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Experimentelle Psychologie

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Das produktive Denken 193<br />

7. Kap. Das produktive Denken.<br />

Mit den bisher besprochenen Funktionen sind wir in der<br />

Lage, auch das schöpferische, mehr oder weniger planmäßige<br />

Denken zu verstehen. O. Selz unterscheidet hier vier mög*<br />

liehe Fälle. 1) Das zu erreichende Ziel und die zum Ziel<br />

führenden Mittel können dem Denker bekannt sein. Weiß<br />

er außerdem noch die Zuordnung jener Mittel im allgemeinen<br />

zu dieser bestimmten Art von Zielen, so braucht er nur ein*<br />

fach diese anzuwenden. Sind etwa vielstellige Zahlen zu<br />

multiplizieren, so braucht man sich nur an den Sachverhalt<br />

zu erinnern, daß eine bestimmte logarithmische Rechnungs*<br />

weise zum Ziel führt und sich jenes Verfahren selbst wieder<br />

zu vergegenwärtigen und anzuwenden. Es sind also in der<br />

Hauptsache Sachverhalts*, d. h. Komplexreproduktionen<br />

(S. 174), die hier in Frage kommen. 2) Ist das Ziel gegeben,<br />

ein zweckdienliches Mittel jedoch noch nicht bekannt, so<br />

werden ebenfalls vermittels Komplexreproduktionen man*<br />

nigfache Mittel ins Gedächtnis gerufen, die allenfalls in Frage<br />

kommen könnten, und diese werden einzeln auf ihre Taug*<br />

lichkeit geprüft. So hätte man sich etwa zu fragen: sind<br />

Logarithmen zur Addition verwendbar? Hier muß also zur<br />

Reproduktion noch die Beziehungserfassung der Geeignet*<br />

heit, wohl zumeist eine Erfassung der Gleichheit, hinzutre*<br />

ten. Dabei wird häufig ein Schlußprozeß eingreifen. Jedes<br />

Mittel stellt nämlich für uns einen Sachverhalt dar. Zeigt<br />

sich nun dieser Sachverhalt von einer Seite, die für unsere<br />

Zwecke wertlos ist, so verwerfen wir es als ungeeignet. Durch<br />

schlußfolgerndes Denken entdecken wir aber unter Umstän*<br />

den an diesem Sachverhalt eine neue Beziehung, wie wir sie<br />

brauchen, und erkennen nun das Mittel als das erwünschte<br />

an. Wir suchen z. B. nach einem Werkzeug, das uns die<br />

Dienste einer Zange leistet Wir finden eine Schere. Ihre<br />

Geeignetheit zum Schneiden befriedigt uns nicht. Da ent*<br />

decken wir, daß sie, quergestellt, zum Packen und Heben<br />

verwendbar sei, und sind so zum Ziele gelangt. Es befreit uns<br />

also der Schluß aus den Fesseln der Assoziationen, wenn*<br />

gleich sein Zustandekommen gar häufig auch von assoziativen<br />

Philos. Handbibi. Bd. V. 1

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