5-2021
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
OP-Systeme<br />
Bild 4: Die OP-Zeit verlängert sich deutlich. Nachfolgende Operationen verschieben sich dadurch<br />
men des PriMed Projektes (Prozessoptimierung<br />
durch integrierte<br />
Medizinprodukte in Operations sälen<br />
und Kliniken) eine Weiterentwicklung<br />
von Konzepten und Umsetzungen<br />
mit dem Ziel, die perioperativen<br />
Abläufe in der Klinik zu verbessern,<br />
sowie eine Prozessoptimierung<br />
mittels integrierter Medizintechnik<br />
durchzuführen.<br />
Automatischer Informations-<br />
Austausch<br />
Ein interessanter Use-Case der<br />
im Rahmen des PriMed Projektes<br />
behandelt wird, ist die Kommunikation<br />
zwischen OP-Management und<br />
den einzelnen OP-Sälen. Der automatische<br />
Austausch von Informationen<br />
bzw. deren Auswertung war<br />
bisher aufgrund der proprietären<br />
Lösungen nur schwer möglich. Informationen,<br />
die in zentralen Workstations<br />
für Anästhesie (Bild 1a) und<br />
Chirurgie (Bild 1b) verfügbar sind,<br />
bieten nun dem OP-Management<br />
eine Grundlage, um effektivere und<br />
effizientere Entscheidungen zu treffen.<br />
Gerätekontexte (dazu gehören<br />
u. a. Workflow, Patient, Location,<br />
Operator und Ensemble) sowie das<br />
Streaming von Medizingerätedaten<br />
sind dabei ein fester Bestandteil des<br />
SDC Standards und ermöglichen<br />
durch eine Art „Gateway“ zu KIS und<br />
PACS, einen lesenden Einblick in<br />
die OPs. Zum einen kann das OP-<br />
Management nun von außen einsehen,<br />
bei welchem Workflowschritt<br />
sich eine OP befindet, ebenso kann<br />
ein supervidierender Oberarzt mehrere<br />
OPs über eine lesende Schnittstelle<br />
überblicken, indem alle Medizingeräteparameter<br />
in den jeweiligen<br />
OPs in einer mobilen Workstation<br />
angezeigt werden (Bild 4).<br />
Eine Videokonsultation bzw. ein<br />
Chat ermöglicht hier die Kommunikation<br />
zwischen Arzt und Oberarzt<br />
Bessere Entscheidungsgrundlage<br />
Durch das Wissen über Kontexte<br />
und Geräteparameter wird eine bessere<br />
Entscheidungsgrundlage für<br />
das OP-Management geschaffen.<br />
Eine Art Statusübersicht für Operationssäle,<br />
ein automatisches Meldesystem<br />
von eingetretenen Ereignissen<br />
im OP-Saal, sowie automatisch<br />
generierten Handlungsempfehlungen<br />
für das OP-Management sorgen<br />
für eine Entlastung sowie effizientere<br />
Maßnahmen. Dies wird durch<br />
einen einfachen Use-Case klarer:<br />
Ein kritisches Ereignis ist in einem<br />
OP aufgetreten (z. B. die Verletzung<br />
eines Gefäßes) und der Patientenzustand<br />
verschlechtert sich. Sofern<br />
eine Verlängerung der geplanten<br />
OP-Zeit notwendig ist, muss das<br />
OP-Management das angeforderte<br />
Personal für die darauffolgende OP<br />
verschieben. Ebenso kann bei kritischen<br />
Ereignissen anstelle eines<br />
Platzes im Aufwachraum, ein Platz<br />
in der Intensivstation notwendig sein.<br />
Transparenz<br />
Durch zentrale vernetzte Arbeitsstationen<br />
im OP, einem integrierten<br />
Kontext- und Workflow-Management<br />
und nach SDC offen vernetzten Medizingeräten<br />
wissen alle Teilnehmer<br />
des OP-Teams, in welchem Prozessschritt<br />
man sich befindet, ebenso das<br />
OP-Management und der supervidierende<br />
Oberarzt. Dadurch können<br />
auch kontextadaptive Hinweise gegeben<br />
werden, wodurch sich auch die<br />
Sicherheit und Qualität im OP erhöhen.<br />
Ein beobachtetes Beispiel stellt<br />
sich folgendermaßen dar: In einer<br />
minimal invasiven Magenverkleinerung<br />
wurde aufgrund fehlender Information/Kommunikation<br />
das notwendige<br />
Zurückziehen der Magensonde<br />
durch den Anästhesisten nicht rechtzeitig<br />
durchgeführt. Dies bedeutete<br />
ein Durchstapeln der Magensonde,<br />
was wiederum zu einem Umstieg auf<br />
eine offene chirurgische Operation<br />
führte. Folgen hieraus waren: eine<br />
deutlich verlängerte OP-Zeit, ein<br />
größeres Risiko und Trauma für<br />
den Patienten sowie höherer Ressourceneinsatz<br />
(Material, Instrumente<br />
und Personal). Das geschilderte<br />
Problem könnte als Hinweis<br />
im entsprechenden Workflowschritt<br />
auf einem zentralen Screen der SDC<br />
Arbeitsstationen sichtbar sein und<br />
damit situationsbedingt Fehler vermeiden.<br />
Dies unterstützt die Zusammenarbeit<br />
zwischen Anästhesie und<br />
Chirurgie.<br />
Echtzeitdokumentation<br />
Zudem ermöglicht der Einsatz des<br />
SDC-Standards eine Echtzeitdokumentation<br />
aller physiologischen Patientendaten<br />
sowie die Dokumentation<br />
der genutzten Geräte und Funktionen/Parameter.<br />
Die gewonnenen<br />
Daten erlauben mit Zeitsynchronisationen<br />
und Abgleich vorheriger<br />
OPs, durch eine Identifikation des<br />
OP-Schritts sowie mittels Ergänzungen<br />
des Anästhesisten (z. B. zur<br />
Ein- und Ausleitung) einen Bericht<br />
und ein Übergabeprotokoll zu erstellen.<br />
Vorteile dieser teilautomatisierten<br />
Dokumentation sind Zeitersparnis<br />
und Qualität/Sicherheit<br />
in der Dokumentation. Klinikbetreiber<br />
und klinische Anwender schätzen,<br />
dass diese Systeme mehr als<br />
50 % der chirurgischen und anästhesiologischen<br />
Dokumentationsaufgaben<br />
übernehmen und entsprechend<br />
Zeit einsparen können.<br />
Danksagung:<br />
Die vorgestellten Arbeiten werden<br />
aus Mitteln des Europäischen<br />
Fonds für regionale Entwicklung<br />
(EFRE) (PriMed Projekt) gefördert.<br />
Ansprechpartner:<br />
Dipl.-Des. Frank Beger<br />
leitet das Designbüro BEGER<br />
DESIGN mit Schwerpunkt Medizintechnik<br />
und User-Interface-Entwicklung<br />
für medizinische Arbeitsplätze.<br />
Frank Beger und BEGER<br />
DESIGN ist seit 2013 Partner im<br />
Projekt OR.NET, ZiMT und PriMed<br />
und seit 2018 im Vorstand im Verein<br />
OR.NET e.V.<br />
Dipl.-Des. Frank Beger<br />
BEGER DESIGN<br />
fbeger@begerdesign.de<br />
Tel.: 0221-739 23 66<br />
www.begerdesign.de<br />
Dr.-Ing. Armin Janß<br />
ist Teamleiter Integration, Risikomanagement<br />
und Usability-Engineering<br />
am Lehrstuhl für Medizintechnik<br />
der RWTH Aachen und Leiter der<br />
OR.NET e.V. Arbeitsgruppe Mensch-<br />
Maschine-Interaktion, Risikomanagement<br />
und Zulassungsfähigkeit.<br />
Dr.-Ing. Armin Janß<br />
RWTH Aachen<br />
janss@hia.rwth-aachen.de<br />
Tel.: 0241/80-23867<br />
www.meditec.hia.rwth-aachen.de<br />
Okan Yilmaz, M.Sc.<br />
ist Mitglied der Arbeitsgruppe Integration,<br />
Risikomanagement und Usability-Engineering<br />
am Lehrstuhl für<br />
Medizintechnik der RWTH Aachen.<br />
Sein Fokus liegt auf der Entwicklung<br />
einer SDC-basierten chirurgischen<br />
Arbeitsstation<br />
Aktuelle Termine<br />
DMEA 2022: 26.-28. April<br />
2022, Berlin, OR.NET e.V., Stand<br />
mit Demonstratoren ◄<br />
Bild 5: Supervision: Der Oberarzt hat vier Säle im Überblick<br />
14 meditronic-journal 5/<strong>2021</strong>