NEUE MOBILITÄT 16
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Die Revolution der Zweiräder - GUNNAR FEHLAU<br />
sich die Auto-Industrie fragen lassen, was aus den Subventionen<br />
und Forschungsmillionen bisher Greifbares für die Mobilität<br />
der Gegenward entstanden ist? Von den merkelschen<br />
Millionen eAutos auf deutschen Straßen ist aktuell wenig zu<br />
sehen.<br />
Der Erfolg des Pedelec erklärt sich für mein Dafürhalten aus<br />
dem durchweg positiven Vergleich mit dem klassischen Fahrrad.<br />
Wobei ich dabei nicht die Rolle des versierten und fitten<br />
Enthusiasten einnehme, für den Laktat und Schweiß Genusselemente<br />
des Radfahrens sind, sondern die des Otto-Normal-<br />
Bürgers, der bewegungsaffin ist, aber nicht allzu sehr schwitzen<br />
möchte.<br />
Für ihn ist das Pedelec schneller als das Normalrad. Das Pedelec<br />
ist schicker. Das Pedelec erlaubt mehr Zuladung. Das<br />
Pedelec hat mehr Reichweite als der bloße Radler. Das Pedelec<br />
fährt sich spritziger, auch und vor allem am Berg. Das Pedelec<br />
fährt sich leichter, auch im Gegenwind. In faktisch allen<br />
Kategorien schlägt es das normale Fahrrad. Lassen wir Preis,<br />
Gewicht und umfassendere Technik einmal außen vor. Da<br />
wundert es kaum, dass gut 20% aller verkauften vernünftigen<br />
Alltagsräder heute bereits Pedelecs sind.<br />
Branchenakteure vollends übersteigt. Sie offenbart und stützt<br />
Stärken und Schwächen der einzelnen Unternehmen wie ein<br />
langer Hebel. Gut positionierte und gut geführte Unternehmen<br />
mit der Fähigkeit kontinuierlicher Adaption sind die Gewinner.<br />
Firmen, deren Gestrigkeit stärker wirkt als das chancenzugewandte<br />
Aktivitätspotenzial, sind die Verlierer: Sie<br />
bekommen nichts vom Pedelec-Kuchen ab oder verschwinden<br />
vollständig vom Markt. Die Fahrradbranche durchlebt aktuell<br />
eine Transformation, die sie umfassend und dauerhaft verändern<br />
wird. Was dies für ihre Wettbewerbsfähigkeit bedeutet,<br />
ist noch nicht absehbar.<br />
Fazit: Das Pedelec ist, bezogen auf den Status Quo, gegenwärtig<br />
zurecht das führende eMobilitätskonzept für den Individualverkehr.<br />
Seine Herausforderungen liegen völlig anders als<br />
die des eAutos. Beide Branchen scheinen bisweilen in ihren<br />
Stärken gefangen. Es bleibt also spannend.<br />
Fassen wir zusammen: Mit dem Pedelec fährt<br />
man schlicht besser. Wer einmal mit dem Pedelec<br />
um den Block geflitzt ist und selbst erlebt<br />
hat, wie der kleine Motor das eigene Körper-<br />
Leistungs-Gefühl neu kalibriert hat und mit<br />
grinsendem Gesicht die Straße entlang gefegt<br />
ist, der weiß um die inspirierende, verändernde<br />
Kraft des Pedelecs für die eigene Mobilität und<br />
den kompletten Verkehrssektor.<br />
Spricht man mit Verkehrsforschern, so tut sich eine weitere<br />
Betrachtungsebene auf. Sie machen gerade im urbanen Raum<br />
die Lösung nicht alleine vom fließenden Verkehr abhängig,<br />
sondern sehen im stehenden Verkehr das eigentliche Problem:<br />
Autos stehen 23 Stunden am Tag. Das verbraucht massig Platz,<br />
der im urbanen Raum knapp, sprich teuer ist. Dafür ist es<br />
unerheblich, ob das Auto einen Elektro- oder Verbrennungsmotor<br />
hat. Damit ist klar, zum Abwenden des urbanen Verkehrsinfarkts<br />
leistet das eAuto keinen Beitrag. Der Parkplatz-<br />
Such-Verkehr stinkt nur nicht und ist leiser. Da ist er dennoch.<br />
quelle: www.pd-f.de / haibike<br />
Gunnar Fehlau<br />
Geschäftsführer pressedienst-fahrrad GmbH<br />
Das Elektrofahrrad ist aber mitnichten zwangsläufig der große<br />
Gewinner. Die Umwälzung gerade in der Fahrradindustrie<br />
wirkt eruptiv und paradigmatisch, wie sich beispielhaft an<br />
den Anforderungen für Hersteller von »S-Pedelecs« erleben<br />
lässt: Der Fahrradhersteller wird zum Fahrzeughersteller.<br />
Das ist eine qualitative Dimension, die den Horizont vieler<br />
Neue Mobilität<br />
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