Nr. 18 - November / Dezember 2008
Périgord: Dordogne-Tal, Rouffignac, Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat Aix-en-Provence: auf den Spuren von Cézanne Adrennen: im sagenhaften Grün der Ardennen Lyon: Fête des Lumières Rezept: lapin à la moutarde
Périgord: Dordogne-Tal, Rouffignac, Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat
Aix-en-Provence: auf den Spuren von Cézanne
Adrennen: im sagenhaften Grün der Ardennen
Lyon: Fête des Lumières
Rezept: lapin à la moutarde
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Prunk, wohin man schaut. Der imposante Saal, die alte Throngalerie, die<br />
Napoléon III. <strong>18</strong>52 in einen Festsaal umbauen ließ und seitdem mehrfach<br />
umgestaltet wurde, ist heute Treffpunkt für Senatoren und Journalisten.<br />
wesentlich schwieriger werden, eine Drei-<br />
Fünftel-Mehrheit für Verfassungsänderungen<br />
zusammenzubekommen.<br />
Doch die Kritik am Senat bezieht sich<br />
nicht nur auf den Wahlmodus. Auch sein<br />
Etat wird immer wieder hinterfragt, der<br />
offiziell mit 350 Millionen Euro im Jahr<br />
angegeben wird. Eine Summe, die in Zeiten<br />
knapper öffentlicher Kassen viele als verschwenderisch<br />
ansehen. Davon erhält jeder<br />
Senator steuerfreie 5.400 Euro im Monat,<br />
dazu eine Präsenzzulage von 160 Euro, eine<br />
Funktionszulage von 1.400 Euro und eine<br />
Repräsentationszulage von 6.100 Euro, die<br />
für die Personalkosten eines Sekretariats<br />
genutzt oder aber auch selbst einbehalten<br />
werden können. Außerdem profitiert ein<br />
Senator vom senatseigenen Fuhrpark, von<br />
einer Dauerkarte in der ersten Klasse für die<br />
französische Bahn, von 40 Freiflügen zwischen<br />
Paris und seinem Wahlkreis, freiem<br />
Postverkehr und vielem mehr. Lange Zeit<br />
waren die vielen Vergünstigungen mehr<br />
oder weniger diskret behandelt worden, mittlerweile werden<br />
sie aber in der Presse diskutiert, was das Ansehen der<br />
Senatoren in der Öffentlichkeit nicht gerade bessert.<br />
Noch empfindlicher reagieren die Franzosen auf die<br />
üppigen Einkünfte der Senatoren wegen der wenigen Zeit,<br />
die die Senatoren bei der Arbeit anzutreffen sind. Denn das<br />
hochherrschaftliche Halbrund ihres Sitzungssaals ist die<br />
meiste Zeit über leer. Der Grund dafür ist ganz einfach: Im<br />
Senat kann, im Gegensatz zur Assemblée Nationale, ein<br />
einziger Abgeordneter für die gesamte Gruppe stimmen,<br />
der er angehört. Der Rest der hohen Herren und Frauen<br />
braucht sich im Senat dafür nicht blicken zu lassen.<br />
In einem von Mediapart veröffentlichten Artikel untersuchte<br />
die Journalistin Mathilde Mathieu die Protokolle<br />
des Senats und veröffentlichte die darin enthaltenen Redebeiträge<br />
der Doyenne des Senats, der 91-jährigen Senatorin<br />
Paulette Brisepierre (UMP). Die Senatorin hat sich in der<br />
Sitzungsperiode 2007/<strong>2008</strong> genau viermal zu Wort gemeldet,<br />
und zwar mit folgenden bescheidenen Worten: « Ganz<br />
genau! » (14. April), « Wie schade! » (14. Mai), « Sehr gut! »<br />
(2. Oktober) und « Ja, aber das ist eine alte Geschichte » (3.<br />
Oktober). Man muss schon zugeben, dass das keine intensive<br />
Diskussionsbeteiligung ist. Die Senatorin hat mittlerweile<br />
die weise Entscheidung getroffen, sich kein weiteres<br />
Mal für den Senat zur Wahl zu stellen. Diese amüsante<br />
Anekdote zeigt, wie sehr die Institution vielleicht an ihrer<br />
Struktur krankt. Mittlerweile ist übrigens Serge Dassault<br />
(ebenfalls UMP) dienstältestes Mitglied des Senats geworden<br />
– im Alter von 83 Jahren...<br />
Es gibt aber auch Zeichen des Fortschritts. Bei den<br />
Wahlen im September hat sich das Palais du Luxemburg<br />
wieder etwas mehr den Frauen geöffnet. Anstatt zuvor 60<br />
zählt es nun 75 Senatorinnen, was bei 343 Sitzen eine Quote<br />
von knapp 22 Prozent bedeutet. Wenn auch dieser Wert<br />
noch nicht überzeugend ist, beträgt dagegen der Anteil von<br />
Frauen in der Assemblée Nationale nur ganze <strong>18</strong> Prozent.<br />
Außerdem zählt der neue Senat mittlerweile drei Frauen<br />
maghrebinischer Abstammung, während in der Assemblée<br />
Nationale keine einzige Frau dieser Herkunft vertreten ist.<br />
Den Senat nun mit dem vorwiegend Schlechten der Republik<br />
in Verbindung zu bringen, wird ihm aber auch nicht<br />
gerecht. Zunächst einmal spielt er eine nicht zu unterschätzende<br />
stabilisierende Rolle im parlamentarischen System<br />
des Landes. Hin und wieder opponiert er selbst gegen eine<br />
Regierung, deren politische Richtung er eigentlich vertritt<br />
– so seltsam das auch klingen mag. Bei der Einführung<br />
der DNA-Tests zur Kriminalitätsbekämpfung verweigerte<br />
er beispielsweise dem Gesetz seine Zustimmung, obwohl<br />
es sich um ein Gesetzesvorhaben der konservativen Partei<br />
handelte. Außerdem zeichnet der Senat auch für eine Reihe<br />
sehr detaillierter und renommierter Enquête-Berichte<br />
verantwortlich, die politische, wirtschaftliche und soziale<br />
Fragen erörterten.<br />
Sicher, der Senat repräsentiert einen langsamen und behäbigen<br />
Politikstil. Seine Mitglieder, vielleicht weil sie älter<br />
sind als ihre Kollegen der Assemblée Nationale, behandeln<br />
die Dinge abseits des hektischen politischen Tagesgeschäfts<br />
mit einer ihnen eigenen Ruhe. Die Langsamkeit,<br />
die ihnen oft vorgeworfen wird, hat aber auch eine beruhigende<br />
Gründlichkeit zur Folge. In einer Gesellschaft,<br />
die immer kurzfristiger auf politische Probleme reagieren<br />
muss, hat eine solche Arbeitsweise keinen leichten Stand.<br />
Will der Senat in Zukunft weiter bestehen, muss er sich<br />
wohl verändern, sich mehr zur Gesellschaft öffnen und<br />
stärker an den aktuellen Debatten teilnehmen. Er selbst<br />
und die Gesellschaft würden damit nur gewinnen.<br />
Frankreich erleben · <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong> · 53