08.03.2018 Aufrufe

Experimentelle Psychologie

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

188<br />

<strong>Experimentelle</strong> <strong>Psychologie</strong><br />

Anfang seiner Denktätigkeit wohl etwa die Einsicht: Ä<br />

größer als B, aber diese Einsicht wäre weder gewiß noch un*<br />

gewiß, sondern schlicht und unangefochten gegeben. Machte<br />

nun ein solcher Mensch die Erfahrung, daß etwa bei flüch*<br />

tigern Hinschauen Einsichten gewonnen werden, die sich bei<br />

sorgfältiger Auffassung nicht bestätigen, so hätte er eine<br />

neue Zusammenhangsbeziehung erkannt : flüchtiges Hin*<br />

sehen ist verbunden mit der Unbeständigkeit der so erlang*<br />

ten Einsichten, genaues Hinsehen ist verbunden mit der Be*<br />

ständigkeit der Einsicht.<br />

Würde ihm nun die Frage vorge*<br />

legt, ob seine Erkenntnis: A größer als B, auch gewiß, d. h.<br />

von Bestand sei, so würde er prüfen, ob er flüchtig oder genau<br />

hingesehen hatte, und mit dieser Beziehungseinsicht begrün*<br />

den, daß A wirklich größer als B sei. Die Gewißheit be*<br />

stände hier also in einer zweiten Beziehungserfassung, die<br />

sich auf die Art und Weise, wie die erste gewonnen wurde,<br />

erstreckt. Die fortschreitende Erfahrung lehrt noch andere<br />

Umstände kennen, durch welche die Zuverlässigkeit einer<br />

Beziehungserfassung in Frage gestellt werden kann. Sind sol*<br />

che Hindernisse einer zuverlässigen Erkenntnis nicht zu ent*<br />

decken, so herrscht wieder Gewißheit. Erkenntnistheoretische<br />

Überlegungen werfen erst später das Problem auf, ob denn<br />

die Dauerhaftigkeit einer Einsicht deren absolute Richtigkeit<br />

verbürge; es wäre ja möglich, daß die bisher für gewiß gehal*<br />

tene Einsicht, nämlich die unmittelbare und ungehindert voll*<br />

zogene Beziehungserfassung, zwar die beste Erkenntnis sei,<br />

die uns Menschen möglich ist, aber keine Gewähr biete, der<br />

absoluten Wirklichkeit zu entsprechen. Mit andern Worten,<br />

die Zurückführung einer Erkenntnis auf eine unmittelbare,<br />

ungestörte Beziehungserfassung gebe zwar eine natürliche,<br />

aber keine philosophische Gewißheit. Dieses Problem ist<br />

durch erkenntnistheoretische Erwägungen zu lösen, deren<br />

Ergebnis entweder zur Ergänzung der natürlichen durch die<br />

philosophische Gewißheit oder zum Verzicht auf letztere<br />

führt.<br />

Die Gewißheit besteht nach dem Gesagten in neuen Sachverhaltserfassungen<br />

über die Art und Weise, wie dieser als gewiß zu beurteilende<br />

Sachverhalt selbst erkannt wurde. Die Gewißheit kann sich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!