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Experimentelle Psychologie

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L<br />

Die Zeitwahraekmung 127<br />

unä auch die Erlebnisse in uns, das Suchen und Forschen, das<br />

Lieben und Leiden tritt immer nur als ein dauerndes Erleben<br />

auf. Das Dauern ist uns in a 1 1 e n unseren Erlebnissen g ege*<br />

ben, wie das Ausgedehntsein in den Erlebnissen des Gesichts*<br />

und Tastsinnes gegeben ist. So verstanden, erlebt auch das<br />

Tier die Dauer. Sobald man jedoch nur diese eine Eigen*<br />

schaft aller seelischen Geschehnisse für sich betrachtet, hat<br />

man eine Abstraktionsleistung vollzogen, deren wir das Tier<br />

nicht für fähig halten. Diese für sich allein genommene Seite<br />

individueller Bewußtseinsvorgänge ist es, die den eigentlichen<br />

Gegenstand der Zeitsinnuntersuchungen bildet. Man erkennt<br />

sofort, daß die Bezeichnung Zeitsinn eine sehr wenig glück*<br />

liehe war. Es geht nicht an, für die Erfassung eines unselb*<br />

ständigen Merkmals einen besonderen Sinn anzusetzen, man<br />

müßte sonst auch einen eigenen Raumsinn oder gar einen<br />

Intensitätssinn einführen. Dank dieser prinzipiellen Gleich*<br />

Stellung der Dauer mit den Sinneseindrücken, wie sie der<br />

sensistischen <strong>Psychologie</strong> geläufig war, stellte man dem Expe*<br />

riment zwei Hauptaufgabe»: die Bestimmung der<br />

Zeitschwelle und die Vergleichung von Zeitstrecken. Für<br />

das Kernproblem, die Erfassung der Dauer, konnten diese<br />

Untersuchungen nicht sehr viel auswerfen; den reichsten Ge*<br />

winn erzielt dabei die <strong>Psychologie</strong> des Urteils. Das Wich*<br />

tigste sei kurz mitgeteilt.<br />

Wenn man feststeilt, daß das Auge schwache Lichtblitze als zwei<br />

erkennt, die sich in einem Zeitintervall von rund 45 cf (1 o — —<br />

Sekunde), oder bei Einwirkung auf verschiedene Netzhautpunkte von<br />

10 6 (Pauli) folgen, daß der Tastsinn zu derselben Leistung 27 o,<br />

das Gehör nur 16 cf oder gar nur 2 cf benötigt, dann hat man im<br />

Grunde das zeitliche Auflösungsvermögen dieser Sinne gefunden. Man<br />

weiß nun, wieviel Zeit ein jeder braucht, um einen Reiz genügend abklingen<br />

zu lassen, damit ein folgender von jenem unterschieden werden<br />

kann — an sich höchst bedeutsame Ergebnisse, Hinsichtlich der<br />

Dauerschwelle erfahren wir hieraus indessen nur, daß sie unter<br />

2 o liegen muß.<br />

Bei der Beurteilung von Zeitstrecken empfiehlt es sich,<br />

drei Hauptfälle auseinander zu halten;<br />

man beachtet die Dauer<br />

gleichzeitig während des Erlebens, man beurteilt sie erst beim Rückblick<br />

auf das Erlebte; man beurteilt sie vorau«schauend und den Eintritt<br />

eines bestimmten Ereignisses abwartend.

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