Experimentelle Psychologie
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192 <strong>Experimentelle</strong> <strong>Psychologie</strong><br />
Sachverhaltswissen wird eine neue Beziehung erfaßt.<br />
Ähnlich verhält<br />
es sich mit dem regelrechten Syllogismus der Logik.<br />
Auch seine<br />
Prämissen dienen nur dazu, den Gesamtsachverhalt vorzulegen. Das<br />
syllogistische Schließen unterscheidet sich von dem naturgemäßen<br />
auf doppelte Weise. Hier ist häufig der Gesamtsachverhalt von Anfang<br />
an noch nicht gegeben, die neue Seite des Sachverhaltes, auf die<br />
sich das beziehende Blicken richtet, ist noch nicht entfaltet, und es<br />
bleibt oft der zufälligen Konstellation anheimgegeben, welche der verschiedenen<br />
Seiten des Sachverhaltes sich darbieten werden. Dieser<br />
Zufälligkeit beugt der Syllogismus vor, indem er durch einen der Vordersätze<br />
gerade jene Seite des Sachverhaltes bewußt macht, auf die<br />
der Schluß gehen soll. Außerdem wird die Beziehungsrichtung durch<br />
die begünstigte Stellung von S und P vorbereitet. Es kann nun auch<br />
beim Syllogismus der Schluß vermittels einer Beziehungserfassung an<br />
einem anschaulich gegebenen Gesamtsachverhalt gewonnen werden,<br />
oder es können die begrifflichen Beziehungen im Vordergründe stehen,<br />
oder es kann die sprachliche Form besonders betont sein. Daraus<br />
ergeben sich mannigfache, aber ziemlich gesetzmäßig sich bildende<br />
Variationen, die hier im einzelnen nicht aufgezählt werden können.<br />
Doch sei noch folgende lehrreiche Beobachtung erwähnt: Man kann<br />
an Hand der wohlverstandenen Prämissen zu dem Schlußergebnis<br />
gelangen, ohne den oben geschilderten Prozeß durchzumachen. Die<br />
Beobachter erklären in solchen Fällen einhellig, sie hätten kein Schluß<br />
eriebnis gehabt. Wenn nämlich der Mittelbegriff infolge des Obersatzes<br />
prägnant wird, wenn z. B. in dem bekannten Syllogismus von<br />
dem sterblichen Menschen das Wort Mensch im Untersatz ,,Cajus<br />
ein Mensch" sich schon mit der Bedeutung ,, sterblich“ versehen darbietet,<br />
wird die Sterblichkeit des Cajus ohne jene neue Beziehungserfassung<br />
erkannt, in der wir die Seele des Syllogismus und des<br />
Schlusses überhaupt erblicken.<br />
Verwandt mit dem Schließen ist das Begründen.<br />
Nur ist hier das Ziel der Denkarbeit in dem zu ermittelnden<br />
Sachverhalt schon gegeben.<br />
Der Begründungsvorgang ver*<br />
läuft nun im allgemeinen so, daß der Denkende durch eine<br />
Analyse des Sachverhaltes zu einem anderen, sicher fest*<br />
stehenden Sachverhalt vorzudringen sucht, von dem aus er<br />
durch einen eigentlichen Schluß den zu begründenden<br />
Sachverhalt wiedergewinnt. Ähnlich wie bei dem Schluß*<br />
prozeß das „also“, tritt hier das „denn“ in den Hintergrund.<br />
Literatur.<br />
G. S t ö r r i n g, Experim. Untersuchungen über einfache Schlußprozesse.<br />
ArPs 11 ,<br />
1908 .<br />
J. Lindworsky, Das schlußfolgernde Denken. 1916.<br />
ist