Nr. 18 - November / Dezember 2008

Leben in Frankreich
Was sollte man übers Radfahren
in Frankreich wissen?
Seit einigen Jahren entdeckt
Frank reich das Fahrrad neu. Überall
entstehen neue Radwege und werden
städtische Mietstationen eröffnet.
Durch Impulse gerade der großen
Städte wie Toulouse und Paris werden
umfangreiche öffentliche Programme
aufgelegt, um die Bevölkerung
wieder auf das Rad zu bringen. Denn
das Radfahren ist ein zeitgemäßes
Fortbewegungsmittel, das nicht nur
aus gesundheitsfördernden Gründen
wieder in Mode gekommen ist,
sondern auch schlicht aus Gründen
der Sparsamkeit: hohe Spritpreise
und Parkgebühren verleiden den
Städtern das Autofahren. Außerdem
unternehmen die Kommunen immer
größere Anstrengungen, die Umweltverschmutzungen
in den Innenstädten
zu reduzieren. Das Radfahren ist
aber nicht immer ganz ungefährlich.
In Frankreich, wie auch überall sonst,
sind im Straßenverkehr mit dem
Fahrrad einige Regeln zu beachten,
von denen manche von den Behörden
besonders ernst genommen werden.
Fahrradausstattung
Ein Fahrrad in Einzelteilen zu
verkaufen, ist in Frankreich verboten.
Die in Deutschland beliebten Selbstbauräder,
bei denen der Kunde sparen
kann, weil er die Endmontage selbst
übernimmt, wird man bei unserem
Nachbarn nicht finden. Jedes Modell,
das zum Verkauf angeboten wird,
muss fahrbereit sein. Die Ausrüstung
muss zwei funktionstüchtige Bremsen,
einen Warnsignalgeber (Klingel),
ein Vorderlicht mit weißer oder
gelber Farbe und ein rotes Hinterlicht
umfassen. Außerdem gehören Reflektoren
zwingend dazu. Auch wenn
die Polizei diese Vorgaben selten
überprüft, sind sie doch unersetzlich.
Auch in Frankreich gehören Unfälle
mit unzureichend ausgestatteten
Fahrrädern zur traurigen Realität.
Warnwestenpflicht
Seit 1. Oktober wurde in Frankreich
für Fahrradfahrer zudem die
Pflicht zum Tragen einer Warnweste
außerhalb geschlossener Ortschaften
bei Dunkelheit und bei schlechten
Witterungsverhältnissen eingeführt.
Es sind die gleichen Warnwesten,
die auch Autofahrer für den Fall
einer Panne vorhalten müssen. Eine
Helmpflicht besteht in Frankreich
beim Fahrradfahren dagegen nicht,
allerdings gibt es mittlerweile nicht
wenige, die sie fordern.
Fahrradwege
Wenn es Radwege gibt, muss der
Radfahrer sie benutzen. Gibt es sie
nicht, kann er auf der Straße fahren
und hat sich dabei am rechten Straßenrand
aufzuhalten – sofern der Zustand
der Straße das zulässt. Die Radwege
selbst sind wiederum einzig den Radfahrern
vorbehalten. Für Fußgänger
und vor allem für motorisierte Zweiräder
sind sie verboten. Den Radweg in
der falschen Richtung entlangzufahren
ist untersagt, es sei denn, die Beschilderung
erlaubt dies ausdrücklich.
Mittlerweile werden von den Städten
immer häufiger breite Radwege eingerichtet,
die in beide Richtungen zu
befahren sind. Was gerne getan wird,
aber auch nicht erlaubt ist, ist das Fahren
auf den Gehwegen. Wer auf dem
Bürgersteig oder in Fußgängerzonen
mit dem Rad unterwegs ist, muss
absteigen. Die Radbenutzung ist dort
nur gestattet, wenn das Rad sicher an
der Hand geschoben wird.
Verkehrsregeln
Außerdem müssen Fahrradfahrer
in Frankreich die Straßenverkehrsordnung
genauso beachten, wie alle
anderen Verkehrsteilnehmer auch.
Das bedeutet vor allem, an einer roten
Ampel anzuhalten und dabei Autos
oder Fußgänger nicht zu behindern.
Radfahrer haben unterwegs ebenso
die Vorfahrtsregeln zu beachten, wobei
natürlich auch für sie die Rechtsvor-Links-Regel
gilt. Außerdem
müssen sie als Rechtsabbieger den
Fußgängern, die die Straße überqueren
wollen, die Vorfahrt gewähren.
Erlaubt ist ebenfalls nicht, sich
als Fahrradfahrer von einem anderen
Gefährt abschleppen oder ziehen
zu lassen, genauso wenig, wie eine
zusätzliche Person auf dem Rad zu
transportieren. Ausgenommen von
dieser Regel sind natürlich Fahrräder,
die extra dafür gebaut wurden – Tandemräder
zum Beispiel. Auch für die
Beförderung von Kindern mit dem
Rad gelten Ausnahmen, allerdings
müs sen spezielle Sitze am Fahrrad
mon tiert sein, wobei auch die Fußstützen
bestimmten Standards zu
entsprechen haben. Im Unterschied
zu den Regeln in vielen deutschen
Städten ist in Frankreich die Mitnahme
von Fahrrädern im Öffentlichen
Nah verkehr ohne jede Ausnahme
untersagt.
Anschließen der Räder
Eigentlich ist das Anschließen
von Fahrrädern an öffentlichem
Stadt mobiliar offiziell verboten, soweit
es nicht extra dafür vorgesehen
ist (Fahrradständer oder spezielle
Parkhäuschen). Trotzdem wird dem
Frankreichbesucher auffallen, dass
jeder sein Fahrrad anschließt, wo
immer er will, besonders in Paris,
wo selbst für Fahrräder Platzmangel
herrscht. Es ist außerdem natürlich
empfehlenswert, wie überall sonst,
ein Fahrradschloss von guter Qualität
zu benutzen und sein Fahrrad nicht
nur in sich, sondern an einem festen
Gegenstand anzuschließen. Unnötig
zu betonen, dass auch das leider nicht
immer vor Diebstahl schützt.
58 · Frankreich erleben · November / Dezember 2008