Nr. 18 - November / Dezember 2008
Périgord: Dordogne-Tal, Rouffignac, Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat Aix-en-Provence: auf den Spuren von Cézanne Adrennen: im sagenhaften Grün der Ardennen Lyon: Fête des Lumières Rezept: lapin à la moutarde
Périgord: Dordogne-Tal, Rouffignac, Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat
Aix-en-Provence: auf den Spuren von Cézanne
Adrennen: im sagenhaften Grün der Ardennen
Lyon: Fête des Lumières
Rezept: lapin à la moutarde
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Fokus Périgord<br />
Von oben nach unten:<br />
Im pres si onen aus dem<br />
Dordogne-Tal, Alt stadt von<br />
Sarlat-la-Ca né da, weite Flächen<br />
des Pé ri gord sind bewaldet.<br />
S. 10/11: Blick auf Castelnaud-la-<br />
Chapelle und Beynac-et-Cazenac.<br />
Oben: Sarlat. Unten: Gänse<br />
und Enten gehören zu den<br />
Botschaftern des Périgord.<br />
Denn das Périgord ist für die meisten<br />
Franzosen und auch für viele Ausländer,<br />
die dort ihren Zweitwohnsitz eingerichtet<br />
haben, vor allem Briten und Holländer,<br />
mehr als eine bloße administrative Einheit.<br />
Es ist vielmehr ein gewisses Lebensgefühl,<br />
eine bestimmte Mentalität, eine unverwechselbare<br />
Landschaft und Architektur.<br />
Dieser Ansatz hat etwas Philosophisches<br />
und Poetisches. Von dieser Warte aus betrachtet,<br />
spielen die Departementsgrenzen<br />
nur eine zweitrangige Rolle. In den meisten<br />
Reiseführern und auch im Empfinden<br />
der Touristen wird das Périgord ohnehin<br />
in einem Atemzug mit dem östlich daran<br />
anschließenden Quercy genannt.<br />
Ebenfalls eine Region, deren Namen es,<br />
administrativ gesehen, nicht gibt, die aber<br />
landschaftlich und kulturell keinen großen<br />
Unterschied zum Périgord aufweist. Warum<br />
also das Périgord in enge administrative<br />
Grenzen zwängen wollen?<br />
Aber ganz egal, wie man das Périgord<br />
im Endeffekt definiert, es ist auf jeden Fall<br />
eine Region für alle Sinne. Die Augen<br />
erfreuen sich an herrlichen An- und Ausblicken.<br />
In den Tälern und an den Ufern<br />
der Flüsse ragen immer wieder steile Felswände<br />
in die Höhe, auf denen nicht selten<br />
Burgen und Schlösser thronen. Auch<br />
manches Dorf schmiegt sich malerisch<br />
an den Felsen. Eine Landschaft, die zum<br />
Träumen und Schwärmen einlädt und irgendwie<br />
mittelalterlich wirkt. Die Ohren<br />
lauschen währenddessen dem Rauschen<br />
der Blätter, denn das Périgord wird von<br />
dichten Wäldern bedeckt. Rund 60 Prozent<br />
des Territoriums sind bewaldet, eine<br />
hohe Quote für französische Verhältnisse.<br />
Vor allem Eichen, Nussbäume und Kastanien<br />
prägen die Flora. Aber auch das Plätschern<br />
von Bächen und Flüssen oder das<br />
Gegacker von Gänsen und Enten schwirrt<br />
durch die Luft.<br />
Die Nase erfreut sich derweil am Duft<br />
von Wäldern und Erde, auch von frischen<br />
Nüssen und Trüffeln, manchmal sogar von<br />
Safran und Tabak; Gewächse, die in der<br />
Region angebaut werden und zum wirtschaftlichen<br />
Leben beitragen. Nur wenige<br />
wissen es, aber das Departement Dordogne<br />
ist die zweitwichtigste Tabakanbauregion<br />
Frankreichs. Die Pflanzen kamen<br />
im 16. Jahrhundert aus Amerika hierher<br />
und harmonieren gut mit dem Klima im<br />
Südwesten des Landes. Schließlich der<br />
Geschmacks- und Tastsinn: Im Périgord<br />
munden zartes Gänsefleisch, köstliche<br />
Entenbrust, die allgegenwärtige Foie Gras,<br />
Steinpilze, Esskastanien oder Weine aus<br />
Bergerac. Ein Paradies für Feinschmecker<br />
und Genussmenschen. Mit anderen Worten:<br />
Das Périgord ist ein Rezept mit den<br />
unterschiedlichsten Zutaten, allesamt aber<br />
von allerbester Qualität.<br />
Es mag deshalb auch gar nicht verwundern,<br />
dass dieser Landstrich schon<br />
seit Jahrtausenden menschliches Leben<br />
anzog. Unsere Vorfahren, der Homo erectus,<br />
ließen sich hier vor mehr als 450.000<br />
Jahren nieder. Man vermutet, dass sie aus<br />
Ost- oder Nordeuropa, das unter einer<br />
Eisschicht verschwand, hierher kamen. Sie<br />
siedelten sich vor allem um den heutigen<br />
Ort Les Eyzies-de-Tayac an, wo sie in den<br />
zahlreichen Höhlen und Grotten Schutz<br />
vor der Kälte fanden. Vor rund 120.000<br />
Jahren folgte dann der Neandertaler, der<br />
bereits in Stämmen lebte und besser an das<br />
Klima angepasst war, und schließlich der<br />
Homo sapiens. Vor rund <strong>18</strong>.000 bis 12.000<br />
Jahren blühte zudem die Höhlenmalerei<br />
auf. Beeindruckende Zeugnisse davon findet<br />
man in den Höhlen des Périgord: Lascaux,<br />
Font-de-Gaume oder Rouffignac.<br />
Da Menschen die Welt zudem gerne in<br />
Kategorien einteilen, existiert bereits seit<br />
dem 19. Jahrhundert eine Vierteilung des<br />
Périgord, die gerade in letzter Zeit immer<br />
mehr von den örtlichen Marketingexperten<br />
ausgeschlachtet wird. Der Ansatz ist<br />
deshalb aber nicht weniger originell. Man<br />
spricht vom Périgord der vier Farben: Das<br />
weiße Périgord mit seinen hellen kalkhaltigen<br />
Böden um Périgueux herum. Das<br />
grüne Périgord mit seinen dichten Wäldern<br />
und Lichtungen ganz im Norden bei<br />
Nontron. Das purpurrote Périgord mit<br />
seinen Weinfeldern und mittelalterlichen<br />
Burgen in der Umgebung von Bergerac.<br />
Schließlich das schwarze Périgord mit<br />
verwunschenen Wäldern entlang der Ufer<br />
der Dordogne.<br />
Doch am Ende bleibt auch dies nur<br />
ein Versuch, das Périgord besser zu erfassen.<br />
Eigentlich hat die Region es gar<br />
nicht nötig, klassifiziert zu werden. Es<br />
reicht aus, einfach in diesen wunderbaren<br />
Landstrich im Südwesten Frankreichs<br />
zu reisen und das typische Lebensgefühl<br />
wie eine frische Brise einzuatmen. Alles<br />
andere wird dann nebensächlich.<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong>