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Experimentelle Psychologie

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Die Theorie des Seil- und Dunkelsehens* Duplizitätstheorie<br />

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diese aus einer Theorie verständlich machen lassen, um so mehr<br />

gewinnt die betreffende Theorie an innerer Wahrscheinlichkeit. Breitet<br />

man vor verschiedenen Individuen eine Anzahl farbiger Wollbündel<br />

aus und greift man aus dieser Menge ein grünes Wollbündel heraus mit<br />

der Aufforderung, alle gleichfarbigen neben das grüne zu legen, so<br />

werden sich immer Individuen finden, die neben das grüne auch graue<br />

und braune Wollfäden legen. Diese Individuen halten grau und grün<br />

für gleich, weil sie eben grün überhaupt nicht empfinden. Wiederholt<br />

man den Versuch mit einer andern Farbe, so wird man bei einer hinreichend<br />

großen Zahl von Prüflingen solche finden, die für andere<br />

Farben unempfänglich sind. Diese Anomalien des Farbensehens, die<br />

Farbenblindheiten, wurden erst 1794 von D a 1 1 o n entdeckt. Sie<br />

konnten so lange unbekannt bleiben, weil die Farbenblinden in der<br />

Regel auch jene Farben richtig benennen, die sie als solche gar nicht<br />

empfinden. Sie stützen sich dabei auf andere Merkmale und bezeichnen<br />

etwa ihr helleres „Rot“ ebenso wie der Normale als Gelb.<br />

Wie die fortschreitenden Untersuchungen ergeben, sind die<br />

Arten der Farbenblindheiten sehr mannigfaltig. Zu einer<br />

ersten Orientierung genügt es indes, die drei wichtigsten und verbreitetsten<br />

Klassen aufzuzählen: die Rot-Grün-Blindheit, die Gelb-Blau-<br />

Blindheit und die totale Farbenblindheit. Die erste ist die häufigste*<br />

Sie findet sich bei nahezu 4<br />

°/0<br />

aller Männer; bei Frauen jedoch sehr<br />

selten, obwohl sie durch die Mutter vererbt wird. Der Rot-Grün-Blinde<br />

sieht an der Stelle des Spektrums, wo für den Normalen das Grün liegt,<br />

weiß. Links von dieser Stelle erblickt er nur Gelbnuancen, rechts<br />

nur Abschattungen von Blau. Für die seltener anzutreffenden Gelb-<br />

Blau-Blinden existieren nur die verschiedenen Arten von Rot und<br />

Grün. Den total Farbenblinden endlich erscheint die Außenwelt grau<br />

in grau, ähnlich wie sich dem Normalen ein photographisches Bild darstellt.<br />

Das Spektrum der total Farbenblinden weist nicht bei allen<br />

die gleiche Helligkeitsverteilung auf. Manche haben, um nur die wichtigsten<br />

zu erwähnen, die gleiche Helligkeitsverteilung wie das normale<br />

helladaptierte Auge, andere empfinden die Helligkeitsabstufungen wie<br />

das dunkeladaptierte Auge.<br />

Über verschiedene Abarten der Farbenanomalien, ihre Klassifikation<br />

und andere Methoden ihrer Feststellung siehe Frühes, I, 80 L<br />

9. Die Theorie des Hell* und Dunkelsehens.<br />

Duplizitätstheorie.<br />

Wir beginnen die Darstellung der Theorie der Gesichts*<br />

empfindung mit jener theoretischen Anschauung, die an<br />

letzter Stelle ausgebildet wurde. Die Endteile des in der<br />

Netzhaut sich aufspaltenden und ausbreitenden Sehnerven<br />

Philos. Handbibi. Bd. V. %

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