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Society 379

The latest issue of SOCIETY features Portugal as a focus country. It also has interviews with the new Ambassadors of Afghanistan, Ireland and Kazakhstan. Other topics are the countries of the Western Balkans, EU and culture.

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SOCIETY<br />

Dem Wissen<br />

verpflichtet<br />

Im Interview mit SOCIETY spricht Hannelore<br />

Veit über ihre Karriere, die politische Situation<br />

in den USA und den Vorsitz im Alumniverband<br />

der Universität Wien.<br />

Sie waren von 1989 bis Ende 2020 für<br />

den ORF tätig, was waren in dieser Zeit<br />

Ihre persönlichen Höhepunkte, was<br />

die größten Herausforderungen?<br />

Ein erster Höhepunkt war meine Tätigkeit<br />

in Japan, die mir sehr viele neue<br />

Eindrücke und – zum ersten Mal in<br />

meinem Leben – einen Kulturschock<br />

eingebracht hat. Ich habe dort gelernt,<br />

den Menschen unvoreingenommen<br />

zu begegnen und nicht jedem gleich<br />

die eigene Denkweise überzustülpen.<br />

Eine wunderbare Erfahrung war<br />

natürlich auch, dass ich 19 Jahre lang<br />

mit wechselnden Partnern die ZIB<br />

moderieren durfte. Im Hinterkopf hatte<br />

ich allerdings immer den Gedanken,<br />

dass ich zurück in die USA wollte; auch<br />

nach acht Jahren als Korrespondentin<br />

in Washington wäre ich eigentlich nur<br />

allzu gerne noch länger dort geblieben.<br />

Die größte Herausforderung meiner<br />

Karriere war zweifelsohne 9/11: Wir<br />

saßen in einer Redaktionssitzung und<br />

haben am CNN-Monitor gesehen,<br />

wie die Flieger in die Türme krachten<br />

– ein paar Minuten später bin ich auf<br />

Sendung gegangen. Menschen beim<br />

Sterben zuzusehen und gleichzeitig am<br />

Moderationstisch professionellen Abstand<br />

halten zu müssen geht natürlich<br />

an die Substanz.<br />

Über sieben Jahre lang haben Sie das<br />

Korrespondenten-Büro des ORF in Washington<br />

geleitet (2013 bis 2020) und<br />

sowohl die Wahl von Donald Trump als<br />

auch die von Joe Biden hautnah miterlebt.<br />

Wie würden Sie den Status quo<br />

des Landes definieren?<br />

Die USA sind ein extrem gespaltenes<br />

Land, das kontinuierlich von einer Krise<br />

in die nächste geschlittert ist. Es gibt<br />

eine große Schere zwischen Links und<br />

Rechts, Jung und Alt, Stadt und Land.<br />

Die jeweiligen Wahrnehmungsblasen<br />

sind sehr abgeschottet, die Menschen<br />

holen sich nur die Informationen, die<br />

sie auch hören wollen. Für Europäer<br />

war die Wahl Trumps nicht wirklich<br />

nachvollziehbar, aus der Innensicht ist<br />

sie etwas verständlicher: Trump hat<br />

wirklich die Menschen angesprochen,<br />

die sich total an den Rand gedrängt<br />

gefühlt haben, diejenigen, die mit der<br />

Politmaschinerie in Washington nichts<br />

zu tun haben wollten. Durch seine<br />

Politik und Rhetorik hat er die Spannungen<br />

im Land noch verschärft; auch<br />

jetzt ist sein Einfluss auf das politische<br />

Geschehen immer noch recht groß.<br />

Biden ist als „bipartisan“ angetreten,<br />

als Präsident aller Amerikaner. Bis jetzt<br />

bringt er seine Agenda aber vor allem<br />

alleine, ohne Republikaner durch.<br />

Dabei bewegt er sich weiter auf den<br />

lauten, medienpräsenten linken Flügel<br />

seiner Partei zu, als ich es mir anfangs<br />

erwartet hätte. Nächstes Jahr im<br />

Herbst finden wieder Kongresswahlen<br />

statt, die sich normalerweise immer<br />

gegen den amtierenden Präsidenten<br />

richten. Dass Biden dann die Mehrheit<br />

in zwei Häusern erreichen wird, ist<br />

unwahrscheinlich – im Senat hält er sie<br />

schon jetzt nur sehr knapp.<br />

Seit Anfang dieses Jahres sind Sie<br />

Präsidentin des Alumniverbandes der<br />

Universität Wien. Wie kam es dazu und<br />

welche Pläne und Projekte verfolgen<br />

Sie in dieser Position?<br />

Ich fühle mich geehrt und freue mich<br />

sehr darüber, diese Stelle einzunehmen.<br />

Das hängt vielleicht auch damit<br />

zusammen, dass ich von einer amerikanischen<br />

Universität komme – dort<br />

ist das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

unter Alumni besonders stark. Für ganz<br />

wichtig halte ich Netzwerkaktivitäten.<br />

An einer Massenuniversität wie die<br />

Uni Wien ist es sehr viel schwieriger,<br />

Menschen zusammenzubringen. Wir<br />

arbeiten gerade an neuen Konzepten:<br />

Ab dem Herbst sollen wieder physische<br />

oder zumindest hybride Events<br />

stattfinden, bei denen man spannende<br />

Leute kennenlernen kann. Wir haben<br />

ein Mentoring Programm ins Leben gerufen<br />

um Studierenden zur Seite zu stehen,<br />

und bieten Wissensupdates mit<br />

und von Albsolventen. Weitere Ideen in<br />

Planung sind Awards für Absolventen,<br />

die herausragenden Leistungen erbracht<br />

haben, Chapter im Ausland oder<br />

Einblicke in den Berufsalltag prominenter<br />

Alumni zu ermöglichen. Vor allem<br />

möchten wir das Bewusstsein dafür<br />

schärfen, dass wir stolz sein können,<br />

AbsolventInnen der Universität Wien<br />

zu sein.<br />

Foto: Alexandre Fauqueux<br />

BILDUNG<br />

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