Nr. 18 - November / Dezember 2008
Périgord: Dordogne-Tal, Rouffignac, Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat Aix-en-Provence: auf den Spuren von Cézanne Adrennen: im sagenhaften Grün der Ardennen Lyon: Fête des Lumières Rezept: lapin à la moutarde
Périgord: Dordogne-Tal, Rouffignac, Périgueux, Brantôme, Bergerac, Sarlat
Aix-en-Provence: auf den Spuren von Cézanne
Adrennen: im sagenhaften Grün der Ardennen
Lyon: Fête des Lumières
Rezept: lapin à la moutarde
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Kulturschock<br />
Unterwegs im TGV...<br />
Denke ich an das Bahnfahren in Frankreich, muss ich<br />
immer ein bisschen schmunzeln. Irgendwie hat die<br />
französische Bahn eine Art sich zu präsentieren, die<br />
mich als Deutschen etwas erstaunt. Da sind zum einen die<br />
knalligen Bonbonfarben, mit denen die SNCF wirbt. Und<br />
dann die Website. Sie ist grellbunt und etwas überladen mit<br />
Animationen – wenn man die Unaufgeregtheit der Website<br />
der Deutschen Bahn gewohnt ist, kommt man sich eher wie<br />
auf einer Seite zum Download von Klingeltönen vor.<br />
Aber was kümmern mich die Farben – Hauptsache, ich<br />
komme schnell von A nach B. Und dafür ist der Hochgeschwindigkeitszug<br />
TGV das Aushängeschild der französischen<br />
Bahn. Mit ihm kann man in sensationellen drei<br />
Stunden von Paris nach Marseille fahren! Man stelle sich<br />
vor, in drei Stunden von Hamburg nach München zu reisen.<br />
In Deutschland undenkbar! Bei uns hält der ICE alle<br />
halbe Stunde einmal an – in Frankreich braust er mit wenigen<br />
Halten durch das Land. Und dabei sind die Preise der<br />
französischen Staatsbahn im Vergleich zur Deutschen Bahn<br />
recht moderat gehalten.<br />
Eine etwas eigene Spezies sind allerdings die französischen<br />
Schaffner. Ein französischer Schaffner hat nämlich<br />
andere Dinge zu tun, als ein deutscher. Er geht während<br />
der Fahrt durch die Gänge und fragt, ob alles in Ordnung<br />
sei und ob jemand noch ein Ticket benötige. Er knipst die<br />
Tickets aber nicht ab, denn das Entwerten der Fahrkarten<br />
übernimmt der Fahrgast selbst. An jedem Bahngleis stehen<br />
mehrere dieser kleinen gelben Automaten, an denen man<br />
seine Fahrkarte selbst abstempeln muss. « Compostez votre<br />
ticket » steht darauf. Jedes Mal habe ich die alberne Vorstellung,<br />
dass ich mein Ticket auf einen Komposthaufen werfen<br />
soll. Soll ich natürlich nicht, ich soll meine Fahrkarte<br />
entwerten. So ganz verstehe ich dieses System nicht: Man<br />
kauft ein Ticket, entwertet es vor Fahrtantritt selbst und<br />
trifft auf einen Schaffner, der einen eigentlich nicht kontrolliert.<br />
Obwohl, mittlerweile hat sich das geändert. Seit einem<br />
Jahr kontrollieren die Schaffner jeden Reisenden. Nur<br />
das Entwerten, das haben weiterhin die Fahrgäste selbst<br />
zu erledigen. Übrigens, die etwas gewöhnungsbedürftigen<br />
grellblauen Uniformen der Schaffner werden demnächst<br />
durch eine neue Kreation von Christian Lacroix ersetzt.<br />
Bei meiner ersten Fahrt im TGV überrascht mich noch<br />
so einige. Ich bin auf dem Weg von Paris nach Marseille<br />
und staune nicht schlecht, dass die SNCF für diese Strecke<br />
Doppelstockzüge einsetzt. Als ich durch den Zug<br />
gehe und dabei das « Erdgeschoss » benutze, stecke ich<br />
ganz schnell in der Sackgasse. Denn in den französischen<br />
Doppelstock-TGV sind die Durchgänge nur in der zweiten<br />
Ebene vorgesehen. Verwundert bin ich auch, dass das<br />
blitzschnelle moderne Gefährt innen doch etwas spartanisch<br />
eingerichtet ist. Die Sitze sind ein bisschen zu eng<br />
und ich suche vergebens einen Hebel, um die Position der<br />
Lehne zu verändern.<br />
Auch wenn die Fahrtzeit nach Marseille nur drei Stunden<br />
beträgt, bekomme ich bald Appetit auf einen kleinen<br />
Snack und ich begebe mich zum Restaurant, welches sich<br />
aber als eine Art Stehimbiss entpuppt. Zwar kann man<br />
ein paar warme Gerichte kaufen, muss die ziemlich überteuerten<br />
Gerichte aber im Stehen einnehmen. Heute weiß<br />
ich, dass man in der 1. Klasse auch am Platz bedient wird<br />
– wenn man bereits beim Ticketkauf diesen Service nachgefragt<br />
hat. Dem Fahrgast wird dann ein warmes Standardmenü<br />
serviert. Dafür wiederum gibt es im Zug verteilt<br />
mehrere Getränkeautomaten, an denen Kaffee und andere<br />
heiße Getränke zu haben sind. Das ist ein Service, den ich<br />
in Deutschland auch gerne hätte – wie oft musste ich schon<br />
Kaffeebecher durch etliche Abteile jonglieren, wenn ich<br />
vom Zugrestaurant kam.<br />
Einen Service bietet die französische Bahn seit Neuestem,<br />
der mich nun wirklich verblüfft. Mit der Aktion SmOS<br />
(www.tgv.dilelui.com) sorgt die SNCF für das Liebesglück<br />
ihrer Fahrgäste. Hat man nämlich einen Mitreisenden<br />
sympathisch gefunden, sich aber nicht getraut, ihn anzusprechen,<br />
kann man jetzt auf der Website der SNCF eine<br />
Annonce aufgeben. Über 1.500 Einträge der folgenden Art<br />
soll es schon geben: « Habe Dir auf der Strecke Paris-Nantes<br />
gegenüber gesessen. Du hast die ganze Zeit telefoniert und<br />
dabei so süß gelächelt. Würde Dich gerne näher kennenlernen.<br />
» Und damit der oder die Betreffende auch genau weiß,<br />
wer ihm da schreibt, kann man der Suchanfrage ein Passbild<br />
hinzufügen. Kann es eine überzeugendere Bestätigung<br />
dafür geben, dass Frankreich das Land der Liebe ist?<br />
Die Zeichnung in der letzten Ausgabe war eine<br />
Reminiszenz an Frédéric Rouvillois, Autor des Buches<br />
« Geschichte der Höflichkeit ». Und dieses Mal?<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>November</strong> / <strong>Dezember</strong> <strong>2008</strong>