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Experimentelle Psychologie

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Die genetische Aufmerksamkeitstheorie 247<br />

währt keine größere Klarheit.<br />

Die ganze Theorie erscheint nur als eine<br />

wenig glückliche Umschreibung der Tatsachen. — Von den Unterstützungstheorien<br />

bedarf die M a c h s, wonach die Aufmerksamkeit<br />

nichts weiter ist als die Einstellung der Sinnesorgane, keine<br />

Widerlegung. Ribot bildete eine motorische Theorie aus: Die körperlichen<br />

Begleiterscheinungen der Aufmerksamkeit sind mehr als<br />

bloße Zugaben, sie sind das Wesentliche der Aufmerksamkeit. Denn<br />

sie senden Bewegungsempfindungen ins Bewußtsein und steigern so<br />

die bewußten Zustände. Unterdrückt man alle diese begleitenden<br />

Bewegungen, so beseitigt man die Aufmerksamkeit selbst. Allein man<br />

versteht nicht, wie ein Bewußtseinsinhalt durch Hinzufügung ganz verschiedenartiger<br />

Inhalte verstärkt werden kann. Die Erfahrung beweist<br />

das Gegenteil, wenn man von einzelnen Grenzfällen absieht, wo gleichzeitige<br />

Empfindungen eine gewisse Anregung zu geben scheinen. Verständlicher<br />

ist die zentrosensorische Theorie von G. E. Müller.<br />

Beim Aufmerken auf einen Inhalt führt man jenen Zustand herbei, den<br />

das Bewußtsein hatte, als es früher jenen Inhalt erlebte. Dadurch<br />

vereinigt sich die aus dem gegenwärtigen Reiz stammende Erregung<br />

mit der aus der Vorstellung herrührenden, und die Intensität des Eindruckes<br />

wächst. Damit ist zweifellos auf ein Hilfsmittel hingewiesen,<br />

das der willkürlichen Aufmerksamkeit zu Gebote steht, namentlich<br />

wenn sie sich auf sinnliche und anschauliche Objekte richtet. Es versagt<br />

aber in vielen Fällen der unwillkürlichen Aufmerksamkeit und<br />

macht uns das charakteristische Verhalten bei der Aufmerksamkeit<br />

nicht verständlich. — Die Bahnungstheorie (Ebbinghaus,<br />

Dürr) läßt durch wiederholte Erregung derselben Gehirnpartien die<br />

Bahnen des Reizes immer geläufiger werden, so daß die Erregung sich<br />

immer weniger seitlich verliert und ganz in der Hauptbahn verbleibt,<br />

wodurch der seelische Eindruck immer klarer wird. Damit wird aber<br />

die Aufmerksamkeit in eine Abhängigkeit von der Übung gebracht, die<br />

durch die Tatsachen nicht gerechtfertigt wird. Wir können auch ungewohnten<br />

und schwächsten Eindrücken unsere Aufmerksamkeit zuwenden<br />

und sie dadurch zu größerer Klarheit erheben,<br />

b) Die genetische Aufmerksamkeitstheo?<br />

r i e. Wir machen den Versuch, außer den Wirkungen der<br />

Aufmerksamkeit auch das dieser eigentümliche Verhalten zu<br />

verstehen. Gibt es ein erlernbares Aufmerksamkeitsverhab<br />

ten, dann bereitet die Erklärung der willkürlichen Auf*<br />

merksamkeit keine besonderen Schwierigkeiten. Sie ist dann<br />

eben das gewollte Aufmerksamkeitsverhalten. Das ganze<br />

Problem wird deshalb auf die unwillkürliche Aufmerk*<br />

samkeit zurückgeschoben. Versuchen wir nun zunächst ein*<br />

mal, die Aufmerksamkeit als einen eigenartigen seelischen

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