Experimentelle Psychologie
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<strong>Experimentelle</strong> <strong>Psychologie</strong><br />
Aber dann wäre auch die<br />
Geschmacksfreude und der geschlechtliche<br />
Genuß einzubeziehen? Grundsätzlich könnte man dies einräumen,<br />
wären nicht diese Erlebnisse derart mit Trieben und Reflexen<br />
verkoppelt, daß ein ruhiges Stehenbleiben bei dem Genuß praktisch<br />
unmöglich ist. — Von dem Standpunkt, den wir gewonnen, ist es nun<br />
leicht, zu heißumstrittenen Fragen Steilung zu nehmen. Auf der<br />
Erlebnisseite erweisen sich als unwesentlich die Einfühlung,<br />
die Kontemplation, die innere Nachahmung, die ästhetische Illusion<br />
und was man sonst noch als die Seele des ästhetischen Genusses<br />
bezeichnet hat. Ihre Bedeutsamkeit zur Vervielfältigung des Schönheitseindruckes<br />
soll darum nicht bestritten werden. Mit der Einfühlung<br />
denken wir uns z. B. selbst in die tragende Säule hinein<br />
und erleben ein freudiges Kraftbewußtsein. Kontemplative<br />
Wonnen treten hinzu, wenn der schöne Gegenstand eine Flut von Gedanken<br />
anschwellen läßt. Die innere Nachahmung stellt sich<br />
beim Anblick des Diskuswerfers unwillkürlich ein und reißt uns aus<br />
unserer eigenen Welt heraus. Auch die bewußte Selbsttäuschung<br />
erhöht vielleicht hie und da, insbesondere im Theater, den Genuß.<br />
Aber all dies begründet nicht erstmals das ästhetische Erleben.<br />
— Weiter, bezüglich des Gegenstandes leuchtet nunmehr ein,<br />
daß es keinen Gegenstand gibt, der nicht dann und wann, für diesen<br />
oder jenen den Eindruck des Schönen machen könnte. Denn einerseits<br />
verändert sich die subjektive Verfassung: derselbe Reiz kann<br />
heute lustvoll, morgen unlustbetont sein. Anderseits kommt uns die<br />
Fähigkeit des Abstrahierens zu Hilfe. An jedem Gegenstand lassen<br />
sich gar viele anschauliche Züge und geradezu unzählige unanschauliche<br />
Beziehungen auffinden: unter diesen Momenten wird wenigstens<br />
eines sein, das einen freupn kann. Und dieses eine kann ich für sich<br />
beachten. Darum kann selbst ein Schurkenstreich durch seine Genialität<br />
Gefallen erwecken. Das Auffinden solcher Beziehungen und ihre<br />
Loslösung muß freilich erlernt werden, und deshalb beobachten wir,<br />
daß gewisse ästhetische Genüsse, wie die Freude an der Landschaft<br />
und gar an einer schaurigen Landschaft, verhältnismäßig spät auftreten.<br />
— Sodann schlichtet sich der Streit um den Primat von der<br />
Form oder der Idee. Beide können zu Quellen der ästhetischen<br />
Freude werden. Sie können darum auch einzeln jedes für sich betont<br />
werden; achtet aber der Genießende auf beide zugleich, so wird ein<br />
Mißverhältnis zwischen ihnen Unlust erregen und darum den ästhetischen<br />
Eindruck mindern. Ganz ähnlich ist das Verhältnis des<br />
direkten zu dem assoziativen Faktor. Als direkten Faktor<br />
bezeichnete F e c h n e r den unmittelbar gegebenen Reiz, der den<br />
Gefälligkeitseindruck bewirkt, etwa die Melodie; der assoziative Faktor<br />
besteht dann in den Vorstellungen und Gedanken, die durch die<br />
Melodie geweckt werden. Beide tragen zu dem ästhetischen Gesamteindruck<br />
bei und haben darum ihr gutes Recht. Gar manches Lied,<br />
das ohne den assoziativen Faktor uns nicht ansprechen würde, gefällt