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September KONTAKT <strong>1996</strong><br />
Wasser zum Leben<br />
Die Zeit des Urlaubs, der Erholung, ist vorbei.<br />
Die meisten von uns stehen wieder in der<br />
Arbeit, und für unsere Kinder beginnt die<br />
Schule. Mitten im Kalenderjahr sprechen wir<br />
von einem neuen Arbeitsjahr. Wer das tägliche<br />
Breviergebet mit Psalm 95 beginnt, betet jeden<br />
Morgen: „Ach würdet ihr doch heute auf seine<br />
Stimme hören! Verhärtet euer Herz nicht."<br />
Täglich kommt diese Mahnung, sich<br />
offenzuhalten für den anderen, für den<br />
Mitmenschen wie für Gott; keine Mauer zu<br />
bauen um das eigene Herz. „Jetzt ist die Zeit,<br />
jetzt ist die Stunde, heute wird getan oder auch<br />
vertan, worauf es ankommt, wenn Er kommt,<br />
so heißt es in einem Lied. Und worauf kommt<br />
es an? Darauf, was ich geschenkt, bedacht,<br />
geteilt, wen ich umarmt, was ich bewirkt,<br />
gewagt, wem ich gedient und wen ich geliebt<br />
habe. Dazu ist jeder Tag ein neuer<br />
Anfang. Vor kurzem habe ich den<br />
Spruch gelesen: „Christsein, das geht<br />
nicht auf einmal und nicht ein für<br />
allemal. Christsein heißt vielmehr,<br />
täglich immer mehr hineinwachsen in<br />
die Liebe zu Gott und zu den<br />
Mitmenschen". Eine Gruppe unserer<br />
Pfarre besuchte heuer zwei große<br />
Seen in Israel. Im Norden den See<br />
Genesareth und im Süden das Tote<br />
Meer. Beide werden durch ein und<br />
denselben Fluß gebildet, durch den Jordan.<br />
Aber beide sind abgrundtief voneinander<br />
verschieden. Der See Genesareth enthält<br />
frisches, klares Wasser. In ihm wimmelt es von<br />
Fischen und Vegetation. Ganz anders das Tote<br />
Meer. In ihm lebt kein einziger Fisch und kaum<br />
eine Pflanze wächst an seinem Ufer.<br />
Der Unterschied beider Seen rührt von zwei<br />
Gründen her. Der See Genesareth nimmt das<br />
-Jordanwasser auf und gibt es weiter. Er ist<br />
geöffnet zum Empfangen und Geben. Das Tote<br />
Meer dagegen nimmt das Jordanwasser nur<br />
auf, gibt es aber nicht mehr ab, sondern läßt es<br />
bei sich selbst verdunsten. Dazu kommt noch:<br />
sein Untergrund besteht aus salzigem Gestein.<br />
Es ist so versalzen und verbittert, daß das<br />
Wasser selber versalzen wird, daß weder in ihm<br />
noch in seiner Nähe Leben gedeihen kann.<br />
Selbst tot und unfruchtbar, tötet es sogar<br />
anderes Leben.<br />
2<br />
In diesem Bild der beiden Seen scheint mir<br />
unser persönliches Leben und das Leben<br />
unserer Pfarrgemeinde dargestellt zu sein.<br />
Leben herrscht nur, wenn es einerseits<br />
geöffnet, empfangsbereit ist und wenn es<br />
andererseits auch Empfangenes bereitwillig<br />
weiterschenkt. Wenn beides unterbleibt, muß<br />
Leben verkümmern. Lebendige Gemeinde<br />
sollen wir werden, das ist der Wunsch unseres<br />
Diözesanbischofs. Eine christliche Gemeinde ist<br />
nur lebendig, wenn sie gemeinsam danach<br />
fragt, was Gott von ihr will, und wenn sie<br />
versucht, das Erkannte in die Tat umzusetzen.<br />
Wir wollten immer mehr bereit werden zu<br />
empfangen und das Empfangene<br />
weiterzugeben. Religiöses Tun darf niemals zu<br />
einem religiösen Konsum verkommen. Und<br />
jeder unserer Gemeinde ist aufgerufen<br />
mitzutun. Die Bischöfe unseres Landes haben<br />
nach Mariazell zur Wallfahrt der Vielfalt<br />
eingeladen. Im Gebet und<br />
Gespräch sollen Wege gesucht<br />
werden für den Weg der Kirche<br />
Österreichs in das 3. Jahrtausend<br />
hinein. Auch wir sollten uns von<br />
neuem auf den Weg machen.<br />
Manches wird vielleicht schwer<br />
sein, aber gemeinsam könnten wir<br />
es schaffen immer mehr eine<br />
lebendige, liebenswerte, christliche<br />
Gemeinde zu werden, in der alle<br />
Platz haben und in der sich alle<br />
angenommen wissen. Zwei Seen gibt es in<br />
Israel, trachten wir danach, daß wir der See mit<br />
dem lebensspendenden Wasser werden, indem<br />
wir immer wieder von neuem anfangen uns<br />
füreinander zu öffnen und füreinander<br />
dazusein, sodaß wir immer mehr zu<br />
Empfangende und Weiterschenkende werden.<br />
Das wünsche ich Ihnen und mir<br />
Impressum:<br />
Ihr Diakon Peter Graf<br />
KONTAKT - Pfarrblatt Güssing<br />
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Hersteller: DZS-DRUCKZENTRUMSÜD, 7540 Güssing<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der<br />
Autorinnen wieder.<br />
Beiträge, Leserbriefe, Berichte, Fotos und Anregungen,<br />
die bis 15. September bei der Redaktion eintreffen,<br />
werden nach Möglichkeit berücksichtigt und veröffentlicht.<br />
Danke