Experimentelle Psychologie
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236 <strong>Experimentelle</strong> <strong>Psychologie</strong><br />
von Reflexbewegungen auffassen. Ihre Verbindung mit dem Bewußtsein<br />
ist jedoch enger als die der Reflexe. Die Instinktbewegungen<br />
treten erst dann auf, wenn bestimmte innere oder äußere Reize sich<br />
im Bewußtsein geltend machen. Das junge Entchen beginnt zu schwimmen,<br />
sobald es zum Wasser kommt, und die Nahrungsaufnahme des<br />
Tieres wird beendet, sobald sich die Sättigungsempfindungen einstellen.<br />
Die Instinkthandlungen sind auch dadurch vom Bewußtsein abhängig,<br />
daß sie von dem erwachsenen Menschen leicht willkürlich unterdrückt<br />
und beim Tier durch die Dressur gehemmt werden können.<br />
Von beiden Gruppen sind die eigentlichen Willkürhandlungen<br />
wesentlich verschieden. Sie sind vor allem nicht als solche angeboren,<br />
sondern müssen neu erlernt werden; sie liegen nicht in ihrem Verlauf<br />
fest, so daß auf bestimmte Eindrücke hin eine bestimmte Bewegungsfolge<br />
erschiene. Allerdings erlauben auch die Instinktbewegungen der<br />
Tiere, namentlich der höheren, eine gewisse Anpassung: nicht nur ein<br />
fest umrissener Eindruck, sondern auch ein diesem nur ähnlicher vermag<br />
innerhalb gewisser Grenzen den Instinkt auszulösen, und auch<br />
dieser hat eine gewisse Variationsbreite. Gleichwohl herrscht doch<br />
eine unverkennbare Einförmigkeit der Handlungsweise. Bei den gewollten<br />
Bewegungsfolgen aber wird für jede neue Lage ein anderes<br />
Verhalten eingeschlagen. Wird endlich eine erlernte Bewegung durch<br />
ausgedehnte Übung sehr geläufig, so entzieht sie sich wieder dem Bewußtsein<br />
mehr und mehr, sie wird automatisch.<br />
Aus dieser Übersicht der Bewegungen geht hervor, daß<br />
das oben aufgeworfene Problem: wie kommt es vom Willens*<br />
akt zur gewollten Bewegung, nur für die dritte Art der Be*<br />
wegungen gilt. Die heute allgemein angenommene Beant*<br />
wortung des Problems ist nun diese: Von Geburt aus stehen<br />
dem Kind eine Anzahl von Reflex* und Instinktbewegungen<br />
zu Gebote, die es auf einzelne Reize hin ausübt und dann<br />
aus Spielfreude unzähligemale wiederholt. Jede Bewegung<br />
hinterläßt nun eine Vorstellung von sich, und diese Vorstei*<br />
lung assoziiert sich physiologisch mit den motorischen Erre*<br />
gungen, die zur Bewegung führen. Und zwar wird diese<br />
Assoziation in beiden Richtungen ausgebildet: von der Be*<br />
wegung zum Bewegungsbild und umgekehrt. Dieses Bewe*<br />
gungsbild kann ein kinästhetisches im engeren Sinne sein<br />
S. 63) oder auch ein optisches Bild. Sobald das Kind einmal<br />
die Vorstellung von seinen Bewegungen erlangt hat, können<br />
diese Ziel seines Wollens werden. Es will die Bewe*<br />
g u n g, und dieses innerliche Wollen, diese Hinwendung zur<br />
Bewegungsvorstellung versetzt diese nach unserer Annahme