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Experimentelle Psychologie

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Die Erfassung der drei Dimensionen durch das Einauge 85<br />

Netzhaut fällt, kann man auch sagen: die Breitenwerte wachsen auf<br />

der äußeren Hälfte der Netzhaut rascher als auf der inneren. Ebenso<br />

wird bei Halbierung einer Vertikalen der obere Abschnitt zu klein<br />

genommen. Die Höhenwerte wachsen also auf der unteren Netzhauthälfte<br />

rascher als auf der oberen. In ähnlicher Weise fanden sich<br />

Richtungstätischungen, so beim Herstellen einer Vertikalen oder einer<br />

Horizontalen allein mit Hilfe eines Auges und unter Ausschluß äußerer<br />

Anhaltspunkte. Wie diese Erscheinungen, so sind auch einzelne<br />

geometrisch-optische Täuschungen unmittelbar auf Unvollkommenheiten<br />

des Auges zurückzuführen. So erscheint ein weißes Quadrat<br />

auf schwarzem Grund größer als ein schwarzes auf weißem Grund,<br />

wie überhaupt helle Flächen gegenüber dunklen überschätzt werden.<br />

Offenbar ergreift da der Reiz durch Irradiation auch die benachbarten<br />

.Netzhautelemente, die nicht direkt von dem Lichtstrahl getroffen<br />

werden. Die Vertikale wird gegenüber der Horizontalen überschätzt.<br />

Ein wirkliches Quadrat erscheint den meisten Beurteilern als zu hoch.<br />

Bei dieser Täuschung könnten jedoch auch die verschieden großen<br />

Bewegungsanstrengungen mitspielen, die man bei beiden Richtungen<br />

aufzuwenden hat, weshalb manche Forscher hier von Assoziationstäuschungen<br />

sprechen. Dagegen dürfte es auf die vertikale Teilungstäuschung<br />

hinauskommen, wenn uns die gedruckte 8 und das gedruckte<br />

S als symmetrisch gebaut anspricht, während sich doch durch<br />

einfache Umkehrung die größere Ausdehnung des unteren Teiles unschwer<br />

erkennen läßt. Andere geometrisch-optische Täuschungen als<br />

die genannten setzen höhere geistige Prozesse voraus.<br />

B. Die Erfassung der drei Dimensionen<br />

durch das Einauge.<br />

1. Das Aufrechtsehen und die horizontale<br />

Ordnung.<br />

Der Begriff „aufrecht“ besagt eine<br />

Beziehung der Lage<br />

eines Dinges zu einem andern. Beziehungen (als solche)<br />

zu erfassen, ist aber nicht Sache der Sinne — eine Wahr;<br />

heit, die wir später ausführlich nachzuweisen haben. Wenn<br />

wir darum in der Empfindungslehre an die Frage heran;<br />

treten, warum wir aufrecht sehen, ist es erforderlich,<br />

vorab darüber klar zu werden, welcher anschauliche Tat;<br />

bestand vorliegt, wenn wir die Lage irgendeines Dinges als<br />

aufrecht bezeichnen. Da ergibt sich, daß aufrecht soviel be;<br />

deutet wie der gewöhnlichen stehenden Lage unseres Kör;<br />

pers gleichgerichtet. Als unten gelegen charakterisieren wir

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