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#213-222 1996

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e tember KONTAKT <strong>1996</strong><br />

Das Glaubensbekenntnis<br />

Fortsetzung<br />

VIII. Der Mensch<br />

Der Mensch - Die Krone der Schöpfung? Noch vor<br />

30 Jahren konnte das II. Vaticanum sagen: „Es ist<br />

fast einmütige Auffassung der Gläubigen und der<br />

Nichtgläubigen, daß alles auf Erden auf den<br />

Menschen als seinen Mittel- und Höhepunkt<br />

hinzuordnen ist" (Gandium et spes 12). Viele sehen<br />

heute im Menschen eher den Zerstörer der Natur,<br />

ihren Störefried. Ist es nicht eine Anmaßung, wenn<br />

der Mensch sich derart über die anderen Geschöpfe<br />

erhebt?<br />

Die Größe des Menschen liegt nicht in seiner Kraft,<br />

der Löwe ist viel stärker und die Gazelle viel<br />

schneller -, sondern in seiner Geistigkeit: er allein<br />

kann erkennen und lieben und darum wissen, daß er<br />

erkennt und liebt. Und deshalb sagt das Konzil, der<br />

Mensch sei „die einzige von Gott um ihrer selbst<br />

willen gewollte Kreatur" (Gandium et spes 24,3).<br />

Und der Katechismus erklärt: „Er allein ist berufen,<br />

in Erkenntnis und Liebe am Leben Gottes<br />

teilzuhaben".<br />

Die Größe des Menschen ist, daß er Freund Gottes<br />

werden kann. Wer den Menschen nur als Glied der<br />

Natur sieht, mit keinem anderen Ziel als diesem<br />

irdischen Leben, dem wir das Psalmwort (Ps 8,5 -9)<br />

von der Herrlichkeit des Menschen übertrieben<br />

vorkommen. Wie anders sieht das aus, wenn wir<br />

uns vom Wort Gottes sagen lassen, daß der Mensch<br />

„nach dem Bild Gottes" geschaffen ist (Gen 1,27).<br />

Diese einzigartige Stellung des Menschen drücken<br />

wir mit dem Wort „Person" aus.<br />

„Weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, hat<br />

der Mensch die Würde, Person zu sein; er ist nicht<br />

bloß etwas, sondern jemand". „Person", das heißt<br />

nicht einfach eine Nummer in der Serie der Natur,<br />

sondern ein „Ich", von Gott gewollt, geliebt,<br />

gerufen. Und wer Person sagt, sagt Gemeinschaft:<br />

auch du bist nicht etwas, sondern jemand, ein „Ich",<br />

wie ich von Gott geliebt zu ewigem Leben gerufen.<br />

Daher sind „alle Menschen wahrhaft Brüder und<br />

Schwestern".<br />

IX Leib und Seele<br />

Es ist eine jedem Menschen vertraute Erfahrung,<br />

daß zwischen leiblichen und seelischen<br />

Wirklichkeiten ein Unterschied besteht.<br />

Zahnschmerzen sind etwas anderes als ein<br />

seelischer Kummer. Nachdenken ist etwas anderes<br />

als Verdauen. Und doch gehören beide dem einen<br />

Menschen an. Zu Recht sagen wir: „Ich" habe<br />

Kopfweh oder „ich" höre gerne Musik. Der Mensch<br />

ist, wie das Konzil sagt,,„in Leib und Seele einer"<br />

Daß der Mensch ein leib- seelisches Wesen ist, das<br />

in sich die geistige und die materielle Welt vereint,<br />

ist eine Wahrheit, die jeder Mensch mit seiner<br />

Vernunft einsehen kann. Trotzdem gibt es immer<br />

wieder Irrtümer über den Menschen, die<br />

schwerwiegende Folgen haben. So leugnet etwa der<br />

Materialismus die Existenz der Seele und sieht im<br />

Menschen nur einen Teil der materiellen Welt.<br />

Umgekehrt lehren die heute weit verbreiteten<br />

gnostischen, esoterischen Strömungen, der Mensch<br />

sei im Innersten göttlicher Geist, der in die ihm<br />

fremde materielle Welt herabgefallen sei.<br />

Der Glaube kommt hier der Vernunft zu Hilfe und<br />

bestärkt sie in der richtigen Einsicht, daß der<br />

Mensch aus Geistigem und Materiellem besteht.<br />

Der biblische Schöpfungsbericht sagt es in<br />

bildlicher Sprache: Gott hat den Menschen aus Erde<br />

geformt und ihm den Lebensatem eingehaucht: „So<br />

wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen"<br />

(Gen 2,7). Leib und Lebensatem sind Gottes Werk,<br />

doch erst die „Seele" macht den Menschen zum<br />

Menschen, durch sie ist er Gott ähnlich, nach<br />

seinem Ebenbild (vgl. Gn. 1;27). Deshalb ist die<br />

Seele auch kostbarer als der Leib. Das wußten zu<br />

allen Zeiten die Märtyrer: wichtiger ist es, Gott die<br />

Treue zu wahren, als sein leibliches Leben um den<br />

Preis des Verrates zu erhalten. So sagt schon im<br />

Alten Testament der greise Eleasar, den man<br />

zwingen wollte, die Gebote Gottes zu übertreten:<br />

„Mein Körper leidet qualvoll unter den Schlägen,<br />

meine Seele aber erträgt sie mit Freuden, weil ich<br />

Gott fürchte" (2 Makk 6,30). Christus selber lehrt<br />

uns: „Früchtet euch nicht vor denen, die den Leib<br />

töten, die Seele aber nicht töten können, sondern<br />

fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins<br />

Verderben der Hölle stürzen kann" (Mt. 10,28).<br />

Das hat nichts mit „Leibfeindlichkeit" zu tun. Gott<br />

konnte kein größeres Ja zum Leib sagen als durch<br />

die Menschwerdung seines Sohnes. Leiblich ist<br />

Christus geboren worden, leiblich ist er<br />

auferstanden, in seinem verherrlichten Leib sitzt er<br />

„zur Rechten Gottes", leiblich sind wir mit ihm<br />

durch die Sakramente verbunden, besonders durch<br />

die Eucharistie. Einen Leib bilden wir mit Ihm,<br />

Glieder seines Leibes dürfen wir sein. „Wißt ihr<br />

nicht, daß einer Leib ein Tempel des Heiligen<br />

Geistes ist, der in euch wohnt?" (4 Kor 6,20))<br />

Leib und Seele sind für Gott geschaffen. „Der Leib<br />

ist daher nicht für die Unzucht da, sondern für den<br />

Herrn" (1 Kor 6,13). Wir schulden dem Leib<br />

Ehrfurcht dem eigenen und dem des Nächsten,<br />

besonders des leidenden. „Verherrlicht also Gott in<br />

eurem Leib" (1 Kor 6,20). Dieter Kirchner<br />

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