Experimentelle Psychologie
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Verbindung und Lösung der Gefühle 143<br />
Von hoher Bedeutung für unser Wiüensleben ist die<br />
Übertragung der Gefühls töne. Ein Ort, an dem<br />
wir Unwillkommenes erlebt, wird uns selbst unlieb u. ä. m.<br />
Man hat diese Tatsache bisweilen nach dem Schema der<br />
assoziativen Verbindung zu erklären versucht: wie sich eine<br />
Vorstellung a mit der Vorstellung b assoziiert, wenn beide<br />
gleichzeitig im Bewußtsein sind, so verknüpfe sich das ander«<br />
weitig verursachte Gefühl mit der Vorstellung, die zufällig<br />
gleichzeitig im Bewußtsein ist,<br />
also hier mit der Vorstellung<br />
des Ortes. Allein die Gefühle sind nicht als derartig selb«<br />
ständige Bewußtseinsinhalte zu erweisen. Im Gegenteil, die<br />
Unmöglichkeit, Gefühle für sich allein oder überhaupt zu<br />
reproduzieren — wir können uns wohl gedanklich daran erin«<br />
nern, ein bestimmtes Gefühl verspürt zu haben, aber wir kön«<br />
nen uns jenes Gefühl selbst nur dadurch wieder anschaulich<br />
vergegenwärtigen, daß wir uns das veranlassende Erlebnis<br />
vorstellen —,<br />
zeigt das Gefühl als eine Folgeerscheinung,<br />
nicht als selbständigen Vorgang. Auch die Theorie der Ge«<br />
fühle, zu denen die anderweitigen Beobachtungen hindrän*<br />
gen, verträgt sich nur schwer mit dieser Erklärung. Es dürfte<br />
vielmehr durch die Wahrnehmung des Ortes die Erinnerung<br />
an jenes Erlebnis mit angeregt werden und aus dieser mehr<br />
oder weniger bewußten Erinnerung das Gefühl stammen, das<br />
wir dann auf den Ort als seine Quelle beziehen. Denn einer«<br />
seits steht fest, daß die Gefühle dem vollen Bewußtwerden<br />
der zugehörigen Vorstellungen vorauseilen, und anderseits<br />
werden wir bei der Besprechung der Assoziationen sehen, wie<br />
Begleitvorstellungen jede Wahrnehmung wachruft.<br />
Die sog. Analogien der Empfindung, das „schreiende“<br />
vielerlei<br />
Rot, das „düstere“ Schwarz, die „freudigen“ Töne usw„ beruhen primär<br />
nicht auf der Übertragung des Gefühlstones. Es gleichen sich vielmehr<br />
die analogen Empfindungen in den Gefühlen, die sie in uns erwecken:<br />
düstere Farben und tiefe Töne stimmen ernst, leuchtende Farben und<br />
hohe Töne erregen und heitern auf. Diese ursprünglichen Wirkungen<br />
bedingen nun ihre zweckbewußte Verwendung, und erst dieser Umstand<br />
läßt auch die Übertragung des Gefühlstones ins Spiel treten: Wir verwenden<br />
das Schwarz als Zeichen der Trauer, weil es der Trauer entsprechende<br />
Stimmungen fördert, aber wegen dieser Verbindung des<br />
Schwarz mit den Trauerfällen des Lebens vertieft sich durch Gefühls«<br />
Übertragung der Stimmungswert des Schwarz,