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e tember KONTAKT <strong>1996</strong><br />
Das Glaubensbekenntnis<br />
Fortsetzung<br />
VIII. Der Mensch<br />
Der Mensch - Die Krone der Schöpfung? Noch vor<br />
30 Jahren konnte das II. Vaticanum sagen: „Es ist<br />
fast einmütige Auffassung der Gläubigen und der<br />
Nichtgläubigen, daß alles auf Erden auf den<br />
Menschen als seinen Mittel- und Höhepunkt<br />
hinzuordnen ist" (Gandium et spes 12). Viele sehen<br />
heute im Menschen eher den Zerstörer der Natur,<br />
ihren Störefried. Ist es nicht eine Anmaßung, wenn<br />
der Mensch sich derart über die anderen Geschöpfe<br />
erhebt?<br />
Die Größe des Menschen liegt nicht in seiner Kraft,<br />
der Löwe ist viel stärker und die Gazelle viel<br />
schneller -, sondern in seiner Geistigkeit: er allein<br />
kann erkennen und lieben und darum wissen, daß er<br />
erkennt und liebt. Und deshalb sagt das Konzil, der<br />
Mensch sei „die einzige von Gott um ihrer selbst<br />
willen gewollte Kreatur" (Gandium et spes 24,3).<br />
Und der Katechismus erklärt: „Er allein ist berufen,<br />
in Erkenntnis und Liebe am Leben Gottes<br />
teilzuhaben".<br />
Die Größe des Menschen ist, daß er Freund Gottes<br />
werden kann. Wer den Menschen nur als Glied der<br />
Natur sieht, mit keinem anderen Ziel als diesem<br />
irdischen Leben, dem wir das Psalmwort (Ps 8,5 -9)<br />
von der Herrlichkeit des Menschen übertrieben<br />
vorkommen. Wie anders sieht das aus, wenn wir<br />
uns vom Wort Gottes sagen lassen, daß der Mensch<br />
„nach dem Bild Gottes" geschaffen ist (Gen 1,27).<br />
Diese einzigartige Stellung des Menschen drücken<br />
wir mit dem Wort „Person" aus.<br />
„Weil er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, hat<br />
der Mensch die Würde, Person zu sein; er ist nicht<br />
bloß etwas, sondern jemand". „Person", das heißt<br />
nicht einfach eine Nummer in der Serie der Natur,<br />
sondern ein „Ich", von Gott gewollt, geliebt,<br />
gerufen. Und wer Person sagt, sagt Gemeinschaft:<br />
auch du bist nicht etwas, sondern jemand, ein „Ich",<br />
wie ich von Gott geliebt zu ewigem Leben gerufen.<br />
Daher sind „alle Menschen wahrhaft Brüder und<br />
Schwestern".<br />
IX Leib und Seele<br />
Es ist eine jedem Menschen vertraute Erfahrung,<br />
daß zwischen leiblichen und seelischen<br />
Wirklichkeiten ein Unterschied besteht.<br />
Zahnschmerzen sind etwas anderes als ein<br />
seelischer Kummer. Nachdenken ist etwas anderes<br />
als Verdauen. Und doch gehören beide dem einen<br />
Menschen an. Zu Recht sagen wir: „Ich" habe<br />
Kopfweh oder „ich" höre gerne Musik. Der Mensch<br />
ist, wie das Konzil sagt,,„in Leib und Seele einer"<br />
Daß der Mensch ein leib- seelisches Wesen ist, das<br />
in sich die geistige und die materielle Welt vereint,<br />
ist eine Wahrheit, die jeder Mensch mit seiner<br />
Vernunft einsehen kann. Trotzdem gibt es immer<br />
wieder Irrtümer über den Menschen, die<br />
schwerwiegende Folgen haben. So leugnet etwa der<br />
Materialismus die Existenz der Seele und sieht im<br />
Menschen nur einen Teil der materiellen Welt.<br />
Umgekehrt lehren die heute weit verbreiteten<br />
gnostischen, esoterischen Strömungen, der Mensch<br />
sei im Innersten göttlicher Geist, der in die ihm<br />
fremde materielle Welt herabgefallen sei.<br />
Der Glaube kommt hier der Vernunft zu Hilfe und<br />
bestärkt sie in der richtigen Einsicht, daß der<br />
Mensch aus Geistigem und Materiellem besteht.<br />
Der biblische Schöpfungsbericht sagt es in<br />
bildlicher Sprache: Gott hat den Menschen aus Erde<br />
geformt und ihm den Lebensatem eingehaucht: „So<br />
wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen"<br />
(Gen 2,7). Leib und Lebensatem sind Gottes Werk,<br />
doch erst die „Seele" macht den Menschen zum<br />
Menschen, durch sie ist er Gott ähnlich, nach<br />
seinem Ebenbild (vgl. Gn. 1;27). Deshalb ist die<br />
Seele auch kostbarer als der Leib. Das wußten zu<br />
allen Zeiten die Märtyrer: wichtiger ist es, Gott die<br />
Treue zu wahren, als sein leibliches Leben um den<br />
Preis des Verrates zu erhalten. So sagt schon im<br />
Alten Testament der greise Eleasar, den man<br />
zwingen wollte, die Gebote Gottes zu übertreten:<br />
„Mein Körper leidet qualvoll unter den Schlägen,<br />
meine Seele aber erträgt sie mit Freuden, weil ich<br />
Gott fürchte" (2 Makk 6,30). Christus selber lehrt<br />
uns: „Früchtet euch nicht vor denen, die den Leib<br />
töten, die Seele aber nicht töten können, sondern<br />
fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins<br />
Verderben der Hölle stürzen kann" (Mt. 10,28).<br />
Das hat nichts mit „Leibfeindlichkeit" zu tun. Gott<br />
konnte kein größeres Ja zum Leib sagen als durch<br />
die Menschwerdung seines Sohnes. Leiblich ist<br />
Christus geboren worden, leiblich ist er<br />
auferstanden, in seinem verherrlichten Leib sitzt er<br />
„zur Rechten Gottes", leiblich sind wir mit ihm<br />
durch die Sakramente verbunden, besonders durch<br />
die Eucharistie. Einen Leib bilden wir mit Ihm,<br />
Glieder seines Leibes dürfen wir sein. „Wißt ihr<br />
nicht, daß einer Leib ein Tempel des Heiligen<br />
Geistes ist, der in euch wohnt?" (4 Kor 6,20))<br />
Leib und Seele sind für Gott geschaffen. „Der Leib<br />
ist daher nicht für die Unzucht da, sondern für den<br />
Herrn" (1 Kor 6,13). Wir schulden dem Leib<br />
Ehrfurcht dem eigenen und dem des Nächsten,<br />
besonders des leidenden. „Verherrlicht also Gott in<br />
eurem Leib" (1 Kor 6,20). Dieter Kirchner<br />
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