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Mai KONTAKT <strong>1996</strong><br />
Das Glaubensbekenntnis<br />
Fortsetzung<br />
III. Gott unser Vater<br />
„Ich glaube an Gott, den Vater...". Mit diesen<br />
Worten beginnt das Apostolische<br />
Glaubensbekenntnis. Daß wir Gott Vater<br />
nennen dürfen, ist das „Herzstück" der<br />
Offenbarung Jesu. Er selber sagt zu Gott in<br />
einer so persönlichen, unverwechselbaren<br />
Weise „Vater", daß die Urkirche in ihren<br />
Gebeten das Wort im aramäischen Original<br />
bewahrt hat: „Abba". Sie tat es, weil Jesus so<br />
zu Gott gebetet und von Gott gesprochen hat<br />
und weil Er selber seine Jünger gelehrt hat,<br />
Gott als „Unser Vater" anzusprechen.<br />
In welchem Sinne Gott „Vater" ist, hat uns<br />
Jesus geoffenbart. In diesem Wort spricht Jesus<br />
sein innerstes Verhältnis zu Gott aus und<br />
offenbart gleichzeitig, zu welchem<br />
Gottverhältnis wir berufen sind. „Abba" ist ein<br />
Kinderwort wie unser „Papa". Es ist Ausdruck<br />
inniger Vertrautheit. Doch klingt darin zugleich<br />
große Ehrfurcht an. So in Jesu Gebet in<br />
Getsemani :.„Abba, Vater, alles ist dir möglich.<br />
Laß diesen Kelch an mir vorübergehen. Doch<br />
nicht wie ich will, sondern wie du willst" (Mk,<br />
14, 36-37). Bis in die letzten Gebetsworte Jesu<br />
hinein bleibt Gott für Jesus der „Vater":<br />
„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht,<br />
was sie tun!"(Lk, 23,34); „Vater, in deine<br />
Hände empfehle ich meinen Geist" (Lk 23,46).<br />
Die Worte des zwölfjährigen Jesus im Tempel<br />
lassen erahnen, daß Er immer schon aus einer<br />
alles anderen bestimmenden Beziehung zum<br />
„Vater" lebt: „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem<br />
sein muß, was meines Vaters ist?" (Lk, 2,49).<br />
Jesus selber hat den Grund dieser Beziehung<br />
genannt. „Niemand kennt den Sohn, nur der<br />
Vater, und niemand kennt den Vater, nur der<br />
Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren<br />
will" (Mt 11,27). Das heißt aber: kein Mensch,<br />
kein Geschöpf hat jemals eine dieser<br />
Vertrautheit vergleichbare Gottesbeziehung<br />
gehabt. Jesus ist „Gottes Sohn" und Gott ist<br />
Jesu Vater in einer einzigartigen Weise: „Ich<br />
und der Vater sind eins" (Joh. 10,30). Im<br />
liebenden Verhältnis zu seinen Geschöpfen<br />
kann Gott mit väterlichen wie auch mit<br />
mütterlichen Zügen dargestellt werden. Wenn<br />
Jesus uns lehrt, seinen Vater auch als unseren<br />
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Vater anzubeten, dann ist diese Anrede freilich<br />
nicht gegen eine andere austauschbar, denn sie<br />
besagt etwas über alles menschliche Begreifen<br />
hinaus Wunderbares.<br />
IV. Gott ist allmächtig<br />
Im Apostolischen Glaubensbekenntnis wird<br />
von Gott Vater nur eine Eigenschaft genannt.<br />
Er ist „der Allmächtige".<br />
Der Katechismus widmet dieser Eigenschaft<br />
Göttes einen kurzen, aber für das Ganze des<br />
Glaubens sehr gewichtigen Absatz. Denn für<br />
unser Leben hat es eine große Bedeutung zu<br />
glauben, daß Gott wirklich allmächtig ist. Wir<br />
müssen sogar sagen: wenn wir von Gott nicht<br />
glauben, daß Er allmächtig ist, dann glauben<br />
wir gar nicht, daß es Gott gibt.<br />
Das Wort „Allmacht" erinnert manche an<br />
Despotismus, blinde Gewalt, unterdrückende<br />
Herrschaft. Ganz anders klingt es im biblischen<br />
und kirchlichen Beten. Gerade weil Gott der<br />
Allmächtige und Ewige ist, wenden sich die<br />
Beter voll Vertrauen an Ihn. Gottes Allmacht<br />
ist nicht zu trennen von seiner Güte, seiner<br />
Gerechtigkeit. und seinem Erbarmen. In den<br />
Bedrängnissen dieser Welt schenkt der<br />
Aufblick zu Ihm Trost und Zuversicht.<br />
Die Erfahrung von Unglück, Leid und<br />
Bosheit kann freilich den Glauben an die Güte<br />
der Allmacht Gottes erschüttern. Warum<br />
verhindert Gott nicht das viele Leid auf Erden,<br />
wenn Er doch der Allmächtige ist? Vor dieser<br />
Frage verstummt die menschliche Weisheit.<br />
Gott selber hat aber darauf geantwortet: durch<br />
Jesus Christus. Das größte Wunder seiner<br />
Allmacht erwies Gott dadurch, daß Er Seinen<br />
Sohn in die Ohnmacht und Armut der<br />
Menschwerdung und des Kreuzes geschickt<br />
hat.<br />
An die Allmacht Gottes zu glauben, ist die<br />
Grundlage für alles, was wir im weiteren im<br />
Credo bekennen. Wie sollten wir glauben, daß<br />
Gott Himmel und Erde erschaffen hat, wenn Er<br />
nicht allmächtig ist? Und wie an das Werk<br />
Christi glauben: daß Er Mensch geworden, für<br />
uns gestorben und wirklich auferstanden ist?<br />
Und wie glauben, daß der Heilige Geist uns<br />
durch Seine Gnade verwandeln kann, wenn wir<br />
nicht mit Maria im Glauben unser Ja zur<br />
Botschaft des Engels sprechen: „Bei Gott ist<br />
nichts unmöglich" (Lk1,39). Dieter Kirchner