunkte.<br />
• In der zweiten Phase ab dem 01. Januar 20<strong>16</strong> kann das obsiegende<br />
Bieterkonsortium bei entsprechendem Bedarf<br />
bis zum 20. Juni 2020 maximal weitere 700 AC-Ladepunkte<br />
und 20 DC-Ladepunkte errichten.<br />
Die zu errichtenden Ladepunkte können sowohl im öffentlichen,<br />
als auch im halb-öffentlichen Bereich errichtet werden.<br />
Ladeeinrichtungen im ausschließlich privaten Bereich - also<br />
ohne diskriminierungsfreien Zugang für Dritte - werden hingegen<br />
nicht gefördert.<br />
Berücksichtigung der Marktrollen<br />
Das Berliner Modell bietet hohe Zukunftssicherheit, da es<br />
bereits die Vorgaben nach Art. 4 Abs. 8 und Abs. 11 der Richtlinie<br />
2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
vom 22. Oktober 2014 über den Aufbau von Infrastruktur<br />
für alternative Kraftstoffe - AFI-Richtlinie - berücksichtigt und<br />
die Marktrollen in der Elektromobilität trennt.<br />
Vom Betreiber von Ladeeinrichtungen, also demjenigen, der<br />
die Ladeeinrichtungen errichtet und betreibt, ist der Mobilitätsanbieter,<br />
der mit den Nutzern den Ladevertrag schließt<br />
und die benötigte Mobilität (Ladestrom) liefert, zu unterscheiden.<br />
Der Endkunde, also derjenige, der sein Elektrofahrzeug<br />
an einer Ladeeinrichtung lädt, wird als Nutzer bezeichnet.<br />
Durch Art. 4 Abs. 11 der AFI-Richtlinie werden die Mitgliedstaaten<br />
verpflichtet, öffentlich zugängliche Ladinfrastruktur<br />
so zu gestalten, dass Diskriminierungen zum Nachteil von<br />
Betreibern sowie Mobilitätsanbietern möglichst ausgeschlossen<br />
werden. Dementsprechend ist die obsiegende Bietergemeinschaft<br />
in ihrer Rolle Betreiber verpflichtet, die Ladeinfrastruktur<br />
zu errichten und entsprechend Art. 4 Abs. 8 2014/<br />
94/EU diskriminierungsfrei zu betreiben. In der Marktrolle als<br />
»Mobilitätsanbieter« ist das obsiegende Bieterkonsortium<br />
verpflichtet, den eigenen Kunden, also den Nutzern von elektrisch<br />
betriebenen Fahrzeugen, eine RFID-Karte als einheitliches<br />
Authentifizierungsmedium an den Ladeeinrichtungen<br />
zur Verfügung zu stellen und den Ladevorgang gegenüber<br />
dem Nutzer abzurechnen.<br />
Betreiberübergreifende Ladeinfrastruktur<br />
Die obsiegende Bietergemeinschaft erhält kein Exklusivrecht<br />
für die Errichtung und den Betrieb von Ladeeinrichtungen in<br />
Berlin. Das Modell ist vielmehr offen für weitere (dritte) Betreiber<br />
von Ladeeinrichtungen und für weitere (dritte) Mobilitätsanbieter.<br />
Dritte Betreiber können ihre bestehenden bzw.<br />
geplanten Ladeeinrichtungen in die einheitliche Berliner Ladeinfrastruktur<br />
einbringen. Hierzu ist jedoch erforderlich, dass<br />
sie die entsprechenden technischen Anforderungen erfüllen,<br />
die auch das obsiegende Bieterkonsortium einhalten muss.<br />
Auch dritte Mobilitätsanbieter können ihren Kunden Ladevorgänge<br />
an der Berliner Ladeinfrastruktur ermöglichen und<br />
erhalten nach Abschluss eines Zugangsvertrages mit allen<br />
Neue Mobilität<br />
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