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Experimentelle Psychologie

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<strong>Experimentelle</strong> <strong>Psychologie</strong><br />

Zu dem ersten Hauptlall gehören namentlich die experimentellen<br />

(Vergleichungen zweier Zeitstrecken. Sind diese sehr<br />

kurz, dann achtet man in Wirklichkeit nicht auf die Dauer, sondern auf<br />

die Geschwindigkeit, mit der sich die die Zeitstrecke begrenzenden<br />

Reize folgen. Bei längeren Zeitintervallen, etwa bis zu 3", scheint<br />

ein unmittelbarer anschaulicher Vergleich der Dauer möglich zu sein.<br />

Bei noch größerem Zeitabstand wird der unmittelbare Vergleich<br />

schwerer. Der Beobachter muß die Grenzreize, z. B. die Metronom-<br />

Schläge, mit sichtlicher Bemühung Zusammenhalten, damit die Vergleichung<br />

zuverlässig bleibt. Das weist darauf hin, daß größere<br />

Strecken überhaupt nur an den sie ausfüllenden Erlebnissen gemessen<br />

werden können. Das ist nach unserer Auffassung der Dauer als eines<br />

unselbständigen Momentes zu erwarten und ist im Grunde auch bei<br />

dem Vergleich der kleineren Zeiten vorhanden. Nur daß hier die wenig<br />

ausgesprochenen Erlebnisse des Allgemeinbefindens hinreichen, während<br />

bei längerer Dauer charakteristische Dinge, wie aktives Bemühen,<br />

Nachkonstruieren der Zeitstrecke, Beachtung der Atembewegungen,<br />

der wachsenden Spannung u. ä., zu Hilfe genommen werden. Als allgemeine<br />

Regel ergab sich bei diesen Zeitvergleichungen: kleine Zeiten<br />

werden überschätzt, große werden unterschätzt; zwischen beiden liegt<br />

eine Indifferenzzone von 1—2", die nahezu richtig beurteilt wird. Auf<br />

den Zeitvergleich wirken mancherlei Faktoren bestimmend ein: so die<br />

verschiedene Stärke der das Zeitintervall abgrenzenden Signale; das<br />

intensivere Signal verkürzt das Intervall, wenn es an dessen Anfang<br />

steht, es verlängert es, wenn es das Intervall abschließt. Doch gehören<br />

diese Dinge in die <strong>Psychologie</strong> des Vergleiches.<br />

Erlebt man vielerlei während einer bestimmten Spanne objektiver<br />

Zeit und achtet gleichzeitig auf die Dauer, so erscheint sie einem lang;<br />

achtet man hingegen nicht auf die Zeit, so wird man von dem Ende der<br />

Zeitspanne überrascht. Daher auch der große Unterschied bei dem<br />

Vergleich von leeren und ausgefüllten Zeitstrecken, der sich aber je<br />

nach der Aufmerksamkeitsrichtung des Beobachters anders geltend<br />

macht. In der Erinnerung hingegen wird eine erlebnisreiche Zeitspanne<br />

größer erscheinen als eine erlebnisarme. Da uns für die Wahrnehmung<br />

der Zeit kein besonderes Sensorium zur Verfügung steht, und der absolute<br />

Eindruck des Langen oder Kurzen nur aus der Menge der durchschnittlich<br />

in der Zeiteinheit erlebbaren Ereignisse entsteht, so begreift<br />

man auch, daß bei einer außergewöhnlichen Steigerung des Vorstellungslebens,<br />

wie sie etwa der Haschischgenuß hervorruft, die Dauer<br />

geläufiger Verrichtungen merkwürdig gesteigert zu sein scheint: das<br />

Passieren einer Straße will kein Ende nehmen, weil außergewöhnlich<br />

viele Bilder durch den Geist des Gehenden ziehen.<br />

Im dritten Hauptfall erwarten wir ein zukünftiges Ereignis. An<br />

sich verfließt uns da die Zeit nicht langsamer als sonst, aber wir konstatieren<br />

immer wieder, daß unser Verlangen noch nicht erfüllt ist.

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