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Society 379

The latest issue of SOCIETY features Portugal as a focus country. It also has interviews with the new Ambassadors of Afghanistan, Ireland and Kazakhstan. Other topics are the countries of the Western Balkans, EU and culture.

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SOCIETY<br />

Moderatorinnenleben<br />

in Pandemiezeiten<br />

Lineares Fernsehen erlebte in der Coronakrise einen Boom –<br />

Moderatorin Denise Aichelburg gewährt einen Einblick in den<br />

hektischen News-Alltag in Zeiten der Pandemie.<br />

8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 – die vertraute Stimme<br />

der Chefin vom Dienst leitet den<br />

Countdown ein, bevor die Titelmelodie<br />

der Signation ertönt und nur ein paar<br />

Sekunden bleiben, ein Augenblick, der<br />

noch mir gehört. Ich atme tief ein, dann<br />

ist es soweit und ich bin on Air. Wie<br />

immer verspüre ich ein leichtes Kribbeln<br />

im Bauch, auch wenn ich schon<br />

sehr lange nicht mehr nervös bin. Die<br />

einleitenden Worte meiner Moderation<br />

kommen wie von allein über meine<br />

Lippen. Ab jetzt bin ich jemand<br />

anderes, ich spiele meine Rolle. Ich<br />

konzentriere mich auf meine Haltung,<br />

meine Aussprache und vor allem auf<br />

die Worte, die ich wähle. Wir sprechen<br />

immer frei, ohne Prompter, da muss<br />

man bei komplexeren Themen schon<br />

gut eingelesen sein. Meine Dolmetscherausbildung<br />

kommt mir zugute;<br />

für alles, was ich sagen will, fallen mir<br />

fünf verschiedene Varianten ein. Im<br />

Laufe einer Moderationswoche mit<br />

OE24 -Moderatorin und SOCIETY-Gastautorin<br />

Denise Aichelburg<br />

jeweils sieben Stunden Live- Moderation<br />

werden die verfügbaren Varianten<br />

allerdings sukzessive weniger. Auch<br />

ModeratorInnen sind nur Menschen.<br />

Mit Bedacht leite ich das Thema der<br />

nächsten Sendung ein, ein Special Report.<br />

Dann blicke ich nach rechts, denn<br />

ich bin nicht allein im Studio. Mein Kollege<br />

lächelt verschmitzt, als die MAZ<br />

zu laufen beginnt, denn das bedeutet:<br />

Wir können uns endlich unterhalten.<br />

Ein bis drei Minuten lang herrscht der<br />

übliche Smalltalk: „Wie geht’s dir, wie<br />

waren deine freien Tage ? … und neuerdings,<br />

„Wann wirst du geimpft?“. Dank<br />

einer Initiative des ORF wurden wir<br />

MedienmitarbeiterInnen vorgezogen.<br />

Wir freuen uns darüber. Auch wenn<br />

wir uns regelmäßig testen lassen und<br />

auch alle Studiogäste nur mit Test<br />

Einlass finden, erst mit der Impfung<br />

werden wir uns sicherer fühlen.<br />

Es dauert nicht lange und der erste<br />

Studiogast nimmt Platz, davor verabschiedet<br />

sich mein Kollege, der<br />

schon seit den Vormittagsstunden<br />

im Dienst ist, in die wohlverdiente<br />

Pause. Mit einem bekannten Virologen<br />

spreche ich über die aktuelle Lage.<br />

„Kommen die nächsten Öffnungen zu<br />

früh oder gerade richtig? Welche Gefahr<br />

stellen die Mutationen noch dar?<br />

Wie wird der Sommer und vor allem<br />

der Herbst? Wann ist es vorbei?“ In der<br />

anschließenden Werbepause rechne<br />

ich einmal grob nach; seit Beginn der<br />

Krise muss ich mindestens 200 Interviews<br />

mit Experten zum Thema Corona<br />

geführt haben. Schon startet die News<br />

Show, mit Breaking News: die USA<br />

heben die Maskenpflicht für Geimpfte<br />

auf, auch in Innenräumen. Wir schalten<br />

zu unserem Partnersender CNN, ich<br />

übersetze simultan. Anschließend<br />

folgt eine Analyse im Studio mit einem<br />

der Experten unseres Medienhauses.<br />

Nach einer Werbepause geht es weiter<br />

mit einem Skandal in der Innenpolitik.<br />

Ich bin fast froh über diesen Themenwechsel,<br />

auch wenn es für mich Stress<br />

bedeutet, weil ich mir während des<br />

kurzen Nachrichtenbeitrags schnell<br />

einen Überblick verschaffen muss.<br />

Halb so schlimm, ein netter Kollege hat<br />

mir eine Tasse Kaffee gebracht.<br />

Nur zu gut kann ich mich an den<br />

Februar 2020 erinnern, als die Berichte<br />

über das Coronavirus häufiger wurden.<br />

Damals war uns das Thema fast lästig.<br />

Niemand hätte gedacht, dass dieses<br />

Virus unsere Leben völlig verändern<br />

würde. Nach mehr als 15 Monaten<br />

der Pandemie lese ich auch in meiner<br />

Freizeit jede Neuigkeit über Corona,<br />

schaue mir Talk-Shows auch auf anderen<br />

Sendern und aus Deutschland an.<br />

Damit spiegle ich das Verhalten der<br />

ÖsterreicherInnen insgesamt wider.<br />

Als der erste große Lockdown im März<br />

2020 verhängt wurde, war die Unwissenheit<br />

der größte Angstfaktor. Gleichzeitig<br />

stieg der Nachrichtenkonsum<br />

rapide an. Wissen nimmt die Angst,<br />

gleichzeitig stärkt es uns im Kampf<br />

gegen das Virus. Mit den Impfungen<br />

haben wir ein effektives Mittel in der<br />

Hand. Erinnern wir uns an die während<br />

des ersten Lockdowns viel beschworene<br />

Solidarität! Gerade jetzt im hoffentlich<br />

letzten Akt des „Schauerspiels“<br />

müssen alle an einem Strang ziehen,<br />

damit endlich der Vorhang fällt.<br />

Foto: Harald Artner<br />

KOLUMNE<br />

070

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