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gegen ihn. Mein Baby, das weg ist, einfach weg.<br />

Trotz allem denke ich gar nicht dran, stillzuhalten. Ich winde mich wie<br />

ein Aal und versuche immer wieder, mich seinem Klammergriff zu<br />

entziehen. Vergeblich, ich schaffe es einfach nicht.<br />

Marlies Schwalm steht irgendwo vor dem Sofa. Ihr Streit mit Bruno ist<br />

unterbrochen, weil er sich mir widmen muss. Darüber ist sie unglaublich<br />

wütend, lässt es aber trotzdem zu, weil auch sie nicht will, dass<br />

ich telefoniere. Das geht im Augenblick vor. Um sich einigermaßen<br />

unter Kontrolle zu halten, hat sie die Arme vor der Brust verschränkt.<br />

Ihre Blicke sind wie tödliche Strahlen. Sie bohren sich abwechselnd<br />

in mich und in Bruno. Sie hasst uns beide mit einer Intensität, die ich<br />

körperlich spüre, heute noch.“<br />

Lara öffnet die Augen, schaut mich an. Sie ist nicht, wie gestern bei<br />

Schuberth, in Trance. Sie steckt nur tief in ihrer Erinnerung.<br />

„Komm zu mir, Paul“, sagt sie. „Nimm mich in den Arm. Mir ist so kalt.“<br />

Ich wechsle rüber aufs Sofa, Lara schmiegt sich eng an mich, ich lege<br />

den Arm um sie. Tatsächlich ist ihr Körper ganz kalt. Nebenbei reibe<br />

ich ihre Arme sanft, dann ihre Schultern. Sie entspannt sich etwas,<br />

schließt erneut die Augen.<br />

„Und dann plötzlich schaffe ich es doch“, sagt sie. „Ich kann ihm entkommen.<br />

Ich …“. Es ist unüberhörbar, wie überrascht sie selbst darüber<br />

ist. Mitten im Satz hält sie inne. Ich warte, aber sie redet nicht<br />

weiter. Ich spüre, wie Gedanken und Bilder durch ihren Kopf schießen.<br />

Aber es ist wichtig, dass sie redet. Dass die Dinge sich entfalten<br />

und entwickeln können. Dass die Worte und Erinnerungen endlich<br />

herauskommen aus ihr. Nur so kann Klarheit entstehen.<br />

„Und dann?“, frage ich deshalb. „Was passiert dann?“<br />

Wieder öffnet sie die Augen, entzieht sich meiner Umarmung, beugt<br />

sich etwas vor, denkt offenbar angestrengt nach, starrt vor sich hin. Es<br />

ist ein Blick, der mehr nach innen geht als nach außen.<br />

„Was passiert dann?“, wiederholt sie meine Frage und antwortet sich<br />

schließlich selbst: „Ich weiß es nicht. – Oder doch?“<br />

Sie macht eine kurze Pause, dann: „Ich springe hoch, versuche zur Tür<br />

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