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Society 379

The latest issue of SOCIETY features Portugal as a focus country. It also has interviews with the new Ambassadors of Afghanistan, Ireland and Kazakhstan. Other topics are the countries of the Western Balkans, EU and culture.

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SOCIETY<br />

Drei Musketiere und<br />

eine Schildkröte<br />

Christian Wehrschütz schreibt in seinem Gastbeitrag<br />

für das SOCIETY Magazin über den mühsamen Weg<br />

Albaniens in Richtung EU.<br />

„Wir sind die drei Musketiere – Einer für<br />

alle, alle für einen!“ sagte Außenminister<br />

Alexander Schallenberg jüngst in Tirana<br />

bei der gemeinsamen Pressekonferenz<br />

mit den Außenministern Tschechiens<br />

und Sloweniens zur albanischen Außenministerin<br />

Olta Xhacka. Die Pressekonferenz<br />

fand im Garten des albanischen<br />

Außenministeriums statt; zum Schluss<br />

spazierte eine Schildkröte durch das<br />

Gras vor dem Tisch, an dem die vier<br />

Personen saßen. Das Gelächter vor allem<br />

der Journalisten war groß, denn ein<br />

besseres Symbol für den Kriechgang, in<br />

dem die EU-Annäherung des Westbalkans<br />

abläuft, kann der Zufall eigentlich<br />

nicht bescheren.<br />

Den Beginn von Beitrittsgesprächen<br />

mit Nord-Mazedonien und Albanien<br />

empfiehlt die EU-Kommission seit vielen<br />

Jahren; formell beschlossen ihn die<br />

27-EU-Staaten zu Beginn der Corona-<br />

ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz<br />

Krise im Frühling 2020 nach zweimaliger<br />

Verschiebung, die vor allem Frankreich<br />

und die Niederlande erzwangen. Offen<br />

ist, ob unter der portugiesischen EU-<br />

Präsidentschaft endlich die formelle<br />

Eröffnung durch eine Regierungskonferenz<br />

stattfinden wird. Die Chancen<br />

dafür haben sich vor allem für Nord-<br />

Mazedonien verschlechtert; nach der<br />

mühevollen Beilegung des Namensstreits<br />

mit Griechenland blockiert<br />

nun Bulgarien und zwar ebenfalls mit<br />

einem Rückgriff auf die umstrittene gemeinsame<br />

Geschichte. Eine Trennung<br />

von Nord-Mazedonien und Albanien<br />

kommt für Schallenberg und Co aber<br />

nicht in Frage. In Tirana wollte Ministerpräsident<br />

Edi Rama keine Prognose<br />

abgeben, wie die EU entscheiden wird.<br />

„Es ist unmöglich derzeit Vorhersagen<br />

zu machen, was die EU tun wird. Es ist<br />

leichter vorherzusagen, dass Österreich<br />

Fußballweltmeister wird als was<br />

die EU tun wird. Einerseits haben wir<br />

eine starke Gruppe von Mitgliedern, die<br />

uns und den Beginn von Beitrittsverhandlungen<br />

unterstützt. Dazu zählen<br />

Österreich, Tschechien und Slowenien,<br />

die hier von ihren drei Außenministern<br />

vertreten wurden; sie sind seit langem<br />

dafür, dass der formelle Verhandlungsprozess<br />

beginnen muss. Auf der anderen<br />

Seite gibt es einige andere Länder,<br />

die skeptisch sind, ungeachtet der Tatsache,<br />

dass die Entscheidung für den<br />

Beginn der Verhandlungen von allen<br />

Ländern insgesamt getroffen wurde.<br />

Doch dieser Beginn ist blockiert, weil<br />

es keinen Konsens gibt.“ Widerstand<br />

kommt offiziell vor allem aus den Niederlanden<br />

und Frankreich; sie werfen<br />

Albanien vor, zu wenig gegen Korruption<br />

und Organisierte Kriminalität zu tun,<br />

doch die Erweiterungsmüdigkeit ist in<br />

der EU viel weiter verbreitet. Tatsache<br />

ist, dass Geldwäsche und Drogenhandel<br />

tatsächlich weiterhin eine große<br />

Herausforderung für das „Land der<br />

Skipetaren“ darstellt. Befürworter des<br />

Beginns der Verhandlungen weisen<br />

aber mit Recht darauf hin, dass es nur<br />

um den Beginn der Gespräche geht, die<br />

viele Jahre dauern werden, und nicht<br />

um den Beitritt selbst, und dafür sind<br />

beide Länder zweifellos „reif“. Zu den<br />

grundsätzlich positiven Entwicklungen<br />

zählt in Albanien die Durchleuchtung<br />

der Justiz: Seit mehr als drei Jahren<br />

werden Richter und Staatsanwälte<br />

durch eine Kommission durchleuchtet.<br />

Diesen sogenannte „Vetting-Prozess“<br />

haben bisher 370 Juristen durchlaufen,<br />

nur 40 Prozent von ihnen haben bestanden.<br />

Hinzu kommt die schlechte<br />

Organisation der Justiz insgesamt; der<br />

Weg zum Recht für den Bürger gleicht<br />

einem Spießrutenlauf. Positiv zu verbuchen<br />

ist, dass die Parlamentswahl<br />

jüngst – trotz vieler Mängel – recht<br />

gesittet ablief.<br />

Der sozialistische Ministerpräsident Edi<br />

Rama gewann neuerlich die absolute<br />

Mehrheit und beginnt damit eine dritte<br />

Amtszeit. Rama will die Modernisierung<br />

Albaniens massiv vorantreiben, die in<br />

den vergangenen 15 Jahren sichtbare<br />

Fortschritte gemacht hat; auch die Corona-Pandemie<br />

hat das Land erstaunlich<br />

gut gemeistert.<br />

WIRTSCHAFT/WESTBALKAN<br />

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