Experimentelle Psychologie
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Psychologische Betrachtung der Gehörempfindungen 39<br />
Bei den Klängen glaubt man jedoch sehr bald auf wahre<br />
Empfindungen zu stoßen, an denen sich nur noch die be*<br />
kannten Eigenschaften der Höhe, der Stärke und der Klang*<br />
färbe beobachten ließen. Sieht man aber genauer zu, so<br />
findet man, daß die Verschiedenheit des a der Violine von<br />
dem a der Trompete, abgesehen von den Streich* und Blase*<br />
geräuschen, auch darauf beruht, daß sich mit dem a der<br />
Violine andere Teiltöne verbinden als mit dem der Trompete.<br />
Gelingt es, durch künstlich herbeigeführte Interferenzwirkun*<br />
gen diese Teiltöne auszuscheiden, so verschwindet auch die<br />
Klangfarbe als eine Empfindungseigenschaft, und es bleiben<br />
nur die beiden andern übrig. Davon ist die Tonstärke<br />
leicht erfaßbar: das gleiche a einer Stimmgabel kann stärker<br />
und weniger stark ertönen. Die verschiedenen Stärkegrade<br />
sind in einer eindimensionalen Geraden adäquat darstellbar«<br />
Sehr viele Probleme birgt indes die zweite Eigenschaft der<br />
Tonhöhe, die noch keineswegs befriedigend zu lösen sind.<br />
Vorab ist die Bezeichnung Tonhöhe für die rein psychologische<br />
Betrachtung hinderlich. Wir verbinden mit dem Wort „Höhe" in der<br />
Regel den Begriff eine 5 Maßes oder eines Vergleiches, Bewußtseinsinhalte,<br />
die, wie spätei zu zeigen ist, in den Bereich der Gedanken,<br />
nicht der Empfindungen gehören. Die Empfindung als solche liefert<br />
uns nur eine eigenartige Tonqualität, und wenn mehrere Töne nacheinander<br />
geboten werden, eine Anzahl, in sich verschiedener Tonqualitäten.<br />
Von einem oben und unten, hoch und niedrig enthält die reine<br />
Empfindung nichts. Es fragt sich nun, ist diese Tonqualität ein Letztes,<br />
Einheitliches? Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir die mannigfachen<br />
uns bekannten Töne nebeneinander halten. Da stoßen wir<br />
auf die mißliche Tatsache, daß die Sprache für das Reich der Töne<br />
keine Benennungen geschaffen hat außer allgemeinen, wenig zweckdienlichen<br />
wie „hoch" und „niedrig". Die Musik, nicht die <strong>Psychologie</strong><br />
hat sich zu helfen gesucht, indem sie aus der unübersehbaren Mannigfaltigkeit<br />
der Töne gewisse herausgriff und mit willkürlichen Namen<br />
a, b, c usw. belegte. Böte man nun einem normal hörenden, aber jede<br />
musikalische Erfahrung entbehrenden Menschen eine größere Anzahl<br />
solcher Töne in bunter Reihenfolge und ließe ihn eine Qualitätenreihe<br />
herstellen, wobei er die Töne, ähnlich wie zuvor die Farben nach ihrer<br />
qualitativen Zusammengehörigkeit zu gruppieren hätte, so könnten<br />
wir wohl zwei Tatsachen feststellen: als zusammengehörig würden<br />
einmal jene Töne bezeichnet, wie sie auch von der Musik innerhalb<br />
der Tonleiter aneinander gereiht werden; zweitens verriete sich die<br />
Neigung, Töne als nächst ähnlich paarweise zusammenzufassen oder