Experimentelle Psychologie
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286 <strong>Experimentelle</strong> <strong>Psychologie</strong><br />
wechseln bisweilen ebenso schroff wie im Kino. Die Märchenforscher<br />
haben nicht mit Unrecht auf die Verwandtschaft zwischen Traum und<br />
Märchen in diesem Punkte hingewiesen. Die Leitung des Traumes<br />
durch eine Aufgabe fehlt nach den Beobachtungen Hackerts ganz,<br />
kommt jedoch nach denen Köhlers bisweilen vor, ein Widerspruch,<br />
der sich ausgleicht, wenn man beachtet, daß Hacker einen beträchtlich<br />
tieferen Schlaf hatte als Köhler. Von manchen Träumen wird berichtet,<br />
daß sie unglaublich schnell verlaufen sein müssen. So träumte W eyg<br />
a n d t von einem Spaziergang am Sonntag Morgen, einem Besuch auf<br />
dem Friedhof an einer Kirche, dem sinnigen Betrachten dieser Kirche<br />
und des Kirchturmes, dessen Glocke mit einemmal zu läuten beginnt.<br />
Der Träumer erwacht und hört seinen Wecker läuten. Die näheren<br />
Umstände machten es sehr wahrscheinlich, daß der ganze Traum von<br />
dem Läuten des Weckers ausgelöst worden. Daneben, nicht dagegen,<br />
stehen andere Beobachtungen, nach denen der Traum nicht schneller<br />
abläuft, als unsere gewöhnlichen Vorstellungen. Im allgemeinen herrschen<br />
die „dummen“ Träume vor, doch berichtet man auch von außerordentlichen<br />
intellektuellen Leistungen des Traumes<br />
Etwas eingehender hat man sich mit den Traumelementen<br />
befaßt. Unter den Vorstellungen sind die optischen am häufigsten vertreten;<br />
doch stehen nicht allen Träumern bunte Farbenvorstellungen zu<br />
Gebote. Weit seltener als optische und akustische Vorstellungen sind<br />
die kinästhetischen und taktilen, am seltensten die von Geruch und<br />
Geschmack. Die Vorstellungen haben zumeist halluzinatorischen Charakter.<br />
Die Forscher streiten aber darüber, ob sie die Empfindungen<br />
des Wachzustandes an Intensität übertreffen. Die Rolle der Gedanken<br />
im Traum ist in einer kurzen Formulierung nicht anzugeben. Es kommen<br />
sämtliche Denkfunktionen im Traum vor, sogar ein sorgfältiges<br />
und richtiges Überlegen. Mir kam inmitten eines ganz andersartigen<br />
Traumes einmal die Sorge, ob ich am Vortrag einer gewissen Verflichtung<br />
nachgekommen sei. Da erinnerte ich mich während des Traumzustandes,<br />
daß ich an einem bestimmten Ort mit einem bestimmten Bekannten<br />
zusammentraf, als ich mich anschickte, jener Verpflichtung zu<br />
genügen; es fiel mir weiter ein, wie ich sie dann wirklich zu Ende<br />
geführt hatte, und dabei beruhigte ich mich. Anderseits ist der Traum<br />
oft unglaublich töricht. Der Träumer nimmt mit der Urteilslosigkeit<br />
eines Geisteskranken die ungereimtesten Dinge für bare Münze hin,<br />
ängstigt oder freut sich ihretwegen. Es ist aber eine feine Beobachtung<br />
und ein Fingerzeig zur Lösung des ganzen Problems, wenn ein Traumforscher<br />
bemerkt, wir seien nur für den Traumanfang, nicht aber für<br />
das neu Hinzukommende kritiklos. Das Regiment scheinen im Traum<br />
ablauf nicht die Gedanken, sondern die assoziativen Faktoren zu haben;<br />
denn man kann bisweilen die Wendepunkte des Traumes herausheben<br />
und erhält dann eine Reihe rein äußerlicher oder einfacher Klangassoziationen,<br />
ähnlich der Gedankenkette eines Ideenflüchtigen. Hinwiederum<br />
sind aber auch oft die Gedanken an dem Auftauchen der Traum-